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24. Juli 2020
Düstere Prognose: Die Kapitalanlage der Versicherer im Jahr 2020

Düstere Prognose: Die Kapitalanlage der Versicherer im Jahr 2020

Die Corona-Pandemie sorgt für Ernüchterung in der Kapitalanlage der Versicherer. Die Anlageexperten der Gesellschaften rechnen trotz der schnellen Erholung der Aktienmärkte vom Corona-Crash mit keinem guten Anlagejahr. Das liegt vor allem daran, dass die Kapitalanlage in der Regel noch immer stark auf festverzinslichen Wertpapieren basiert.

Als würde die jahrelange Niedrigzinsphase die Kapitalanlage der Versicherungswirtschaft nicht schon vor genug Herausforderungen stellen, hat in diesem Jahr auch noch das Coronavirus die Kapitalmärkte ordentlich aufgewühlt. Die Aktienmärkte erlitten nahezu weltweit historische Einbrüche. Auch der Dax rauschte nach einem Allzeithoch von 13.789 Punkten im Februar um nahezu 40% auf zwischenzeitlich 8.441 Punkte in die Tiefe. Dem historischen Crash folgte aber postwendend eine historische Rallye. In den vergangenen Tagen fiel bereits wieder die Marke von 13.000 Punkten.

Staatliche Maßnahmen dürften wirken

Wie zuletzt schon Goldman Sachs Asset Management hat auch die Rating-Agentur Assekurata dieser Entwicklung in der diesjährigen Befragung der Kapitalanleger der Versicherungsgesellschaften besonders Rechnung getragen. Zwar ist die große Mehrheit der befragten Anlageexperten davon überzeugt, dass die historischen Hilfsmaßnahmen von EZB und Bundesregierung wirken werden. Kein Einziger geht von einer geringen oder gar sehr geringen Wirkung aus. 69% erwarten dagegen eine hohe Wirkung, 10%% sogar eine sehr hohe. Die auch mit den Hilfsmaßnahmen verbundene Erholung an den Aktienmärkten entfaltet allerdings nur wenig Wirkung in den Kapitalanalagekennzahlen der Versicherer.

Düstere Prognose: Die Kapitalanlage der Versicherer im Jahr 2020
Aktienmarkterholung verpufft

Dass die Erholungsrallye an den Aktienmärkten verpufft, hat einen einfachen Grund: Die Aktienquoten liegen in allen Sparten im unteren einstelligen Prozentbereich. Stattdessen dominieren festverzinsliche Anlagen. Bei den Personenversicherern liegt ihre Quote sogar jenseits der 80%-Marke. Doch selbst in der Schaden-/Unfallversicherung, die aufgrund geringerer passivseitiger Anforderungen freier in ihrer Kapitalanlage ist, überwiegen festverzinsliche Wertpapiere die Portfolien der Versicherer. Im Schnitt aller von Assekurata gerateten Schaden- und Unfallversicherer machen sie etwa drei Viertel des Portfolios aus. Aktien stehen dagegen nur für gut 4%.

Festverzinsliche Anlagen bleiben auch in der Neuanlage wichtig

Auch in der Neuanlage spielen festverzinsliche Wertpapiere nach wie vor eine bedeutende Rolle. Während in der vergleichsweise kurzlaufenden Schaden-/Unfallversicherung jedes Jahr knapp 10% des Kapitalanlagebestands fällig wird und zum aktuellen Marktzinsniveau neu angelegt werden muss, liegt der Anteil in der Lebens- und Krankenversicherung bei etwa 3%. In der Lebensversicherung dürften die tatsächlichen Neuanlageanteile aufgrund der Zinszusatzreserve aber weitaus höher ausfallen. Um diese zu finanzieren, realisieren die meisten Lebensversicherer laut Assekurata Bewertungsreserven, indem sie festverzinsliche Anlagen veräußern. Die frei werdenden Mittel müssen die Gesellschaften dann zu einem geringeren Marktzins wieder anlegen.

Einbruch der Zinsmärkte

Parallel zu den Aktienmärkten sind im Zuge des Corona-Schocks auch die Zinsmärkte Anfang März stark eingebrochen. So fiel der 10-Jahres-Swap von 0,21 % am Jahresanfang auf –0,39 %, was einem neuen Allzeit-Negativ-Rekord entspricht. Im Gegensatz zu den Aktienmärkten konnten die Zinsmärkte jedoch im Anschluss keine Aufwärtsrallye hinlegen. Vielmehr haben sich die Zinsen hier auf dem Krisen-Niveau eingependelt. So lag der 10-Jahres-Swap-Satz zum 13.07.2020 mit –0,19 % nur geringfügig oberhalb seines absoluten Tiefpunkts.

Düstere Prognose: Die Kapitalanlage der Versicherer im Jahr 2020
Düsterer Ausblick auf das Anlagejahr 2020

Vor diesem Hintergrund ist es Assekurata zufolge wenig verwunderlich, dass die Kapitalanleger der Versicherungsgesellschaften dem Jahr 2020 unter Kapitalanlagegesichtspunkten eher negativ entgegensehen. 77% der Befragten gehen eher oder sogar überhaupt nicht davon aus, dass 2020 unter Kapitalanlagegesichtspunkten ein gutes Jahr wird. Die restlichen 23% stehen dieser Aussage neutral gegenüber. Kein einziger Experte blickt auch nur eher optimistisch geschweige denn vollkommen optimistisch auf das Anlagejahr 2020. Im vergangenen Jahr hatte der Anteil an Pessimisten nur bei 35% gelegen und jeweils etwa ein Drittel der Befragten hatte eine neutrale Einstellung oder sogar der Aussage eher zugestimmt.

Kreative Lösungen gefragter denn je

Die Hilfsprogramme bringen laut Assekurata zwar frisches Geld in den Umlauf und stützen so die Wirtschaft, gleichzeitig steigt aber, vor allem durch das Anleihekaufprogramm der EZB, auch die Nachfrage nach festverzinslichen Wertpapieren. Dadurch komme es zu einem Preisverfall, der sich in diesem Fall in immer niedrigeren Zinsen äußert. Das seit Jahren herbeigesehnte Ende der Niedrigzinsphase sei durch die wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie in noch weitere Ferne gerückt. Die Kapitalanleger in den Versicherungsgesellschaften kommen daher nicht umhin, kreative Lösungen zu entwickeln, damit die Kapitalanlage auch weiterhin einen nennenswerten Beitrag zum Unternehmenserfolg leisten kann, zieht die Rating-Agentur ein abschließendes Fazit. (mh)

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