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Steuern & Recht
12. Juni 2020
Besteht bei Baulärm immer ein Recht zur Mietminderung?

Besteht bei Baulärm immer ein Recht zur Mietminderung?

Hat ein Mieter grundsätzlich ein Anrecht auf Mietminderung, wenn in seiner Nachbarschaft ein Neubau entsteht? Dazu musste der BGH in einem aktuellen Prozess Stellung nehmen, in dem die Vorinstanzen uneinheitlich geurteilt hatten. Doch ganz geklärt ist der Fall weiterhin nicht.

Ständiger Lärm ist zermürbend. Nicht umsonst ist Lärm bereits im alten China eine übliche Foltermethode gewesen, die durch die Geheimdienste in aller Welt in den letzten Jahrzehnten wiederentdeckt wurde. Da ist es wohl das Mindeste, dass man immerhin die Miete reduzieren darf, wenn ständiger Baulärm das Leben daheim zur Zumutung macht, oder? Dazu musste nun der Bundesgerichtshof (BGH) ein Urteil fällen.

Mietminderung aufgrund von Baulärm

Der Mieter einer Berliner Zweizimmerwohnung hatte sich durch die Errichtung eines Neubaus in der Nachbarschaft und die damit einhergehende Staubbelastung sowie den Baulärm derartig gestört gefühlt, dass er beschloss die Miete um 10% zu mindern. Dies teilte er seiner Vermieterin mit und legte zur Untermauerung seiner Beschwerde ein Lärmprotokoll vor. Zeitweise minderte er die Miete aufgrund eines Mangels an der Haustür noch weiter.

Vermieterin klagt auf Zahlung

Die Vermieterin wollte das so nicht akzeptieren und klagte auf die Zahlung der eingehaltenen Miete. Diese belief sich zum Zeitpunkt der Klageerhebung bereits auf 980 Euro. Ihrer Ansicht nach, hätte der Mieter mit Einschränkungen durch die Bebauung eines leeren Grundstücks in der Nachbarschaft rechnen müssen. Es sei gerade im angespannten Wohnungsmarkt von Berlin naheliegend, verbliebene Baulücken in der Stadt zu schließen.

Prozessverlauf

Das erstinstanzliche Amtsgericht gab der Klage statt und forderte den Mieter zur Rückzahlung auf. Das Berufungsgericht änderte das Urteil und wies die Klage ab. Im Revisionsverfahren lag es nun am BGH eine Entscheidung zu treffen.

Fall an Landgericht zurückverwiesen

Der BGH rügte die Rechtsprechung des Berufungsgerichts und verwies den Fall zurück. Derzeit könne kein Mietmangel festgestellt werden, begründete der BGH seine Entscheidung. Das Berufungsgericht sei seiner Pflicht nicht nachgekommen, das Vorliegen eines Mietmangels zu prüfen. Es habe schlichtweg aufgrund einer nahen Baustelle einen Mangel als selbstverständlich erachtet. Das sei unzulässig, gab der BGH zu bedenken.

Risiko ist nicht einseitig vom Vermieter zu tragen

Außerdem dürfe das Risiko von Veränderungen im Umfeld der Wohnung nicht einseitig dem Vermieter zugewiesen werden. Falls der Mietvertrag keine Regelung über Beeinträchtigungen im Wohnumfeld vorsehe, müsse er ergänzend ausgelegt werden. Falls der Vermieter nicht rechtlich gegen den Bauträger des Neubaus vorgehen könne, dürfe die Belastung nicht einseitig vom Mieter auf den Vermieter abgewälzt werden.

Vorliegen eines Mangels entscheidend

Ein Lärmprotokoll, wie es der Angeklagte seiner Vermieterin vorgelegt hatte, sei hingegen nicht nötig. Der Mieter sei nicht in der Pflicht das Ausmaß der Gebrauchsbeeinträchtigung zu belegen, sondern nur das Bestehen des Mangels. Der Fall wurde an das Landgericht Berlin zurückverwiesen, das nun unter den Maßgaben des BGH erneut über den Fall befinden muss. (tku)

BGH, Urteil vom 29.04.2020, Az.: VIII ZR 31/18

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