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8. Oktober 2019
Arbeitsunfähigkeit: Krankenkasse muss auch im Urlaub zahlen

Arbeitsunfähigkeit: Krankenkasse muss auch im Urlaub zahlen

Jemand, der arbeitsunfähig ist, hat auch im Auslandsurlaub einen Anspruch auf Fortzahlung seines Krankengelds. Dies gilt zumindest dann, wenn der Urlaub den Gesundheitszustand nicht verschlimmert, entschied das Bundessozialgericht mit seinem Urteilsspruch.

Es klingt verlockend, doch das schlechte Gewissen plagt viele zu sehr. In den Urlaub fahren, wenn man eigentlich krankgeschrieben ist – darf man das überhaupt? Wenn es der Genesung nicht im Weg steht, ist dies durchaus möglich, aber viele schrecken dennoch davor zurück. Nicht so ein Gerüstbauer aus Sachsen-Anhalt.

Behandelnde Ärztin hat keine Einwände

Der Mann war aufgrund von orthopädischen Erkrankungen arbeitsunfähig geworden und erhielt nach Ablauf von sechs Wochen Krankengeld. Am 01.09.2014 bescheinigte ihm seine behandelnde Ärztin, dass momentan keine Einwände gegen einen Kurzurlaub bestünden. Er hätte zwar noch weitere Untersuchungen vor sich, aber die Physiotherapie sei vorerst abgeschlossen und eine Verschlimmerung seiner Situation sei durch einen Urlaub in Dänemark nicht zu erwarten. Der arbeitsunfähige Gerüstbauer informierte daraufhin seine Krankenkasse, dass er vom 08.09.2019 bis zum 12.09.2019 in den Urlaub fahren wolle.

Krankenkasse versagt Zahlung

Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) sah dies kritisch und vertrat die Position, dass der Gesundheitszustand unter der, mit dem Auslandsaufenthalt einhergehenden, Autofahrt leiden könnte. Schließlich zwinge die lange Autofahrt zu einer Zwangshaltung der Wirbelsäule. Außerdem fand es die Krankenkasse nicht überzeugend, dass momentan keine Physiotherapie oder anderweitige Behandlungen nötig seien. Daraufhin ließ sie die Krankengeldzahlungen für den Zeitraum des Urlaubs ruhen.

Patient klagt gegen versagte Leistungen

Der Patient erhob Widerspruch gegen das Pausieren der Zahlung. Er begründete dies damit, dass er lediglich Beifahrer auf der Reise nach Dänemark sei, regelmäßig Ruhepausen einlegen könne und der Urlaub längst vor der Erkrankung gebucht worden war. Das stieß bei seiner Krankenversicherung jedoch auch nicht auf Verständnis. Diese sah weiterhin die Gefahr einer Verlängerung seiner Arbeitsunfähigkeit und einer Verschlimmerung seiner Beschwerden. Dagegen klagte der Patient schließlich und forderte somit das Krankengeld für den Zeitraum seines Urlaubs ein.

BSG sieht keinen Missbrauch vorliegen

Nachdem der Fall vor dem Sozialgericht Halle und dem Landessozialgericht Sachsen-Anhalt gelandet war, musste sich nun das Bundessozialgericht (BSG) mit dem Fall beschäftigen. Das BSG entschied, dass der Auslandsurlaub des Patienten kein Grund war, ihm die Fortzahlung des Krankengelds zu verweigern. Die Krankenkasse dürfe zwar eine Tätigkeit verweigern, die der Genesung des Patienten entgegenläuft, aber dieses Recht soll lediglich dafür sorgen, dass die Krankenkasse sich vor Missbrauch schützen kann. Ein Missbrauch sei in diesem Fall jedoch nicht anzunehmen. In so einer Situation hat die Krankenkasse keine Handhabe. Sie muss zustimmen und darf nicht eigenmächtig die Zahlungen einstellen.

Auslandsaufenthalt kein Problem

Auch, dass sich der Patient im Ausland aufgehalten hat, sei kein Grund zur Zahlungseinstellung gewesen, merkt das Gericht an. Der Patient hatte einen Antrag gestellt, um ins Ausland zu reisen und da dem keine überzeugenden Gründe entgegenstanden, hätte die Krankenkasse dem zustimmen müssen. Anders hätte es eventuell ausgesehen, wenn die Versicherung eine Aufforderung zur Mitwirkung ausgesprochen hätte, der der Patient nicht nachgekommen wäre. Unter derartigen Umständen wäre eine Leistungsversagung möglicherweise gerechtfertigt gewesen. (tku)

BSG, Urteil vom 04.06.2019, Az.: B 3 KR 23/18 R

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