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18. Juni 2020
„Die Märkte sind wie ein Junkie“

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„Die Märkte sind wie ein Junkie“

Warum funktioniert der alte Marktmechanismus nicht mehr?

Weil plötzlich ein Dritter massiv in den Markt eingreift und unbegrenzt Volatilität zur Verfügung stellt: die Zentralbank. Dadurch funktionieren die ganzen alten Rechenmodelle nicht mehr. Wir gehen von dem Gegenteil aus. Mit jedem Tag der niedrigen Volatilität steigt die Gefahr des nächsten Anpassungsschocks. Sobald die Volatilität steigt, erwarten wir jeden Tag das Gegenteil davon, weil dann die Wahrscheinlichkeit eines manipulativen Eingriffs steigt. Die Märkte sind wie ein Junkie. Solange er seine Drogen bekommt, scheint alles in Ordnung. Sobald die Droge aber auch nur eine Stunde zu spät kommt, dreht er durch. Diese Phase endet aber sofort wieder, sobald der Drogendealer EZB wieder neuen Stoff bringt.

Funktioniert dadurch auch die klassische Aufteilung und Verschiebung zwischen Aktien und Renten nicht mehr?

Durch den Nullzins sind mittlerweile alle Asset-Klassen positiv miteinander korreliert. Sie steigen alle zusammen und sie kollabieren alle zusammen. Das hat man im März eindrucksvoll gesehen. Entsprechend muss man auch das Risikomanagement heute anders angehen als früher. Wir reduzieren die Risiken nicht durch eine Verschiebung von Aktien zu Renten, sondern sichern das Gesamtportfolio ab, wenn wir mit steigenden Risiken rechnen, und nehmen das Risiko insgesamt zurück, wenn wir von einer Entspannung ausgehen.

Welche Renditen sind unter solchen Bedingungen für einen konservativen Mischfonds wie den Zukunftsfonds realistisch?

In den nächsten Jahren wird es nicht darum gehen, Gewinne einzufahren, sondern Vermögen zu erhalten. 2 bis 4% Rendite nach Kosten sind das Ziel. Der Fonds richtet sich an alle, die sich nicht selbst um die Geldanlage kümmern, ihr Geld aber schützen wollen. Wer maximalen Ertrag will, sollte einen Aktienfonds wählen. Wir investieren konservativ über alle Anlageklassen hinweg.

Gibt es zusätzliche Mechanismen, um Risiken zu minimieren?

Als zusätzliche Absicherung entscheidet unser Anlageausschuss immer einstimmig. Dadurch wird man zwar nie das ganz große Ding machen. Das wollen wir bei dem Fonds aber auch nicht. Einstimmigkeit verhindert aber auch die ganz großen Fehler. Und wie in der Wirtschaft gilt auch beim Fondsmanagement: Die meisten Manager haben Erfolg, weil sie weniger Fehler machen, nicht weil sie besonders begabt sind oder das nächste große Ding entdecken. Die Welt ist nicht so, dass jeden Tag große Innovationen stattfinden, die das große Rad neu erfinden.

Bild: © ibreakstock– stock.adobe.com

Das Interview lesen Sie auch in AssCompact 06/2020 auf Seite 64f. und in unserem ePaper.

 
Ein Artikel von
Lenny Fischer