Interview mit Philip Schuckert, Geschäftsführer der Makler Heller GmbH & Co. KG
Philip, du bist heute 28 Jahre alt und seit gut drei Jahren Geschäftsführer deines eigenen Maklerunternehmens. Wie kam es dazu, dass du so früh Verantwortung übernommen hast?
Der ursprüngliche Plan war, dass ich erst einmal fünf Jahre in der Firma mitarbeite. Ich kam aus der Ausschließlichkeit, hatte gerade mal ein Jahr Branchenerfahrung und sollte mich eigentlich in Ruhe einarbeiten. Dann kam allerdings der damalige Geschäftsführer mit dem Vorschlag: „Du kannst das Unternehmen auch jetzt schon übernehmen – es gibt gerade eine gute Finanzierungsmöglichkeit über die Bürgschaftsbank Sachsen.“ Also ging alles viel schneller als geplant. Dann hatte ich eine eigene Firma und eigentlich keine Ahnung, was ich da mache.
Wie schnell sprechen wir?
Ich bin im April 2021 zu ihm gewechselt, im Herbst war schon die Antragstellung, und ab 1. Januar 2022 war ich offiziell Geschäftsführer – rückwirkend. Ich war 25. Es war ein kompletter Sprung ins kalte Wasser.
Wie war dieser Sprung für dich?
Brutal ehrlich: überfordernd. Ich war mit einer ganzen Reihe an Dingen konfrontiert, auf die mich niemand vorbereitet hatte – rechtliche Umstellungen, Unternehmensfinanzierung, Umfirmierung, Kommunikation mit Versicherern. Und dann diese Situation, dass die Firma wegen eines Eintrags im Handelsregister plötzlich als „abgemeldet“ galt und Provisionszahlungen gestoppt wurden – mitten in der Übernahmephase. Da ging’s ans Eingemachte.
Hast du in dem Moment daran gedacht, alles hinzuschmeißen?
Nein. Ich funktioniere da vielleicht etwas anders. Für mich war das ein Projekt – und ein Projekt zieht man durch. Ich wollte das Ding zum Laufen bringen, so wie ich es mir vorstelle. Natürlich habe ich gezweifelt. Ich war überfordert, kannte mich nicht richtig aus, und gleichzeitig musste ich 1.000 Kunden betreuen. Aber ich habe es als Herausforderung gesehen.
Du hast also direkt einen Bestand von 1.000 Kunden übernommen?
Ja, das war Teil des Pakets. Ich hatte keine Chance, mir wie andere junge Makler:innen Stück für Stück etwas aufzubauen. Bei mir hieß es: Hier ist dein Bestand, mach was draus. Kein sanfter Einstieg – sondern sofort volle Verantwortung.
Wie hast du das geschafft?
Ich habe einfach weitergemacht. Schritt für Schritt. Ich konnte mich nicht auf das Negative fokussieren. Ich habe Probleme als Aufgaben gesehen, für die ich Lösungen finden musste – auch wenn ich oft nicht wusste, wie. Ich musste lernen, was es heißt, ein Unternehmen zu führen, Mitarbeiter zu leiten, kaufmännisch zu denken. Die Kundenbetreuung lief irgendwie nebenbei mit. Ich hatte schlicht keine andere Wahl.
Wie haben die Kunden auf dich reagiert?
Ganz unterschiedlich. Manche fanden mich sympathisch, andere dachten wahrscheinlich: „Was will der junge Kerl hier?“ Gerade auf dem Land ist man skeptisch, wenn ein Mitt-20er plötzlich Geschäftsführer ist. Einige hielten mich für arrogant. Andere waren offen und haben mich unterstützt. Im geschäftlichen Umfeld war es einfacher, im Privatkundengeschäft herausfordernder.
Du hast gesagt, du hattest auch keine Strukturen im Unternehmen. Was meinst du damit konkret?
Vieles lief nach dem Prinzip „Gib’s der Sekretärin, die macht das schon.“ Es gab keine klaren Prozesse, keine einheitliche Arbeitsweise. Ich musste komplett von vorn anfangen: Wie organisieren wir Onlineberatung? Wie nutzen wir das Maklerverwaltungsprogramm effizient? Wie verteilen wir Aufgaben, wie wird rückgemeldet? Heute arbeiten wir daran, feste Leitplanken zu schaffen, die auch neue Mitarbeitende verstehen und anwenden können.
Du hast vorhin erwähnt, dass du jetzt nicht mehr allein arbeiten möchtest. Was bedeutet das für dich?
Ich arbeite gern im Team. Mir geht’s nicht nur darum, selbst erfolgreich zu sein, sondern gemeinsam mit anderen etwas aufzubauen. Ich freue mich, wenn andere im Team aufblühen. Ich wünsche mir ein Büro, in dem gelacht wird, in dem man sich gegenseitig unterstützt und gern zur Arbeit kommt. Deshalb ist einer meiner nächsten Schritte, neue Mitarbeiter:innen zu gewinnen und sie gut einzubinden.
Wie bereitest du dein Unternehmen auf Wachstum vor?
Der Schlüssel ist für mich: Struktur. Wir schaffen aktuell Standards, definieren unsere Werte, und überlegen, wie wir sie leben können. Das betrifft sowohl die Kommunikation mit Kunden als auch unsere internen Prozesse. Nur so kann ich Aufgaben wirklich abgeben – und das ist notwendig, wenn wir weiter wachsen wollen.
Gibt es für dich ein langfristiges Ziel? Oder sogar eine Exit-Strategie?
Schwer zu sagen. Ich will das Unternehmen erst mal so aufbauen, wie ich es mir vorstelle. Wenn das irgendwann geschafft ist, kann ich neu überlegen. Vielleicht bleibt das Unternehmen dann mein Lebensprojekt – vielleicht verkaufe ich es irgendwann. Aber heute geht’s darum, etwas Eigenes zu schaffen, das funktioniert, Spaß macht und Sinn ergibt.
Rückblickend: Was hast du in den letzten drei Jahren gelernt?
Ich habe gelernt, wie man ein Geschäft führt, wie man mit Unsicherheit umgeht, wie man Verantwortung übernimmt. Ich habe gelernt, mich durchzubeißen, ohne genau zu wissen, wie es ausgeht. Und ich habe gelernt, dass man sehr viel schaffen kann, wenn man sich selbst nicht im Weg steht. Ich bin zwar noch lange nicht da, wo ich hin will – aber ich habe verstanden, wie ich dort hinkomme.
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