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Fondsbranche verbucht 52 Mrd. Euro Zuflüsse im ersten Halbjahr

Die deutsche Fondsbranche blickt auf gute Zahlen im ersten Halbjahr 2022 zurück. Demnach flossen den Fondshäusern trotz schwierigem Marktumfeld netto 51,7 Mrd. Euro zu. Getragen wurden die Bilanz von institutionellen Investoren. Bei offenen Publikumsfonds waren hauptsächlich Mischfonds gefragt.

Der Deutsche Fondsverband BVI hat Zahlen zum ersten Halbjahr 2022 vorgelegt. Erfreulich für die deutsche Fondsbranche: Trotz der Schwächephase an den Kapitalmärkten aufgrund von Inflationssorgen, des Ukraine-Kriegs und von Lieferkettenproblemen flossen den Gesellschaften netto 51,7 Mrd. Euro in Fonds und Mandaten zu.

Solides Absatzergebnis

Das ist das fünftbeste Absatzergebnis für die deutsche Fondsbranche, wie der BVI konstatiert. Höhere Zuflüsse in den ersten sechs Monaten erzielte die Branche nur in den Jahren 2021 mit 111 Mrd. Euro, 2015 mit 110 Mrd. Euro, 2017 mit 78 Mrd. Euro und 2000 mit 54 Mrd. Euro.

Institutionelle Investoren tragen die gute Bilanz

Die guten Zahlen werden jedoch hauptsächlich von offenen Spezialfonds getragen – und somit von institutionellen Investoren. Sie konnten im ersten Halbjahr Zuflüsse von mehr als 47 Mrd. Euro verbuchen. Offene Publikumsfonds hingegen blieben mit einem Nettomittelaufkommen von 8,7 Mrd. deutlich dahinter zurück. Zum Vergleich: Im Boom-Jahr 2021 waren es im gleichen Zeitraum noch 57,6 Mrd. Euro.

Offene Mischfonds stemmen Großteil der Publikumsfonds-Zuflüsse

Doch es lohnt sich, die Zahlen für offene Publikumsfonds genauer zu betrachten. Die einzelnen Fonds-Anlageklassen schneiden nämlich sehr unterschiedlich ab. Während Mischfonds (+16,3 Mrd. Euro) den Löwenanteil der Nettozuflüsse ausmachen und auch Aktienfonds (+5,1 Mrd. Euro) sowie Immobilienfonds (+3,4 Mrd. Euro) weiter deutlich im Plus rangieren, mussten Rentenfonds (−6,5 Mrd. Euro), Geldmarktfonds (−6,8 Mrd. Euro) und auch sonstige Fonds (−2,8 Mrd. Euro) Mittelabflüsse hinnehmen.

Geschlossene Publikumsfonds blieben mit einem Netto-Mittelaufkommen von 0,2 Mrd. Euro nahezu unverändert.

Verwaltetes Vermögen

Die deutsche Fondsbranche verwaltete Ende Juni 2022 ein Vermögen von 3.859 Mrd. Euro. Auf offene Spezialfonds entfielen dabei 1.975 Mrd. Euro, auf offene Publikumsfonds 1.303 Mrd. Euro, auf geschlossene Fonds 48 Mrd. Euro und auf Mandate 533 Mrd. Euro. (tku)

Bild: © tiero – stock.adobe.com

 

Fondsgesellschaften reiten die grüne Welle

Im vergangenen Quartal erhielten laut Morningstar 713 Investmentfonds eine neue Klassifizierung entsprechend EU-Offenlegungsverordnung. Auffällig: Es fanden fast ausschließlich Heraufstufungen statt. Vor dem herausfordernden Artikel-9-Standard schrecken Asset-Manager meist zurück.

Das Analysehaus Morningstar hat überprüft, wie viele Fonds in den letzten drei Monaten eine andere Nachhaltigkeitsklassifizierung laut EU-Offenlegungsverordnung (SFDR) erhalten haben. Mit der SFDR werden Vermögensverwalter dazu verpflichtet, Informationen über die Umwelt-, Sozial- und Governance-Risiken ihrer Investitionen bereitzustellen, und die Auswirkungen auf die Gesellschaft und den Planeten zu bewerten. Das Ergebnis der Untersuchung: Im zweiten Quartal 2022 hat die stattliche Anzahl von 713 Fonds eine andere SFDR-Klassifizierung erhalten.

