Wenige Verträge erfüllen EIOPA-Kriterien
Die Prüfung zur Geeignetheit der Produkte dokumentierten Beraterinnen und Berater nur etwa in der Hälfte der Fälle. Von 72 Verträgen, die von den Testpersonen abgeschlossen wurden, erfüllten lediglich 19 die EIOPA-Kriterien zu Rendite, Risiko und Nachhaltigkeit. Auch konnte oft die Geeignetheit des Produkts im Hinblick auf die Kriterien der Renditeerwartungen oder Risikoklasse nicht eindeutig festgestellt werden.
Die Beratungsgespräche fanden zwischen März und Juni 2024 statt. Die BaFin weist darauf hin, dass die Stichprobe mit sechs Testobjekten „vergleichsweise klein“ war und nur eine Momentaufnahme darstellt. Mit den Unternehmen, bei denen Auffälligkeiten festgestellt wurden, tritt die BaFin in Kontakt. Ziel der Aktion sei es, systematische Mängel zu identifizieren und zu beheben.
BVK kritisiert Überregulierung und fordert entschlackte Vorgaben
Der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute (BVK) hat sich im Rahmen der Ergebnisse der Aktion kritisch über die „gestiegene Komplexität regulatorischer Anforderungen“ in der Versicherungsvermittlung geäußert. „Die Flut an Dokumentationspflichten ist längst nicht mehr verhältnismäßig“, erklärt BVK-Präsident Michael H. Heinz.
Das führe nicht nur auf Vermittlerseite zu einer massiven Überforderung, sondern auch bei Kunden, die zunehmend mit einer hohen Dichte an Dokumenten konfrontiert werden. „Statt Klarheit zu schaffen, erzeugt die Regulierung Unsicherheit – das ist das Gegenteil von Verbraucherschutz“, so Heinz.
Die Ergebnisse der BaFin-Aktion zeigen, dass Vermittler zwar bemüht sind, den gesetzlichen Anforderungen gerecht zu werden, dabei aber oft an die Grenzen des Machbaren stoßen. Ursache ist laut dem BVK nicht eine mangelnde Qualifikation der Vermittler, sondern die „überbordende Komplexität der Vorschriften“. Der BVK fordert eine grundlegende Entschlackung der regulatorischen Vorgaben um eine praxisnahe, verständliche und kundenorientierte Beratung zu ermöglichen.
GDV: Branche nimmt Hinweise ernst
Auch der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V. (GDV) hat sich zu den Ergebnissen der Aktion geäußert. Auch wenn es sich um eine Momentaufnahme mit begrenzter Stichprobe handelt, nehme die Branche die Hinweise ernst, so der GDV. „Für die Versicherungswirtschaft in Deutschland gilt: Kundinnen und Kunden müssen sich auf eine rechtssichere, transparente und bedarfsorientierte Beratung verlassen können. Dieses Leitbild prägt den Anspruch der Branche“, erklärt der Branchenverband in einem Statement. Versicherer investieren kontinuierlich in die Verbesserung und Schulung von Mitarbeitern, Prozessen und Konzepten.
Mystery Shopping könne ein westvolles Instrument sein, um Potenzial für Verbesserungen zu erkennen, so der GDV. Die vorgelegten Ergebnisse erfordern eine sorgfältige Auswertung und Maßnahmen, wo Optimierungsbedarf notwendig ist. (js)
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