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15. Juli 2020
Kein Widerrufs-Joker im Vollstreckungsverfahren

Kein Widerrufs-Joker im Vollstreckungsverfahren

Ein Darlehensvertrag mit ungültiger Widerrufsbelehrung kann nicht mehr widerrufen werden, sobald er einem nicht mehr anfechtbaren Vollstreckungsbescheid unterliegt. Das geht aus einem Urteil des BGH hervor. Ein Paar konnte einen Kredit nicht bedienen und versuchte Jahre später, den Vertrag zu widerrufen.

Ein Ehepaar hatte 2003 einen Darlehensvertrag mit einer Bank abgeschlossen, der einen Nettokreditbetrag von 145.500 Euro umfasste. Die Laufzeit betrug zehn Jahre und der zu leistende Zinssatz wurde bis 2008 fest auf 8,75% pro Jahr festgelegt. Mit dem Kredit finanzierte sich das Ehepaar eine Blockheizkraftwerk-Anlage und löste zwei Darlehen des Ehemanns ab. Die Widerrufsbelehrung in dem Vertragswerk war jedoch fehlerhaft. Dementsprechend war ein Widerruf jederzeit möglich (Widerrufs-Joker), was das Paar damals jedoch noch nicht wusste.

Vollstreckungsbescheid erwirkt

2007 kündigte die Bank dann den Darlehensvertrag, weil das Ehepaar die Zinsen nicht mehr bedienen konnte. 2010 erwirkte das Kreditinstitut einen Vollstreckungsbescheid über 107.000 Euro.

Widerruf zwölf Jahre später

2015 jedoch, widerrief die Ehefrau per anwaltlichem Schreiben den Abschluss des Darlehensvertrags aus dem Jahre 2003 und begründete das mit der fehlerhaften Widerrufsbelehrung. Sie zog also ihren Widerrufs-Joker.

Prozessverlauf

Der Fall landete vor Gericht. Das Landgericht Chemnitz entschied zugunsten der Frau und verurteilte die beklagte Bank zur Herausgabe des Vollstreckungsbescheids. Die vorgerichtlichen Anwaltskosten musste die Frau jedoch selbst tragen. Im Berufungsverfahren vor dem Oberlandesgericht Dresden wurde erneut der Schuldnerin Recht gegeben. Doch vor dem BGH sah es schließlich anders aus.

Widerspruchsfrist versäumt

Der BGH entschied im Revisionsverfahren zugunsten der Bank. Zwar habe die Frau aufgrund der fehlerhaften Widerrufsbelehrung einen sogenannten Widerrufs-Joker, aber dieser könne nicht mehr gezogen werden, wenn der Vollstreckungsbescheid Gültigkeit erlangt hat. Die Frau hätte den Vertrag spätestens innerhalb der zweiwöchigen Widerspruchsfrist gegen den Vollstreckungsbescheid einlegen müssen. Danach sind ihre Widerrufsrechte verwirkt.

Entscheidung schränkt Verbraucherrecht bewusst ein

Der BGH gab zu, dass diese Entscheidung den Verbraucher in seinen Freiheiten einschränkt, gegen eine ungültige Widerrufsbelehrung vorzugehen. Es sei jedoch das Ziel, den rechtskräftigen Vollstreckungstitel vor nachträglichen Einwendungen des Schuldners zu schützen und etwaige Hindernisse zu begrenzen, die im Rahmen der Vollstreckung auftreten könnten. Der Vollstreckungsbescheid der Bank bleibt gültig. (tku)

BGH, Urteil vom 03.03.2020, Az.: XI ZR 486/17

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