Fast ausschließlich Upgrades

Wer die einschlägige Fachpresse zu Investmentfonds verfolgt, wird nicht erstaunt sein über die Erkenntnis, dass es mehr Heraufstufungen als Herabstufungen gab. Der konkrete Anteil aufgewerteter Fonds überrascht dann aber doch: Bei 696 von 713 Änderungen handelt es sich um Heraufstufungen. Das ist ein Anteil von 97,6%.

Impact-Fonds stellen höhere Hürden

Auch bemerkenswert: Bei der überwiegenden Mehrheit der Heraufstufungen (652) handelt es sich um einen Wechsel von Standard-Fonds (Artikel 6) zu hellgrünen ESG-Fonds (Artikel 8). Nur wenige Fondsgesellschaften wagen es, ihre Produkte auf dunkelgrünes Niveau (Artikel 9) zu bringen. Hierfür müssen nämlich konkrete Nachhaltigkeitsziele definiert und verfolgt werden. Artikel-9-Fonds sollen also eine tatsächliche Wirkung entfalten und werden deshalb auch als Impact-Fonds bezeichnet.

Mittelzuflüsse nur bei Impact-Fonds

Fondsgesellschaften, die den Aufwand jedoch nicht scheuen, ihr Produkt auf dunkelgrün zu trimmen, wurden in den vergangenen Monaten belohnt. Während Anleger im zweiten Quartal 2022 aufgrund des negativen Marktumfelds mehr als 30 Mrd. Euro aus hellgrünen Artikel-8-Fonds abzogen, verzeichneten Impact-Fonds auch in diesem schwierigen Marktumfeld Nettozuflüsse von fast 6 Mrd. Euro.

EU verdeutlicht Regulatorik

Die wenigen Herabstufungen entfallen sämtlich auf Wechsel von Artikel-9- zu Artikel-8-Fonds. Sie sind laut Morningstar allesamt das Ergebnis einer regulatorischen Klarstellung der Europäischen Kommission, auf die die Fondsgesellschaften reagiert haben.

Rasant zunehmende Zahl von Impact-ETFs

Noch immer dominieren aktive Fonds die Produktlandschaft an Artikel-8- und Artikel-9-Fonds. Insbesondere bei den Impact-Fonds holen ETFs und Indexfonds jedoch auf. Sie machen mittlerweile 23% aller Artikel-9-Produkte am Markt aus. Vor einem halben Jahr waren es noch lediglich 17%. Die wachsende Zahl geht laut Morningstar auf die größer werdende Produktpalette an passiven Produkten zurück, die sich an EU-Klima-Benchmarks orientieren – diese sind häufig an dem Zusatz „Paris-aligned“ zu erkennen. (tku)

Bild: © artifirsov – stock.adobe.com

 

Scalable Capital verdoppelt Kundengelder auf 10 Mrd. Euro

Scalable Capital, der Neobroker aus München, konnte das Kundenvermögen in den letzten 12 Monaten auf 10 Mrd. Euro verdoppeln. Gleichzeitig kündigt CEO Erik Podzuweit an, die Europa-Expansion noch in diesem Jahr weiter voranzutreiben.

<p>Der Neobroker Scalable Capital überspringt die Marke von 10 Mrd. Euro an Kundengeldern. Das hat das Unternehmen mit Hauptsitz in München am 16.08.2022 mitgeteilt. Dank hoher Zuflüsse konnte das FinTech das Kundenvermögen über alle Produkte hinweg binnen 12 Monaten verdoppeln. </p><h5>Europa-Expansion geht weiter</h5><p>Scalable Capital verzeichnet eigenen Angaben zufolge mittlerweile mehr als 600.000 Kunden. Außerdem ist das Unternehmen weiter auf Expansionskurs. Noch im Laufe dieses Jahres stehen Marktstarts in ein bis zwei europäischen Ländern an. Im Augenblick ist Scalable neben Deutschland auch in Frankreich, Spanien, Italien und Österreich verfügbar. Erik Podzuweit, Co-Gründer und Co-CEO von Scalable Capital drückt es folgendermaßen aus: „Wir wollen Europa zu einem Kontinent der Anlegenden machen.“</p><h5>ETFs werden stark nachgefragt</h5><p>Besonders beliebt bei den Kunden des Neobrokers sind einer aktuellen Auswertung zufolge ETFs. Zwei von drei Scalable Kunden investieren demnach in börsengehandelte Indexfonds. Je jünger die Anleger, desto beliebter ist diese Anlageform. Unter den 18– bis 26 Jährigen investieren sogar fast drei von vier Kunden in ETFs. </p><h5>Robo-Advisor mit Neuerungen</h5><p>In puncto digitale Vermögensverwaltung aka Robo-Advisory hat Scalable zuletzt die Hürden für Anleger gesenkt. Das digitale Wealth Management von Scalable ist mittlerweile bereits ab einem Betrag von 20 Euro pro Monat im Sparplan verfügbar. Einmalanlagen ohne Sparplan sind ab 1.000 Euro möglich. (tku)</p><p><i class="font-twelve-italic" >Bild: © Scalable Capital</i></p><div id="bbgreadlog-getimage"><img src="/bbgreadlog/getimage/4C7E1234-20A6-45BB-91EF-55D69F1CF285"></div>

 

Kommentar: Freude, schöner Götterfunken?

