Herr Fellmann, wie sieht der Tarif im Allgemeinen und das Provisionsmodell im Besonderen aus?
Der VDVM hat sich bei der Entwicklung des Tarifes, die vor rund zwei Jahren begann, von drei Zielen leiten lassen: Lebensversicherungen sollen sich auch im Niedrigzinsumfeld lohnen, Rückkaufswerte müssen steigen, und der Zahlungsstrom der Vergütung soll sich enger am Betreuungsaufwand orientieren. Damit tragen wir teilweise berechtigter Kritik am Produkt Rechnung. Für diese Ziele verzichten Makler auf einen Teil ihrer Abschlusscourtage zugunsten einer laufenden Betreuungsvergütung und stimmen einer Verlängerung der Provisionshaftzeit auf maximal zehn Jahre zu. Der Versicherer macht deutliche Abstriche bei den kalkulierten Kosten.
Mit dem neuen Tarif wollten Sie auch gesetzliche Regelungen überflüssig machen. Nun hat der Gesetzgeber das LV-Reformpaket auf den Weg gebracht. Welche Bedeutung hat der Tarif nun noch?
Das LVRG macht eine neue Kalkulation nicht überflüssig, ganz im Gegenteil. Viele Versicherer fragen sich, ob sie sich weiterhin Abschlussvergütungen von mehr als 25‰ leisten wollen, wenn sie diese nicht länger bilanzwirksam verbuchen können. Insofern kommt unser Tarif gerade zur richtigen Zeit und weist einen Ausweg aus dem Dilemma.
Nicht alle Makler sind davon begeistert, auf eine bestimmte Höhe bei den Abschlussprovisionen zu verzichten. Existenzgründer haben es noch schwerer. Welche Chancen räumen Sie dem Tarif ein?
Zugegeben, gerade Berufsstarter haben unter einer reduzierten Abschlussvergütung besonders zu leiden. Aber die Courtage als Existenzgründungsprogramm hat ausgedient. Wir können nicht länger so tun, als wären wir noch immer in expandierenden Märkten mit attraktiven Zinsen unterwegs. Das Konzept hat gute Chancen am Markt. Es zeichnet sich durch Transparenz, verbesserte Garantiewerte, weniger Stornoabzug und mehr Flexibilität aus. Wir setzen darauf, dass wir neben der Stuttgarter noch weitere Versicherer von unserem Ansatz überzeugen können und hoffen auf Nachahmer im Markt.
Wie schätzen Sie die Auswirkungen des LV-Reformpakets auf das Neugeschäft ein?
Einige Punkte werden sicherlich Spuren hinterlassen, zum Beispiel die Senkung des Garantiezinses. Umso wichtiger wird es, die Kostenschraube zu justieren. Die geplante Offenlegung der Vergütung kann Kunden zu falschen Schlussfolgerungen bei der Produktauswahl verleiten. Zudem führte sie zur systematischen Benachteiligung von Maklern. Insgesamt aber verfolgt das LVRG nicht das Ziel, der Lebensversicherung zu schaden. Erst kürzlich sprach sich Bundesfinanzminister Schäuble dafür aus, dieses verbreitete und bewährte Instrument zu bewahren. (bh)
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