Interview mit Björn Thorben M. Jöhnke, Fachanwalt für Versicherungsrecht und Partner der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte
Herr Jöhnke, wie ist das Urteil juristisch zu bewerten? Ist es schlüssig begründet?
Vorliegend ging es im Kern um die Frage der „Unabhängigkeit des Maklers“ bzw. konkret um die Frage, ob ein Versicherungsmakler mit Unabhängigkeit werben darf. Hierzu gibt es sehr viele rechtliche Argumente sowohl dafür als auch dagegen. Diese Argumente haben wir in zwei Instanzen vollständig und umfassend erörtert. Das OLG Dresden hat sich bedauerlicherweise der ablehnenden Meinung angeschlossen und hält den Versicherungsmakler nicht für unabhängig, da er in aller Regel von der Versicherung vergütet wird. Diese Rechtsauffassung teilen wir nach wie vor nicht. Jedenfalls hat das Gericht seine Meinung nachvollziehbar begründet. Unsere Rechtsauffassung hat sich durch dieses Urteil jedenfalls nicht geändert.
Und warum kommt das OLG zu dieser abweichenden Auffassung vom LG Leipzig (Urteil v. 04.12.2024 – Az. 05 O 1092/24)?
Wie angeführt gibt es zu dieser Frage mehrere zulässige Meinungen. Das LG Leipzig war von unserer Argumentation und unserem Vortrag überzeugt und übernahm diese. Dass sich das OLG Dresden eher der Argumentation der Gegenseite angeschlossen hat, war natürlich bedauerlich, aber zulässig.
Gilt das Urteil denn nun für alle Maklerhäuser in Deutschland?
Nein. Eine rechtliche Einheitlichkeit liegt noch nicht vor. Bevor sich der BGH nicht zu dieser Frage äußert, werden nur die Parteien der jeweiligen Verfahren an die gerichtlichen Entscheidungen gebunden. Allerdings sollten Versicherungsmakler in den Bezirken der Oberlandesgerichte Leipzig, Köln und Bremen vorsichtig sein, da davon auszugehen ist, dass diese Oberlandesgerichte nicht anders entscheiden werden, wenn gleich gelagerte Fälle zu Gericht getragen werden. Auch kommt es natürlich immer auf den Einzelfall an, wie das werbliche Wording des Versicherungsmaklers auf seiner Webseite ausgestaltet ist. Denn nur daran kann ein möglicher Irreführungstatbestand rechtlich überprüft werden.
Das Landgericht (LG) Leipzig hatte vorher erstinstanzlich zu Ihren Gunsten entschieden. Nun hat das OLG Dresden also der Klage nachgegeben. Als nächstes und letztes müsste der Bundesgerichtshof ein finales Urteil fällen. Werden Sie diesen Weg gehen – mit allen Risiken und Chancen? Welche weiteren juristischen Schritte sind denkbar? Oder werden Sie das Urteil akzeptieren?
In dieser Sache wird keine Nichtzulassungsbeschwerde zum BGH eingelegt werden. Das Urteil des OLG Dresden erwächst so dann in Rechtskraft und muss entsprechend beachtet werden. Fraglich wird sein, ob der Bundesverband der Verbraucherzentralen weiterhin Versicherungsmakler abmahnen wird, um weitere Urteile „zu sammeln“. Warum der Bundesverband der Verbraucherzentralen nicht den Dialog zur Maklerschaft sucht bzw. gesucht hat, sondern diese Fragen im Rahmen wettbewerbsrechtlicher Abmahnungen mit anschließenden Gerichtsverfahren klärt, erschließt sich nicht. Es hätten im Vorwege Gespräche mit Berufsverbänden der Versicherungsmakler geführt werden können, um Probleme zu besprechen und Lösungen erarbeiten zu können. Aber vermittelnde Lösungen waren scheinbar nicht gewollt.
Was sagt Markus Haybach, Gründer und Geschäftsführer der RISK007 GmbH, zu dem Urteil? Zum Interview mit dem betroffenen Makler geht es hier.
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