Wer den Weg der Energiewende beschreitet, der braucht Brückentechnologien, um vorwärts zu kommen. Doch nicht alles Nützliche, ist auch nachhaltig. Die Entscheidung, Atom- und Gaskraft ein Sustainability-Siegel anzuheften, beschädigt das Vertrauen in die Ernsthaftigkeit der europäischen Klimapolitik.

Ein Kommentar von Tom Kufner, AssCompact

Atom- und Gaskraft sind künftig laut EU-Taxonomie als nachhaltige Technologien einzustufen. Zweifellos ist es eine gute Sache, wenn Deutschland und Frankreich innerhalb der vielstimmigen EU an einem Strang ziehen, aber wenn dabei solche Kompromisse herauskommen, stellt sich die Frage, ob Europa seiner (proklamierten) Vorreiterrolle beim Kampf gegen den Klimawandel auch nur ansatzweise gerecht wird.

Es spricht zwar angesichts der Herausforderungen, denen Europa sich in puncto Energieversorgung aktuell stellen muss, vieles dafür, die Haltung gegenüber diesen beiden Energieträgern noch einmal gründlich zu überdenken. Sie jedoch als nachhaltig zu adeln, entbehrt jeglicher Grundlage. Die traurige Ironie wird komplett, wenn man bedenkt, dass die Entscheidung, Atom- und Gaskraft in die EU-Taxonomie aufzunehmen, gerade in diesem Sommer getroffen wurde. Ein Sommer, der durch Hitzewellen, extreme Trockenheit und zahlreiche Waldbrände in ganz Europa gekennzeichnet ist. Ein Sommer, in dem französische Atomkraftwerke vom Netz genommen werden müssen, weil sich das Wasser der Flüsse, mit denen sie gekühlt werden sollen, zu sehr erwärmt hat. Ein Sommer, in dem LNG-Terminals für US-amerikanisches Fracking-Gas in Rekordgeschwindigkeit aus dem Boden gestampft werden, weil das umstrittene Schiefergas kurz- bis mittelfristig die einzige Möglichkeit ist, um die Abhängigkeit vom Kriegstreiber im Kreml abzuschütteln.

Nichts spricht dagegen, diese beiden Energieträger zumindest vorübergehend weiter zu nutzen, während der Ausbau der regenerativen „Freiheitsenergien“ vorangetrieben wird. Diesen Brückentechnologien jedoch ein ESG-Siegel anzuheften, sendet das absolut falsche Signal. Nachhaltig an dieser Entscheidung des EU-­Parlaments ist in erster Linie der Schaden, den die Glaubwürdigkeit der EU-Taxonomie erlitten hat. Beim Thema Nachhaltigkeit ist der Götterfunken offensichtlich nicht auf die Entscheider der europäischen Werte­gemeinschaft übergesprungen.

Contra?

Sie sind anderer Meinung? Schreiben Sie an kufner@asscompact.de.

Diesen Kommentar lesen Sie auch in AssCompact 08/2022, S. 42, und in unserem ePaper.

Bild: © ra2 studio – stock.adobe.com

 

Aus für Vantik: Altersvorsorge-FinTech endgültig gescheitert

Vantik wird seinen Betrieb im Oktober 2022 einstellen. Das hat das Online-Magazin Finance Forward erfahren. Die Suche nach Investoren für das insolvente Altersvorsorge-Start-up ist demnach gescheitert. Die Kunden werden an den Robo-Anbieter Evergreen und die Neobank Vivid Money weitervermittelt.

Das Start-up Vantik hatte es sich zum Ziel gesetzt, die Altersvorsorge der Deutschen zu revolutionieren. Diesen Traum muss CEO Til Klein nun vorerst begraben. Die Suche nach neuen Investoren verlief ergebnislos. Das Unternehmen, das im Juni einen vorläufigen Insolvenzantrag gestellt hatte, wird seinen Betrieb im Oktober einstellen, wie das Online-Magazin Finance Forward erfahren hat.

