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8. Dezember 2023
Fokusgruppe im Fokus: Fondspolice vs. Fondsdepot?

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Fokusgruppe im Fokus: Fondspolice vs. Fondsdepot?

Fondspolicen stehen beim Thema private Altersvorsorge gerne und viel im Mittelpunkt. Zu Recht? Darüber und über die Pläne der Fokusgruppe Private Altersvorsorge spricht Dr. Tobias Schmidt, CEO des digitalen Anlageberaters und Plattformbetreibers f-fex, im Interview mit AssCompact.

Interview mit Dr. Tobias Schmidt, CEO der f-fex AG
Herr Schmidt, die Fokusgruppe Private Altersvorsorge hat z. T. weitreichende Vorschläge für die zukünftige Ausgestaltung der privaten Altersvorsorge gemacht. Sie befürworten einen Großteil davon. Wie beurteilen Sie denn die Vielfalt der bereits bestehenden Produktwelt?

In der Tat ist die Produktvielfalt schon heute groß. Der Fokus dieser Vielfalt liegt allerdings auf genau jenen Produkten, für die die Fokusgruppe eine Alternative schaffen will, da diese wegen oftmals teurer Garantieversprechen bei lang laufenden Ansparphasen kritisch gesehen werden. Die Aufgabe bzw. Lockerung von Garantie- und Beitragsversprechen ist daher ein zentraler Aspekt der Überlegungen, um kosteneffizientere Lösungen oder möglicherweise auch ganz neue Formen einer förderfähigen Altersvorsorge hervorbringen zu können.

Was in den Vorschlägen aus meiner Sicht immer noch nicht ausreichend adressiert ist, ist das Thema Rendite bzw. das mit einem Vorsorgeprodukt einhergehende Renditeversprechen. Denn ob eine Altersvorsorge am Ende für den Sparer erfolgreich ist, hängt in erster Linie von der gewählten Anlagestrategie und ihrer laufenden Überprüfung bzw. Anpassung ab. Was in der Geldanlage zentraler Dreh- und Angelpunkt ist – sowohl bzgl. des Wettbewerbs der Angebote untereinander als auch in Bezug auf die Kommunikation des Produktgebers mit dem Kunden –, findet bei den meisten Altersvorsorgeprodukten nur am Rande Beachtung. Die häufig wenig aussagekräftigen Standmitteilungen vieler Lebensversicherer sind nur das offensichtlichste Zeichen dafür, denn sie passen so gar nicht mehr zu den heutigen digitalen Möglichkeiten einer vollwertigen Vermögensmanagementlösung.

Warum ist das Produkt „Fonds­police“ für die Umsetzung der Vorstellungen der Fokusgruppe und die zukünftige Ausgestaltung der privaten Altersvorsorge für Sie ein guter Startpunkt? Wo gibt es mit Blick auf das heutige Fondspolicen-Angebot größeren Veränderungs- bzw. Entwicklungsbedarf?

Die Fondspolice bietet bereits vieles von dem, was nach vorne hin gebraucht wird. Sie lässt sich flexibel, mit oder ohne Garantien und unter Einbeziehung der verschiedensten Anlageklassen gestalten. Gegenüber dem klassischen Fondsdepot genießt sie aktuell noch die steuerliche Bevorzugung, da Dividenden und Veräußerungsgewinne nicht unmittelbar der Abgeltungssteuer unterliegen.

Zu Recht fordert die Fokusgruppe, dass dieses Privileg unabhängig von der „Verpackung“ nach dem eigentlichen Sparzweck, d. h. dem Vorsorgecharakter des Produkts, vergeben werden sollte. Richtig konzipiert können Fondssparpläne oder Fondsdepots mit Einmalzahlung bei geeigneten Regeln für die Auszahlungsphase diese Vorgabe ja grundsätzlich genauso gut erfüllen wie die Lösung im Versicherungsmantel.

Wenn sich die Fokusgruppe mit dieser Forderung durchsetzt, wovon nach derzeitigem Stand wohl auszugehen ist, stehen Fondspolice und Fondsdepot bzw. Fondssparplan im direkten Wettbewerb zueinander und da, so fürchte ich, würde die Fondspolice in der heutigen Form noch nicht gut abschneiden. Die Stichworte sind nicht für alle Produkte zutreffend, aber altbekannt und weit verbreitet: zu teuer, zu intransparent, zu wenig Unterstützung bei der Portfoliozusammenstellung und -betreuung und – last, but not least – zu renditeschwach. Will man gegenüber Lösungen im Anlagedepot mit vergleichbarem Steuerprivileg konkurrenzfähig sein, muss an genau diesen Stellen etwas passieren, sonst wird die Fondspolice schnell ins Hintertreffen geraten.

Versicherer und die beteiligten Vertriebseinheiten kommen daher nicht darum herum, erstens ihre Kostenstrukturen zu überdenken und diese vollständig transparent zu machen, zweitens die Prozesse in der Produktentwicklung, im Portfoliomanagement und in der Kundenbetreuung integriert und effizient zu gestalten und drittens den Fokus auf die Anlagestrategie und deren laufende Optimierung zu legen. Denn Letztere entscheidet, wie hoch die Ablaufleistung bzw. Rente am Ende für den Kunden ausfällt.

Warum ist das Thema Digitalisierung hier so zentral?

Das Anlagevolumen bei Altersvorsorgeprodukten ist bezogen auf den einzelnen Sparer ja eher klein, bezogen auf den Gesamtmarkt hingegen sehr groß. Will man kunden­individuell und dennoch kosten­effizient agieren, geht das nicht ohne weitgehend digital laufende Prozessstrecken. Das gilt auch und vor allem für die Kundenakquise und -betreuung. In allen Prozessschritten des Fondspolicen­managements können intelligente Plattformen sehr viel beisteuern.

Was in der Investmentwelt bereits weitgehend Standard ist, steckt in der Versicherungswirtschaft allerdings häufig noch in den Kinderschuhen. Warum sollten nicht auch hier – vergleichbar mit den Robo-Advisory-Strecken der Banken – digitale Anlagestrategien, automatisch generierte, individuell auf den Kunden zugeschnittene Anlage- und Optimierungsvorschläge und ein vollwertiges, jederzeit abrufbares Reporting Einzug halten können? Zugegeben, das hätte längst passieren können, im Kontext der anstehenden Neuausrichtung der privaten Altersvorsorge wird ein schnelles Aufholen seitens der Versicherer aber nun umso dringlicher.

 
Ein Interview mit
Dr. Tobias Schmidt