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18. Februar 2020
Lebensversicherung: Zinstief und ZZR-Lockerung heben sich gegenseitig auf

Lebensversicherung: Zinstief und ZZR-Lockerung heben sich gegenseitig auf

Sollten sich die Kapitalmarktzinsen nicht wesentlich ändern, prognostiziert Assekurata bis 2030 einen ZZR-Bestand von mehr als 150 Mrd. Euro. Das entspricht der letzten Hochrechnung vor der 2018 eingeführten Korridormethode. Die Effekte aus der Methodenänderung und den gefallenen Marktzinsen heben sich damit gegenseitig auf. Assekurata entwirft auch drei unterschiedliche Szenarien zum Absinken des Referenzzinses.

Seit 2011 haben die Lebensversicherer marktweit insgesamt 75 Mrd. Euro in die Zinszusatzreserve (ZZR) eingestellt. Davon allein knapp 10 Mrd. Euro im Jahr 2019. Im Bilanzjahr 2018 war der Referenzzins lediglich um zwölf Basispunkte zurückgegangen, was maßgeblich auf die Methodenänderung bei der Ermittlung des ZZR-Bedarfs zurückzuführen war, die der Gesetzgeber mit Einführung der Korridormethode beschlossen hatte. „Um diese Zuführung zu stemmen, mussten die Versicherer zusätzlich etwa 1% Nettorendite erwirtschaften, was im aktuellen Zinsumfeld keine Selbstverständlichkeit ist“, rechnet Lars Heermann, Bereichsleiter Analyse und Bewertung bei der Assekuranz Rating-Agentur Assekurata, vor. Auch für die nächsten zwei Jahre erwartet Assekurata ZZR-Zuführungen in ähnlicher Höhe. Der Reservebestand führe dazu, dass die Zinsanforderungen in den Beständen bereits deutlich gesunken seien. Sollten sich die Kapitalmarktzinsen nicht wesentlich ändern, prognostiziert Assekurata bis 2030 einen ZZR-Bestand von mehr als 150 Mrd. Euro. Dieser Wert entspricht der letzten Hochrechnung vor der 2018 eingeführten Korridormethode. Die Effekte aus der Methodenänderung und den weiter gefallenen Marktzinsen heben sich damit in den aktuellen Hochrechnungen gegenseitig auf. Dies teilt Assekurata im Zusammenhang mit der Veröffentlichung ihrer aktuellen Marktstudie zu Überschussbeteiligungen und Garantien von Lebensversicherern mit, die am 13.02.2020 veröffentlicht wurde (AssCompact berichtete).

Knapp 80% der Bestände in der Nachreservierung

Demnach sank der Referenzzins, der den brancheneinheitlichen Maßstab für die Dotierung der ZZR darstellt, im vergangenen Jahr um 17 Basispunkte auf 1,92%, womit sich laut Heermann alle Tarifgenerationen mit einem Garantiezins von 2,25% und höher in der Nachreservierung befinden. Auf die Studie bezogen seien also fast 80% der Bestände von der Nachreservierung betroffen, wenngleich es zwischen den Lebensversicherern große strukturelle Unterschiede gebe.

Drei verschiedene Zinsszenarien

Trotz der Berechnungsweise der Korridormethode, die gegenüber der vorherigen Methodik zu einem langsameren Absinken des Referenzzinses führt, wird dieser in kommenden Jahren weiter zurückgehen. Die Intensität hängt dabei vom Zinsverlauf ab. Dies verdeutlicht folgende Abbildung, in der Assekurata den Referenzzins für verschiedene Zinsszenarien (Basis-Szenario, Negativ-Szenario, Positiv-Szenario) in die Zukunft projiziert hat.

 

 Effekte heben sich gegenseitig auf

 

Im Fall des Basis-Szenarios, das ein seitwärtsverlaufendes Zinsniveau unterstellt, sinkt der Referenzzins sukzessive weiter und unterschreitet 2028 erstmals das Niveau von 0,90%. Dies hätte zur Folge, dass dann bereits die aktuell gültige Höchstrechnungszinsgeneration nachreservierungspflichtig würde. Im Negativ-Szenario, in dem ein bis 2030 kontinuierlich auf –1,00% sinkendes Zinsniveau angenommen wird, wäre dies sogar schon im Jahr 2025 der Fall. Selbst im Positiv-Szenario, in dem sich das Zinsniveau langsam erholen und auf 1,50% ansteigen würde, sinkt der Basiszins in den kommenden Jahren noch auf 1,42% ab, würde sich dann aber stabilisieren.

„Ausgedrückt in Euro müsste die Branche im Basis-Szenario bis 2030 mehr als 150 Mrd. Euro an ZZR-Mitteln aufbauen, was unseren Hochrechnungen vor Einführung der Korridormethode zum damaligen Zinsniveau entspricht“, erläutert Lars Heermann. Nach alter ZZR-Methodik läge in diesem Szenario der künftige Höchstbedarf im aktuellen Zinsumfeld sogar bei über 200 Mrd. Euro, ähnlich wie aktuell im Negativ-Szenario. Besser sehe es im Positiv-Szenario aus, bei dem die ZZR bereits bei gut 100 Mrd. Euro ihren Gipfel erreiche und ab 2026 schon wieder abgebaut würde. „Dann hätte die Branche heute bereits drei Viertel der insgesamt erforderlichen ZZR gestemmt, was unter unseren derzeitigen Zinsprognosen allerdings unwahrscheinlich ist“, so Heermann.

Mindestzuführungsverordnung soll geändert werden

Wie viel und bis wann jeder einzelne Anbieter noch Reserven aufbauen muss, hängt dabei nicht nur vom Zinsverlauf, sondern auch von der Bestandszusammensetzung und dem aktuellen Ausfinanzierungsgrad ab. Um die Mittel aufzubringen, müssen viele Unternehmen weiterhin Teile ihrer Bewertungsreserven auflösen, zumal es für externe Kapitalgeber unter den bestehenden Regelungen unattraktiv ist, einem Lebensversicherer zusätzliches Kapital zur ZZR-Finanzierung zur Verfügung zu stellen. Hier soll eine aktuelle Gesetzesinitiative Abhilfe schaffen. Ein entsprechender Referentenentwurf des Bundesfinanzministeriums (BMF) sieht vor, die Mindestzuführungsverordnung so zu ändern, dass Kapitalgeber ihren Finanzierungsbeitrag sukzessive zurückerhalten können, falls dieser schlussendlich nicht benötigt werden sollte.

Gleichzeitig liegt die Verzinsung damit deutlich unterhalb der Verzinsung bei laufenden Rentenbezügen oder Policen gegen laufenden Beitrag. Als weitere regulatorische Änderung ist eine erneute Absenkung des Höchstrechnungszinses absehbar. Alle Studienteilnehmer erwarten diese zum 01.01.2021. Mehrheitlich gehen die Versicherer dann von einer Absenkung auf 0,50% aus, was dem aktuellen Vorschlag der Deutschen Aktuarvereinigung (DAV) entspricht, wobei die endgültige Festlegung durch das BMF erfolgt. (ad)

Bild: © vadim yerofeyev – stock.adobe.com

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