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18. November 2020
Arbeitsunfall: Auch ohne aktive Gewalteinwirkung von außen?

Arbeitsunfall: Auch ohne aktive Gewalteinwirkung von außen?

Unter welchen Umständen ist ein Unfall auch dann von der gesetzlichen Unfallversicherung abgedeckt, wenn es keine aktive Gewalteinwirkung von außen gab? Das musste das LSG Hessen in einem Fall entscheiden, in dem sich ein Steinmetz einen Bizepssehnenriss zugezogen hatte.

Die Anerkennung von Arbeitsunfällen ist immer wieder ein Thema, das die Gerichte beschäftigt. Grundsätzlich kann es sich bei so einem Arbeitsunfall nur um ein Ereignis handeln, das von außen auf den Körper einwirkt. Wie weit eine Einwirkung von außen gefasst werden kann, hatte das Landessozialgericht (LSG) Hessen in einem aktuellen Fall zu klären.

Bizepssehne reißt beim Nachgreifen

Ein selbstständiger Steinmetzmeister war dabei, einen 50 kg schweren Stein an einen Kunden auszuliefern. Beim Anheben rutschte ihm der nasse, glatte Stein aus den Fingern. Als er versuchte nachzufassen, riss ihm eine Bizepssehne im rechten Arm. Nachdem der 63-jährige Mann medizinisch versorgt war, folgte bald das nächste Ärgernis: Die Berufsgenossenschaft weigerte sich zu zahlen.

Berufsgenossenschaft lehnt Anerkennung ab

Die Berufsgenossenschaft lehnte die Anerkennung des Unfalls als Arbeitsunfall ab, da es in § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB heißt „Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen.“ Das Ereignis habe jedoch nicht von außen auf den Körper des Steinmetzes gewirkt. Vielmehr habe sich das Ereignis ausschließlich im Körper des Mannes abgespielt. Der Steinmetz klagte daraufhin gegen die Berufsgenossenschaft und forderte die Anerkennung eines Arbeitsunfalls.

Keine aktive Einwirkung nötig

Das LSG Hessen gab der Klage des Mannes statt. Die Landesrichter waren der Überzeugung, dass es sich bei dem Unfall um einen Arbeitsunfall handelt. Die laut Gesetz erforderliche Einwirkung von außen könne bereits in der Kraft liegen, die ein Gegenstand dem Versicherten entgegensetzt. Dementsprechend könne beispielsweise auch ein Stolpern von der gesetzlichen Unfallversicherung abgedeckt sein.

Unfallereignis fraglos für Verletzung verantwortlich

Die Richter sahen auch keine anderen Gründe, die gegen eine Anerkennung als Arbeitsunfall sprächen. Der Bizepssehnenriss sei schließlich fraglos vom Unfallereignis verursacht worden. Anschließend habe der Mann seine Tätigkeit auch abgebrochen und sei unmittelbar danach im Krankenhaus operativ behandelt worden. Ein vom Gericht eingeholtes Sachverständigengutachten habe darüber hinaus ergeben, dass keine bereits im Vorfeld bestehende Verschleißerkrankung für den Bizepssehnenriss verantwortlich war. Die Berufsgenossenschaft muss dementsprechend leisten. (tku)

Bild: © Maximilian Martin – stock.adobe.com

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