Kunden sollen zu Evergreen und Vivid wechseln

Die Kunden von Vantik sollen an das Leipziger Start-up Evergreen und die in Berlin beheimatete Neobank Vivid Money weitervermittelt werden. Der Robo-Advisor-Anbieter Evergreen hatte zuletzt bereits das insolvente Unternehmen rubarb übernommen, das hauptsächlich deshalb Bekanntheit erlangt hatte, weil es von den Neffen von Bundeskanzler Olaf Scholz gegründet worden war. Die Neobank Vivid Money wiederum hatte zuletzt Aufsehen erregt, nachdem sie bekannt gegeben hatte, ihr Büro in Moskau geschlossen zu haben. Die Niederlassung in Moskau und die engen Verbindungen nach Russland rühren daher, dass das 2019 ins Leben gerufene Unternehmen von zwei Managern der russischen Tinkoff Bank gegründet worden war. Die Bank leistete auch eine Anschubfinanzierung. Ihr Anteil an dem Unternehmen ist mittlerweile aber auf unter 10% gefallen.

Kapitalgeber werden knauserig

Das Altersvorsorge-Start-up Vantik war letztlich an einer geplatzten Finanzierungsrunde gescheitert. Das Geschäftsmodell, eine Kreditkarte (Vantikcard) anzubieten, deren Cashback-Erträge in Fonds angelegt werden, überzeugte die Investoren wohl nicht mehr. Doch nicht nur gegenüber Vantik zeigten sich Risikokapitalgeber zuletzt weniger spendabel. Auch die Krypto-Bank Nuri musste vor Kurzem Insolvenz anmelden,nachdem eine Finanzierungsrunde überraschend gescheitert war. (tku)

Bild: © Maren Winter – stock.adobe.com

 

Klein, aber oho – Europäische Small Caps für aktive Stock Picker?

In vielen Aktienfonds und populären Indizes sind sie überhaupt nicht vertreten. Dabei werfen kleine Nebenwerte – sogenannte Small Caps – statistisch gesehen langfristig eine Überrendite ab. Weshalb sind Small Caps im Allgemeinen und europäische Small Caps im Speziellen so interessant?

Ein Artikel von Rory Stokes und Ollie Beckett, beide Portfoliomanager bei Janus Henderson Investors

Small Caps sind typischerweise jüngere Unternehmen, die sich in der Regel in einem frühen Entwicklungsstadium befinden, geografisch noch expandieren können oder in angrenzende Märkte vorstoßen wollen und häufig in schnell wachsenden, neu entstehenden Branchen tätig sind. Somit haben sie ein höheres Wachstumspotenzial als ihre größeren Pendants, die oft in ausgereiften Branchen tätig sind und bereits weltweit expandiert haben. Für einen durchschnittlichen Large-Cap-Titel dürfte die Wahrscheinlichkeit geringer als für ein kleineres Unternehmen sein, dass er seine Erträge aus seiner Position heraus verdoppeln kann.

Starke Bilanzen und höhere Erträge bilden solide Grundlage

Kleinere Unternehmen sind oft stärker vom Wirtschaftswachstum abhängig als Large Caps. Solide Bilanzen können jedoch dazu beitragen, dass diese Unternehmen wirtschaftliche Abschwünge, wie den durch die Pandemie verursachten, überleben und sogar gestärkt daraus hervorgehen. Die Daten zeigen, dass ein größerer Anteil der kleineren europäischen Unternehmen über mehr Barmittel verfügt und sie im Vergleich zu ihren Large-Cap-Pendants günstiger bewertet sind. Kleinere Unternehmen haben bisher auch ein höheres Gewinnwachstum als Large Caps erzielt, was zu einer höheren Performance beigetragen hat. Das garantiert zwar nicht, dass die Small Caps ihren Kursverlauf beibehalten werden, doch unterstreicht dieser Punkt ihre Bilanzstärke.

Unternehmens-Universum von Analysten weitgehend ignoriert

Das europäische Small-Cap-Universum bietet im Vergleich zu den Large Caps einen viel größeren Pool an weniger gut erfassten Aktien. Die große Mehrheit wird vom Sell-Side-Research ignoriert oder nicht entdeckt, sodass anspruchsvolle Anleger die Chance haben, das nächste Juwel selbst aufzuspüren.

Klein, aber oho – Europäische Small Caps für aktive Stock Picker?

