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11. September 2019
Maklerbüro: Bestand nicht digitalisiert – Bestand wertlos?

Maklerbüro: Bestand nicht digitalisiert – Bestand wertlos?

„Was zahlt man eigentlich für einen Bestand, der nicht so wirklich richtig digitalisiert ist?“, fragte vor einiger Zeit ein Versicherungsmakler in einer Facebook-Gruppe. Will heißen: Ist ein nicht digitalisierter Bestand eigentlich weniger wert als ein digitalisierter? Andreas Grimm vom Bestandsmarktplatz erklärt.

Es klingt auf den ersten Blick plausibel, dass ein nicht digitalisierter Bestand weniger wert sein dürfte. Doch warum sollte das so sein?

Der Wert eines Maklerunternehmens wird im Wesentlichen durch seinen Ertragswert beschrieben. Ertrag ist vereinfacht der jährliche Umsatz abzüglich der Kosten des betreffenden Jahres. Der Ertragswert ist im Prinzip die auf das aktuelle Marktniveau nach den individuellen Risikofaktoren abgezinste Reihe der zukünftigen Erträge. Entscheidend ist für den Wert einerseits also die Frage, welche Vergütung der Makler für seine Abschlüsse erzielt, wie viel er für die Bestandsbetreuung vom Produktgeber ausgeschüttet bekommt und wie hoch die Honorare sind, die er von seinen Kunden erheben kann. Auf der anderen Seite kommt die Frage nach den Kosten auf: Wie viel Aufwand muss der Makler treiben, um diese Umsätze zu erwirtschaften? Das übliche Berechnungsverfahren zur Wertermittlung ist das modifizierte Ertragswertverfahren. Digitalisierung spielt da auf den ersten Blick keine Rolle.

Nicht nur höherer Verwaltungsaufwand

Ganz außer Acht kann man die Digitalisierung allerdings nicht lassen, denn indirekt spielt sie dann doch eine recht große Rolle. Und zwar in mehrfacher Hinsicht: Will ein Makler sein Unternehmen veräußern, hat er ohne Digitalisierung in der Regel deutlich größere Schwierigkeiten, einem Interessenten die Größe und Qualität seines Bestands nachzuweisen. Das reduziert die Bereitschaft des Interessenten, einen dem Wert entsprechenden Kaufpreis zu bezahlen. Zumindest dann, wenn er die vermuteten Risiken für wesentlich erachtet.

Nicht digitalisierte Bestände erzeugen üblicherweise einen höheren Verwaltungsaufwand und verhindern in erheblichem Maße Neugeschäft, weil einerseits mehr manueller Aufwand in der Verwaltung entsteht oder andererseits Umsatzchancen nicht ergriffen werden, weil kein umfassendes Wiedervorlage- oder Akquisitionshinweissystem genutzt wird. Beides schmälert den zu erwartenden Ertrag und in der Folge dann auch den Unternehmenswert. Die Kosten der nicht vorhandenen Digitalisierung sind also bei sachkundiger Unternehmensbewertung schon in die betriebswirtschaftlichen Prognosewerte einbezogen und dürfen nicht zusätzlich bei der Wertermittlung einbezogen werden.

Wenn ein Bestandskäufer trotzdem den Versuch macht, bei der Bewertung den Digitalisierungsgrad mit in die Bewertung einzubeziehen, dann ist das eigentlich doppelt gemoppelt und ein wenig wie mit windigen Gebrauchtwagenhändlern: Wird der Wert eines Gebrauchtfahrzeugs mittels Schwacke-Liste ermittelt, ist das der ungefähre Marktwert des Fahrzeugs. Mancher windige Profieinkäufer will von diesem Wert dann doch noch einen Abzug machen, weil das Fahrzeug doch schon so alt sei und deutliche Gebrauchsspuren aufweise.

So einen jagen sie normalerweise ohne das gewünschte Auto wieder vom Hof. Dasselbe sollten Sie mit einem solchen Bestandskäufer machen.

Bild: © tramvaen – stock.adobe.com

Der Bestandsmarktplatz ist eine gemeinsame Initiative von AssCompact und dem Resultate Institut.

Den Artikel lesen Sie auch in AssCompact 09/2019, Seite 124 und in unserem ePaper.