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12. März 2020
Bestandsübertragung: Vom Junior-Geschäftspartner zum Erpresser

Bestandsübertragung: Vom Junior-Geschäftspartner zum Erpresser

Immer wieder schließen sich Makler zu Maklergesellschaften zusammen, um Investitionen, Verantwortung und viele Aufgaben auf mehrere Schultern verteilen zu können. Doch nicht immer endet im Guten, was vielversprechend begonnen hat, erzählt Andreas W. Grimm in der Bestandsmarktplatz-Kolumne.

„Drum prüfe, wer sich ewig bindet“, ist im privaten Leben ein Grundsatz, den es zu beachten gilt. Aber nicht nur in Ehen, auch unter Gesellschaftern einer Maklergesellschaft steht irgendwann die Trennung an. Mal aus Altersgründen, mal aufgrund von Schicksalsschlägen und manchmal, weil man sich „auseinandergelebt hat“. Damit die Trennung reibungslos klappt, haben viele Gesellschafter untereinander ein „Vorkaufsrecht“ vereinbart.

Der Sinn des Vorkaufsrechts

Der Sinn des Vorkaufsrechts ist es normalerweise, die verbleibenden Gesellschafter vor unerwünschten neuen Gesellschaftern oder überhöhten Kaufpreisforderungen zu schützen, wenn einer der ausscheidenden Gesellschafter seine Anteile verkaufen oder (weniger angenehm für ihn) vererben sollte. Im Prinzip funktioniert ein Vorkaufsrecht wie folgt: Ein Gesellschafter (oder Erbe) schließt mit einem Dritten einen Kaufvertrag über seine Geschäftsanteile. Der Inhaber des Vorkaufsrechts (in der Regel der Mitgesellschafter) kann in diesen Kaufvertrag eintreten und statt des vorgesehenen Käufers die Geschäftsanteile übernehmen. Manchmal sogar zu vergünstigten Konditionen.

Was die meisten Makler (und viele Anwälte) unterschätzen: Ein Vorkaufsrecht ist ein „prachtvolles Folterinstrument“, wenn der verbleibende Gesellschafter ein richtig tolles Geschäft machen möchte. Gerade Maklerunternehmen, bei denen die Gesellschafter einen sehr hohen Altersunterschied haben, eignen sich dafür hervorragend. Strebt der Ältere die Regelung seiner Nachfolge an, kann der Jüngere ihn regelrecht „quälen“.

Wie künstlich ein unverkäufliches Unternehmen entsteht

Das „Spiel“ funktioniert ganz einfach: Der Jüngere provoziert einen kalkulierten Streit unter den Gesellschaftern und verhält sich gegenüber potenziellen Kaufinteressenten absolut unkooperativ, macht aber selbst keine Anstalten, die Anteile kaufen zu wollen. Der Ältere wird keinen Käufer für die Geschäftsanteile finden, weil das Risiko für einen Käufer viel zu groß wäre, sich in eine zerstrittene Gesellschaft einzukaufen. Sollte sich – wider Erwarten – dennoch ein Käufer finden, droht der Jüngere einfach doch mit seinem Vorkaufsrecht. Spätestens dann schwindet das Interesse des Käufers, weil er unnötige Anwalts- und Steuerberatungskosten garantiert vermeiden will.

So wird aus einer vermeintlich wertvollen und attraktiven Gesellschaft künstlich ein unverkäufliches Unternehmen. Dem Senior bleibt als Käufer im Prinzip nur der Junior – und der kann den Preis diktieren, schließlich hat er mehr Zeit und sitzt so am längeren Hebel.

Das macht man nicht unter Freunden? Das finde ich auch. Aber bei vielen Menschen hört beim Geld die Freundschaft auf. Leider.

Drum regle geschickt, wer sich unternehmerisch bindet. Mögliche Lösungen könnten Andienungspflichten oder Put-Optionen sein. Aber auch die können einen Haken haben ...

Über den Bestandsmarktplatz

Der Bestandsmarktplatz ist eine gemeinsame Initiative von AssCompact und dem Resultate Institut. Resultate-Gründer Andreas Grimm beleuchtet an dieser Stelle regelmäßig Aspekte zur Nachfolgeplanung.

Den Artikel lesen Sie auch in AssCompact 03/2020, Seite 120, und in unserem ePaper.

Bild: © Joachim B. Albers – stock.adobe.com