Grafik: So viele Small Caps kamen jährlich neu auf den europäischen Markt

Quelle: Bloomberg, Janus Henderson Investors Analyse, Stand: 31.03.2022

Durchschnittliche Marktkapitalisierung europäischer Small Caps beim IPO: 780 Mio. Euro

Struktureller Rückenwind durch IPO- und M&A-Aktivitäten

Neben dem bestehenden großen Universum an Small-Cap-Titeln gibt es in Westeuropa jedes Jahr auch zahlreiche Börsengänge (IPOs), die ständig neue Anlagemöglichkeiten bieten – siehe Abbildung. Gleichzeitig werden kleinere Unternehmen immer wieder zum Ziel von Fusionen und Übernahmen (M&A). Dies ist ein wichtiger Aspekt, da bei M&A-Transaktionen in der Regel ein Bewertungsaufschlag auf den ursprünglichen Aktienkurs gezahlt wird, um die Aktionäre zum Verkauf ihrer Anteile zu bewegen. Die Daten zeigen, dass rund 91% aller Fusionen und Übernahmen zwischen 2008 und 2021 den Kauf eines Small-Cap-­Unternehmens in Europa betrafen.

Kleinere Unternehmen wesentlich risikoreicher?

Die Zusammensetzung des Small-Cap-Universums unterscheidet sich in mehrfacher Hinsicht von demjenigen der Large Caps. So sind kleinere Unternehmen im Schnitt deutlich seltener im Technologiesektor tätig. Nach einem fantastischen Jahrzehnt für den Tech-Sektor und nun hoch bewerteten Technologieunternehmen muss das aber kein Nachteil sein, sondern sollte eher als geringere Risikokonzentration verstanden werden. Kleinere Unternehmen sind auch eher im Besitz und unter Leitung von Familien oder Kerninvestoren. Dies bedeutet üblicherweise, dass bei der Kapitalverwendung mehr Sorgfalt herrscht und die Wahrscheinlichkeit unüberlegter, auf kurzfristige Gewinnsteigerungen ausgerichteter Übernahmen geringer ist.

Doch warum ist gerade jetzt der richtige Moment, um sich kleineren europäischen Unternehmen zuzuwenden? Dazu drei Antworten:

1. Inflation

Im Vergleich zu Large-Cap-­Unternehmen sind Small Caps häufiger in den Sektoren Finanzen, Grundstoffe oder Immobilien tätig. Dies könnte sich als vorteilhaft erweisen, da diese Sektoren traditionell von steigenden Zinssätzen profitieren. Ein Beispiel: Im Immobiliensektor hat ein inflationäres Umfeld historisch betrachtet tendenziell zu einer größeren Nachfrage und einem höheren Vermietungsgrad geführt. Immobilieneigentümer können in Zeiten hoher Inflation die Mieten erhöhen. Einige Vermieter sichern sich sogar mit sogenannten Indexmieten ab, bei denen die Miete jährlich mit der Inflation wächst.

2. Bewertungen

Die Bewertungen der europäischen Small Caps sind auf dem niedrigsten Stand der letzten zehn Jahre, was sie im historischen Vergleich attraktiv macht. Anleger müssen sich jedoch darüber im Klaren sein, dass es dennoch zu weiteren Herabstufungen kommen kann.

3. Die grüne Agenda Europas

Während die letzten zehn Jahre von der Entwicklung der Mega-Cap-Tech-Unternehmen geprägt waren, dürfte das nächste Jahrzehnt von Investitionen in Nachhaltigkeit geprägt sein. Europa ist in diesem Bereich bereits weltweit führend und behauptet seine Dominanz durch die zahlreichen Initiativen der Europäischen Union, die sich auf insgesamt mehr als 1,8 Bio. Euro belaufen. Die jüngste Initiative ist der European Recovery Fund, der die Nachhaltigkeit in den Mittelpunkt der Maßnahmen zur Bewältigung der durch die Pandemie verursachten wirtschaftlichen und sozialen Folgen gestellt hat. Europäische Unternehmen, von denen sich viele bereits mit Nachhaltigkeitsaspekten befassen, dürften potenziell von dem weltweiten Vorstoß in Richtung nachhaltiger Praktiken profitieren können.

Das Universum der kleineren Unternehmen in Europa bietet eine äußerst vielfältige und dynamische Mischung von Wachstumsunternehmen. Mit starken Bilanzen, soliden Gewinnen und wenig Beachtung vonseiten der Analysten sind kleinere europäische Unternehmen eine bedeutende Chance für aktive Stock Picker und für all jene, die den Anteil an kleinen Nebenwerten in ihrem Portfolio mithilfe von Small-Cap-Fonds höher gewichten wollen. Darüber hinaus könnten der Inflationsdruck und die zunehmende Bedeutung ökologischer und sozialer Faktoren der Anlageklasse zugutekommen.

