Immer wieder zeigen Studien, dass es bei als nachhaltig eingestuften Fonds, gerade in Zeiten von Inflation und Energiekrise, nicht immer sehr „grün“ zugeht. Wie können Sie dies in Ihren Anlageangeboten ausschließen?
SH Greenwashing war und ist ein großes Problem. Allerdings findet dies, wie zuletzt z. B. bei der DWS, häufiger im Segment der offenen Investmentfonds statt als bei unseren sachwertorientierten Geldanlagen. Bei Kommanditbeteiligungen an Wind- und Solarparks wechseln die Assets selten und es wird weniger in operative Firmen investiert, mehr in Sachwerte. Die Mittelverwendungskontrolle spielt zudem eine wichtige Rolle bei der Nachverfolgung, ob das Asset-Management die Anlegergelder entsprechend den Anlagekriterien investiert – neuerdings auch bei den sog. „dunkelgrünen“ Artikel-9- Fonds –, bei Publikums-AIFs unter der Kontrolle der BaFin. Bei den unregulierten Vermögensanlagen oder Private Placements hingegen müssen wir für unsere Kunden persönlich genauer hinsehen, wie die Emittenten die Gelder investieren. Dann setzen wir uns in den Zug und besuchen unsere Geschäftspartner oder inspizieren Windparks und Solaranlagen … Zudem nutzen wir unser Netzwerk „Ökofinanz 21“ oder unabhängige Institutionen wie ECOreporter, um unsere Eindrücke von Investitionsmöglichkeiten mit anderen Experten für grünes Geld abzugleichen. Daher haben wir bei unseren Projekten generell mit Greenwashing keine Probleme.
Sie haben „Grüne Sachwerte“ 2012 gegründet – also vor über zehn Jahren. Wie hat sich das Feld der Sachwerte bzw. konkret der Investitionen in erneuerbare Energien in dieser Zeit verändert?
MH Ich habe sogar schon vor 20 Jahren meine Diplomarbeit über ethisch-ökologische Geldanlagen geschrieben und bin seit 2005 „grüner Finanzanlagenvermittler“. Damals glaubten noch die wenigsten Menschen und erst recht wenige professionelle Investoren, dass Windparks langfristig die Basis der Stromversorgung werden könnten, oder Solarparks zu wettbewerbsfähigen Preisen Strom produzieren könnten – es ging viel um Überzeugungsarbeit.
Heute wissen alle, die es wissen wollen, dass eine stabile, umweltgerechte und unabhängige Gesellschaft nur mit nachhaltiger, erneuerbarer Energieversorgung möglich ist. Auch die Bereiche Ernährung und Verkehr/Mobilität gehören dazu, das ist allen klar. Die Grundlage langfristiger Investments ist doch die Erwartung, wie unsere Welt in den nächsten Jahrzehnten aussehen müsste, damit wir als Gesellschaft die Chance haben, gemeinsam lebenswert zu leben. Die Fakten sind alle verfügbar. Vernünftige Investorinnen und Investoren nutzen dies schon längst und investieren in Bereiche, die nicht in den nächsten Jahren von Politik und Gesellschaft abgeschafft werden. Fragen Sie die Rückversicherungen, die um die Steigerung von Umweltschäden im Milliardenbereich wissen! Das Fazit lautet: Die Schicht von Investorinnen und Investoren für ökologische Investments ist heute so heterogen wie deren jeweilige Gründe. Das ist eine ebenso erfreuliche wie aber auch dringend nötige Entwicklung.
Allen gemein ist die zuletzt schmerzhafte Erfahrung, dass die politische Abhängigkeit von Lieferstaaten mit fossiler Energie gefährlich und teuer ist – und Erneuerbare gerade deshalb so wichtig sind. Das sagen unsere Partner und wir zwar schon seit 20 Jahren, aber damals hatte dieses Argument leider noch zu wenig Gewicht.
Welche Rolle spielen Makler und unabhängige Anlageberater für Sie? Wie können unabhängige Finanzanlagenberater von einer Zusammenarbeit auf Vertriebsebene mit Ihnen profitieren?
