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22. September 2022
Anforderungen an eine Widerspruchsbelehrung

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Anforderungen an eine Widerspruchsbelehrung

Strikte formale Anforderungen

Eine vereinbarte Widerspruchsbelehrung kann im Einzelfall unwirksam sein, wodurch der Vertrag somit jederzeit widerrufbar ist. Es gelten strikte Anforderungen nach § 8 VVG für die Wirksamkeit der Belehrung. Die Belehrung muss in Textform erfolgen. Darüber hinaus muss die Belehrung drucktechnisch deutlich hervorgehoben gestaltet sein.

Im vorliegenden Fall war das Deutlichkeitserfordernis gewahrt. Der Passus war fett gedruckt und eindeutig vom übrigen Vertrags­inhalt abgehoben. Er befand sich am Ende der Seite und suggerierte somit eine eigenständige Bedeutung. Im Umkehrschluss lässt sich hieraus folgende Schlussfolgerung ziehen: Die Widerspruchsbelehrung genügt nicht der Deutlichkeit, wenn der Passus irgendwo im Vertrag auftaucht oder sich nach seinem äußeren Erscheinungsbild nicht vom übrigen abgedruckten Text abhebt.

Zudem muss der Beginn der Widerspruchsfrist eindeutig fixiert sein. Die in der Police fixierte Bezeichnung des Fristbeginns „nach Erhalt“ der Bedingungen genügt nach dem OLG Dresden dieser Voraussetzung. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer wird diese Klausel nach Auffassung des BGH (Beschluss vom 21.03.2018, Az. IV ZR 201/16) so verstehen, dass die Frist durch den Zugang der Unterlagen in Gang gesetzt wird und 14 Tage später am gleichen Wochentag abläuft. Es genügt, dass der Versicherer einen abstrakten Beginn angibt, ohne einen bestimmten Tag zu definieren.

Fazit und Hinweis für die Praxis

Die vertragliche Widerspruchsbelehrung war in diesem Fall nach Auffassung des OLG Dresden wirksam. Für den Versicherungsnehmer hatte dies zur Folge, dass die Widerspruchsfrist ab Erhalt der Unter­lagen zu laufen begann und kein Widerspruch nach Ablauf der 14-­Tage-Frist mehr geltend gemacht werden konnte.

Im Einzelfall kann es für den Versicherungsnehmer durchaus „günstig“ sein, nicht – bzw. nur unzureichend – bezüglich eines zustehenden Widerspruchsrechts durch die Versicherung belehrt worden zu sein. Der Versicherungsnehmer kann in diesem Fall jederzeit dem Vertrag widersprechen und seine geleisteten Prämien zurückverlangen, samt einem Zuschlag für die hiermit gezogenen Nutzungen. Die Widerspruchsbelehrung ist somit von wesentlicher Bedeutung für die Wirksamkeit des Versicherungsvertrages.

Die Folgen können für ein Versicherungsunternehmen fatal sein, da die Versicherer dieses Problem beim Vertragsschluss nicht als „Risiko“ kalkulieren. Diese Fragen beschäftigen daher viele Gerichte bereits seit einigen Jahren. Viele Versicherte haben bereits ihre Prämien von den Versicherungsunternehmen zurückgefordert, da die Widerspruchsbelehrung einer rechtlichen Überprüfung nicht standgehalten hat.

Diesen Artikel lesen Sie auch in AssCompact 09/2022, S. 124 f., und in unserem ePaper.

Bild: © Dominik Neudecker – stock.adobe.com

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Ein Artikel von
Björn Thorben M. Jöhnke