Diesen Artikel lesen Sie auch in AssCompact 08/2022, S. 44 f., und in unserem ePaper.

Bild: © iQoncept – stock.adobe.com

 
Ein Artikel von
Ollie Beckett
Rory Stokes

HANetf macht US-ETFs in Europa verfügbar

Der ETF-Anbieter HANetf macht eine zunehmende Zahl von US-Produkten für europäische Anleger verfügbar. Hierfür werden die börsengehandelten US-Fonds in OGAW-ETFs umgewandelt, die mit den europäischen Regularien kompatibel sind.

Der britische ETF-Anbieter HANetf hat es sich zum Ziel gesetzt, US-amerikanische Produkte zunehmend auch für europäische Anleger verfügbar zu machen. Aktuell hat HANetf mit seiner White-Label-ETP-Plattform bereits zehn US-Fonds in entsprechende OGAW-ETFs für Europa umgewandelt.

Nahezu unerreichbare US-ETFs

Seit der Einführung der MiFID-II-Vorschriften im Jahr 2018 können europäische Anleger in den USA domizilierte ETFs nicht mehr ohne Weiteres kaufen. Infolgedessen hatten europäische Anleger nur eingeschränkten Zugang zu neuen ETF-Themen und Strategien, die auf den US-Märkten bereits angeboten wurden.

HANetf lanciert Schwesterprodukte zu US-Produkten

Diese Angebotslücke versucht HANetf mit seiner Plattform zu schließen. Die White-Label-ETP-Plattform des Anbieters fungiert als zentrale Anlaufstelle für die Ausgabe, die Verwaltung und den Vertrieb von börsengehandelten Fonds in Europa. US-Emittenten können mit ihrer Hilfe zahlreiche regulatorische Anforderungen outsourcen und neue ETFs Unternehmensangaben zufolge bereits innerhalb von zehn Wochen auf den europäischen Markt bringen.

Innovativer US-Markt wird investierbar

„Der ETF-Markt in den USA gilt als weltweit führend in Bezug auf Innovation sowie Liquidität und ist anderen ETF-Märkten wie Europa und Asien um Jahre voraus“, sagt Hector McNeil, Co-CEO und Mitgründer von HANetf. „Wir glauben, dass sich die Einführung der MiFID-II-Vorschriften im Jahr 2018 für europäische Anleger als frustrierend erweisen kann, da ihnen der Kauf von in den USA notierten ETFs effektiv untersagt wurde. Infolgedessen könnte ein europäischer Anleger von einer spannenden neuen thematischen ETF-Strategie lesen, die an der NYSE notiert ist – aber aufgrund der aktuellen Vorschriften nicht investierbar ist, es sei denn, eine OGAW-konforme Version ist ebenfalls vorhanden. Wir bei HANetf werden weiterhin mit führenden Vermögensverwaltern in den USA zusammenarbeiten, um OGAW-Versionen der unserer Meinung nach innovativsten und einzigartigsten Strategien zu entwickeln.“ (tku)

Bild: © Pixel-Shot – stock.adobe.com

 

Krypto-Anbieter meldet Insolvenz an

Der deutsche Krypto-Pionier Nuri hat Insolvenz angemeldet. Die Investments und Einlagen der Kunden seien jedoch nicht in Gefahr, wie das FinTech mitteilte. Nuri hatte in einem schwierigen Marktumfeld kein frisches Kapital mehr von Investoren erhalten.

Schlechte Nachrichten für die deutsche Kryptowelt: Das FinTech Nuri, das vormals unter dem Namen Bitwala firmierte, hat am 09.08.2022 Insolvenz angemeldet. Nuri ermöglicht den Handel mit Kryptowährungen und erlaubt es Privatanlegern, über die sogenannten Nuri Pots in diversifizierte Aktienportfolios (mit etwas Goldbeimischung) zu investieren.

Investments und Einlagen sicher

Nuri versichert in einem Blog-Beitrag, dass weder die Dienstleistungen des Unternehmens noch die Einlagen und Investments der Kunden von diesem Schritt betroffen seien. Die Nuri-Konten werden beispielsweise von der Solarisbank geführt.

Kundenkonten sind nicht beeinträchtigt

„Du hast weiterhin garantierten Zugriff auf Dein Geld und kannst es jederzeit ein- und auszahlen“, versichert Nuri seinen Kunden im Rahmen des Blog-Beitrags zu dem Thema. Bis auf Weiteres werde sich daran nichts ändern und die App, das Produkt sowie die Dienstleistungen von Nuri könnten weiter wie gewohnt genutzt werden.