SH Wir sind immer noch selbst stark im B2C-Geschäft aktiv, mit einem langjährigen Kundenstamm und zugleich vielen neuen Anlegerinnen und Anlegern, die mit unserer Betreuung in ökologische Themen investieren. Zugleich bieten wir Maklern, Beratern und Family Offices, die selbst nicht auf „Green Investments“ spezialisiert sind, an, deren Kunden auch Zugang zu unseren exklusiven Angeboten zu ermöglichen. Wir wollen andere nicht so sehr als Konkurrenz sehen, denn für Energiewende, Verkehrs- und Agrarwende braucht es so viel Kapital, da müssen wir alle zusammenarbeiten! Wir sehen unsere Arbeit als Teil einer Generationsaufgabe: Wer ernsthaft interessiert ist, findet in uns einen hochspezialisierten Partner für grüne Sachwertinvestments. Die einzige Voraussetzung für uns ist dabei immer, dass die Partner sich auch wirklich für die Inhalte interessieren und deren Kunden nicht nur nach Steuervorteilen fragen.
Bald soll die ESG-Abfragepflicht für freie Finanzanlagenberater kommen. Wie leicht könnten Berater hier in die Haftungsgefahr hineintappen? Wie unterstützen Sie diese hierbei?
SH Es ist gut, dass in Anlagegesprächen das Thema Nachhaltigkeit ein Standard wird. Wir würden allen Anlageberaterinnen und Anlageberatern dazu raten, sich auf diesem Gebiet – so noch nicht längst geschehen – weiterzubilden. Zu lange wurde Privatanlegerinnen und -anlegern bei Bankberatungsgesprächen auf die Bitte nach Nachhaltigkeitsfonds dann doch ein Rohstofffonds nahegelegt, um es plakativ zu sagen. Inzwischen sind die Bildungsangebote vorhanden, die Ernsthaftigkeit der Thematik ist erkannt worden. Wir unterstützen unsere Partner, indem wir grüne Anlageprodukte anbieten, die den nachhaltigen Ansprüchen von Anlegergruppen definitiv gerecht werden können. Gleichzeitig sprechen wir aber auch offen die vorhandenen Probleme an, zum Beispiel die hohe Abhängigkeit von chinesischen Herstellern im Solarbereich. Im Bereich ESG gibt es keine perfekten Lösungen, keine „100% ideale nachhaltige Nische“, aber wir kennen Vor- und Nachteile und thematisieren diese objektiv.
Wie sehen Sie die weitere Entwicklung von Sachwertinvestitionen, insbesondere bei erneuerbaren Energien? Welche Herausforderungen gilt es in den nächsten Jahren zu bestehen?
MH Die große Herausforderung in den nächsten Jahren ist es natürlich, bei all den dynamischen Veränderungsprozessen im jeweiligen Spezialgebiet den klaren Überblick zu behalten. In Deutschland gibt inzwischen das Wirtschaftsministerium viel Rückenwind, um die Energiewende anzutreiben, doch jedes Projekt hat individuelle Chancen und Risiken. Welches Investment passt im jeweiligen Zeitfenster besonders gut?
Aktuell ist es zudem herausfordernd, manchen Kunden zu erläutern, dass die Renditebetrachtung der Investitionsobjekte kurzfristig nicht so stark steigt wie zuletzt die kalkulatorische Inflation oder die Zinsen. Die Wertentwicklung von Wind- oder Solarparks bleibt langfristig zu betrachten, auch wenn in einzelnen Jahren die Inflation vielleicht höher sein wird als die Ausschüttung. Andererseits haben 2022 viele Wind- und Solarinvestoren hervorragend an den hohen Strompreisen verdient, und man muss nun erklären, dass sich diese Sondersituation – leider stark im Ukrainekrieg begründet – mit einer hoffentlich baldigen Beruhigung der Lage so wohl nicht wiederholen wird (die Ertragslage jedoch nach wie vor sehr gut ist).
Langfristig ist die Sache aber klar: Die Weltbevölkerung nimmt zu, die Ressource „Erde“ ist begrenzt. Gute Sachwerte mit nachgewiesener Nachhaltigkeit werden einen soliden Wert haben, können ihre Preise anpassen und sollten daher in keinem Portfolio fehlen. Investorinnen und Investoren mit guten Wind- und Solarinvestments werden langfristig auf der richtigen Seite stehen und wirtschaftlich davon profitieren – und dürfen gleichzeitig bewiesenermaßen behaupten, an der Lösung des Klimaproblems mitgearbeitet zu haben.
Dieses Interview lesen Sie auch in AssCompact 04/2023, S. 60 ff., und in unserem ePaper.
Bild: © Grüne Sachwerte bzw. Yingyaipumi – stock.adobe.com
Seite 1 „Mit Wind- und Solarinvestments auf der richtigen Seite“
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