Schwieriges Marktumfeld für das Start-up

Als Gründe für die wirtschaftliche Schieflage führt das FinTech die weiter anhaltenden Nachwirkungen der Corona-Pandemie und den Krieg in der Ukraine an. Beides habe zu wirtschaftlichen und politischen Unsicherheiten an den Märkten und schließlich zu einer Abkühlung der öffentlichen und privaten Kapitalmärkte geführt. Letztlich hatte das Start-up deshalb auch nach intensiven Gesprächen keine Investorengelder mehr erhalten.

Kryptowinter traf Nuri hart

Hinzu kamen verschiedene negative Entwicklungen an den Kryptomärkten in diesem Jahr. Besonders hervorzuheben war hierbei, neben dem Crash des Stablecoins Terra, die Insolvenz des Kryptoverleihers Celsius, an den Nuri Kunden vermittelt hatte. Wegen des Terra-Crashs brachen die Kurse der großen Kryptowährungen stark ein. Die anschließende Kurserholung wurde immer wieder von Rückschlägen wie der Celsius-Insolvenz unterbrochen. Seither verharren die Kurse der Kryptowährungen auf vergleichsweise niedrigem Niveau. Immer wieder ist deshalb aktuell auch vom anhaltenden Kryptowinter die Rede. (tku)

Bild: © Ricardoabrahan – stock.adobe.com

 

ÖKORENTA bringt Publikums-AIF für erneuerbare Energien

ÖKORENTA hat einen geschlossenen Artikel-9-Fonds nach EU-Offenlegungsverordnung an den Start gebracht. Der Publikums-AIF namens „ÖKORENTA Erneuerbare Energien 14“ investiert in Wind- und Solarparks in Europa und peilt ein Volumen von 40 Mio. Euro an.

Der Vermögensverwalter und Fondsemittent ÖKORENTA hat den Vertriebsstart seines neuen Publikums-AIF bekannt gegeben. Der „ÖKORENTA Erneuerbare Energien 14“ (WKN: A3DP0M) ist ein risikogemischter Portfoliofonds, der den Fokus auf Investments in Wind- und Solarparks in Europa legt.

Wertschöpfung durch grünen Strom

Die reale Wertschöpfung des Fonds soll aus dem Verkauf von grünem Strom erfolgen. Dabei geht ÖKORENTA davon aus, dass die staatlich regulierte Einspeisevergütung durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) eine preisliche Absicherung nach unten darstelle, während die seit Herbst 2021 stark angestiegenen Strompreise gleichzeitig eine Chance auf höhere Renditen böten.

Impact-Fonds nach EU-Offenlegungsverordnung

Der nachhaltige geschlossene Publikumsfonds ist nach Artikel 9 der EU-Offenlegungsverordnung klassifiziert. Er verfolgt das Umweltziel „Klimaschutz durch eine Reduzierung von CO2-Emissionen“.

„Mit der Klassifizierung unseres Fonds als dunkelgrünes Produkt sind wir Vorreiter in der Branche und setzen Standards für nachhaltige AIFs“, so Jörg Busboom, Geschäftsführer der ÖKORENTA. Den Transparenzrichtlinien entsprechend würden die nachhaltigen Investitionsziele dunkelgrüner Kapitalanlageprodukte überwacht, wie ÖKORENTA zusichert. Außerdem müsse ihr Status in regelmäßigen Reportings nachgewiesen werden.

Bis zu 100 Mio. Euro Fondsvolumen

Das geplante Fondsvolumen des „ÖKORENTA Erneuerbare Energien 14“ beträgt 40 Mio. Euro. Eine Erhöhung des Volumens auf bis zu 100 Mio. Euro ist möglich. Anleger können sich ab 10.000 Euro zuzüglich eines Ausgabeaufschlags von 5% (Anteilsklasse A) oder 2% (Anteilsklasse B) an dem Fonds beteiligen.

Prognose von ca. 58% Rendite

Die geplante Laufzeit des AIF beträgt ab Vollinvestition elf Jahre, wobei eine einmalige Verlängerung um drei Jahre möglich ist. ÖKORENTA prognostiziert eine Gesamtauszahlung von knapp mehr als 158% des eingesetzten Kapitals vor Steuern und inklusive Rückführung des eingesetzten Kapitals. (tku)

Bild: © PhotoGranary – stock.adobe.com

 

Nachhaltigkeitsstandards – Das Bürokratiemonster aus Brüssel?

Europa möchte zum Vorreiter beim Thema nachhaltiges Investieren werden. Doch nach Ansicht des DIA besteht die Gefahr, dass sich die europäischen Nachhaltigkeitsstandards zum Bürokratiemonster entwickeln. Die Interessenvertretung stellt deshalb konkrete Forderungen auf.

Das Deutsche Aktieninstitut (DIA) fordert, die europäischen Nachhaltigkeitsstandards schlanker und praxisorientierter aufzustellen. Das geht aus einer Stellungnahme der Interessenvertretung deutscher börsennotierter Unternehmen anlässlich der Konsultation zu dem Vorhaben hervor.

Doppelberichterstattung muss vermieden werden

Das DIA meint auch, dass es der Konvergenz mit den Nachhaltigkeitsstandards des International Sustainability Standards Boards (ISSB) bedürfe, um eine Doppelberichterstattung für europäische Unternehmen zu vermeiden.

DIA erachtet Standards als zu komplex

„Wir unterstützen die Standardisierung der Nachhaltigkeitsberichterstattung“, sagt Dr. Christine Bortenlänger, geschäftsführende Vorständin des DIA. „Die Standards sollen den Unternehmen helfen, relevante, richtige, vergleichbare und überprüfbare Nachhaltigkeitsinformationen zu veröffentlichen. Die Standardentwürfe, die der europäische Standardsetter European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) vorgelegt hat, werden diesem Anspruch nicht gerecht. Das Regelwerk ist zu komplex, zu detailliert und zu wenig praxisbezogen. Den Unternehmen drohen dadurch Bürokratielasten, denen in vielen Fällen kein angemessener Mehrwert gegenübersteht.“

Die wichtigsten Forderungen des DIA im Einzelnen lauten:

1. Konvergenz mit internationalen Standards

Die europäischen Standards müssten enger mit renommierten internationalen Nachhaltigkeitsstandards, insbesondere denen des ISSB, verzahnt werden, um aufwendige Doppelberichterstattung zu vermeiden.

2. Weniger ist mehr

Die Standards müssten des Weiteren schlank und praxistauglich sein. In einem ersten Schritt sollten die Unternehmen nur verpflichtet werden, einige wenige relevante Informationen zu den jeweiligen Standards zu veröffentlichen. Das gelte insbesondere für die Standards, bei denen Kennzahlen und Messwerte noch nicht ausgereift seien, wie beispielsweise bei den Themen Biodiversität und Umweltverschmutzung.

3. Mehr Zeit für die Umsetzung

Die EU-Kommission müsse der EFRAG außerdem mehr Zeit zur Auswertung der Antworten auf die Konsultation einräumen, damit sie das Feedback auswerten und die Standards praxisorientierter aufstellen könne.

Und auch der Wirtschaft solle ausreichend Zeit zur praktischen Umsetzung der Berichtsvorgaben gegeben werden. Daran fehle es bislang, da die EU-Kommission die Berichtsstandards voraussichtlich erst im Juni 2023 annehmen werde, die Unternehmen jedoch bereits für das Kalenderjahr 2024 berichten müssten. Die Neuaufstellung und Anpassung komplexer Berichts- und IT-Systeme benötige jedoch ausreichend Zeit, damit die Qualität der Nachhaltigkeitsberichterstattung auch den Erwartungen entsprechen könne.

Hintergrund

Die EFRAG hatte im Mai 2021 von der EU-Kommissarin Mairead McGuinness den Auftrag erhalten, Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung auszuarbeiten. Sie hat die Entwürfe der 13 Standards und 137 Veröffentlichungspflichten nach knapp einem Jahr Bearbeitungszeit Ende April 2022 zur Konsultation gestellt. Den Stakeholdern standen bei einer verkürzten Konsultationsfrist 100 Tage zur Verfügung, um rund 400 Seiten Standards und 200 Seiten Umfrage zu sichten und zu beantworten.

Erst Ende Juni haben sich Europäisches Parlament, Rat und EU-Kommission auf eine finale Fassung der Corporate Sustainability Reporting Directive geeinigt. Die Richtlinie, die noch nicht in Kraft ist, ist die rechtliche Grundlage auf der die EFRAG die Standards erstellt. Die Nachhaltigkeitsstandards, die zur Konsultation standen, müssen noch an die letzten Änderungen der Richtlinie angepasst werden. Die EFRAG hat insgesamt drei Monate Zeit, die Antworten auszuwerten und die Standards anzupassen. Das DIA geht davon aus, dass es mehr als 1.000 Rückmeldungen auf die Konsultation geben wird. (tku)

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