AssCompact suche
Home
Steuern & Recht
28. November 2019
BGH: LegalTech darf stellvertretend die Miete zurückfordern

BGH: LegalTech darf stellvertretend die Miete zurückfordern

Der BGH hat in einem aktuellen Urteil entschieden, dass der Betreiber der Website wenigermiete.de weiterhin stellvertretend für seine Kunden Ansprüche bei Vermietern stellen darf. Das Grundsatzurteil gilt als richtungsweisend für eine aufstrebende Branche an LegalTechs.

LegalTech ist ein neues Wort, an das man sich gewöhnen muss, nachdem man gerade noch mit Begriffen wie InsurTechs und FinTechs gefremdelt hat. LegalTechs wollen dementsprechend all das, was auch die anderen Binnen-T-Branchen wollen: Disruption. Und gemäß einem aktuellen Urteil des BGH, sind diesem Unterfangen zumindest wieder ein paar Steine aus dem Weg geräumt worden.

LegalTech anstatt Anwaltskanzlei

Der Betreiber von wenigermiete.de, die LexFox GmbH, hatte die Ansprüche einer Mieterin gegen ihre Vermieterin geltend gemacht. Dabei handelte es sich um eine Wohnungsgesellschaft. Das umstrittene an der Geschichte war jedoch, dass es sich bei LexFox nicht um eine Anwaltskanzlei handelt, die im Namen ihrer Klienten deren Ansprüche einfordern kann, sondern um ein sogenanntes LegalTech. LexFox darf gemäß seines Status lediglich als Inkassodienstleister auftreten.

Beauftragung über Online-Formular

Die LexFox GmbH bietet, mit ihrer Internetseite wenigermiete.de, auch einen Mietrechner an, der Kunden helfen soll festzustellen, ob sie zu viel Miete bezahlen. Dazu gibt man seine Kontaktinformationen sowie den Standort der Wohnung an und lädt den Mietvertrag hoch. Direkt im Anschluss erfährt man, ob sich der Fall für eine durchzusetzende Mietsenkung eignet. Wenn man dann wünscht, dass sich LexFox der Durchsetzung der eigenen Rechte annimmt, kann man den Dienstleister direkt beauftragen.

Inkassounternehmen oder unbefugter Rechtsdienstleister?

Genau hier beginnt das vor dem BGH zu klärende Problem. Das Unternehmen LexFox agiert nämlich nicht als klassisches Inkassounternehmen, das lediglich offene Forderungen betreut. Stattdessen vertritt das LegalTech seine Kunden auch rechtlich und setzt die Ansprüche der Mieter gegenüber den Vermietern durch.

Streitwert häufig zu gering für einen Prozess

Im konkreten Fall der Mieterin gegen ihre Wohnungsgesellschaft, ging es lediglich um einen monatlichen Betrag von knapp 25 Euro zu viel. Die vermietende Gesellschaft hätte also gemäß Mietpreisbremse 24,76 Euro weniger verlangen dürfen, als sie es getan hat.

Derart geringe Beträge werden selten gerichtlich eingefordert. Einerseits scheint vielen Mietern wohl der Streitwert zu gering und andererseits der Aufwand zu groß. Das LegalTech verlangt von den Nutzern jedoch nur ein Honorar, wenn sie Erfolg haben und die Miete für den Kunden senken. Unter diesen Umständen zwackt der Dienstleister ein Drittel der Jahresmietersparnis für sich ab.

Landgericht weist Klage ab

Vor dem Landgericht war die Klage gegen die Wohnungsgesellschaft abgewiesen worden, da LexFox, laut Ansicht des Gerichts, nicht befugt sei als Organ der Rechtspflege (z.B. Rechtsanwälte) aufzutreten. Das Unternehmen habe sich mit seinem Vorgehen weit über die üblichen Befugnisse eines Inkassounternehmens hinweggesetzt.

BGH sieht LexFox als Inkasso-Dienstleister

Vor dem Bundesgerichtshof (BGH) sah das nun anders aus. Der BGH sieht LexFox weiterhin hauptsächlich als Inkassounternehmen. Der Kern des Geschäfts sei weiterhin Geld einzutreiben. Außerdem mahnt der BGH an, dass das 2008 in Kraft getretene Dienstleistungsgesetz vorgibt, dass der Inkassobegriff nicht zu eng gefasst werden dürfe. LexFox darf also weiterhin nicht nur beratend tätig werden, sondern die juristischen Streitigkeiten seiner Kunden auch übernehmen.

Der konkrete Fall ist dabei jedoch noch nicht entschieden. Dieser wurde nun vom BGH an das Landgericht Berlin zurückverwiesen.

Aufatmen bei den LegalTechs

Das Urteil des BGH hat zwar keine bindende Wirkung für andere Fälle, ist jedoch durchaus als richtungsweisend anzusehen. Schließlich mangelt es mittlerweile nicht an Unternehmen, die ihre Kunden online unterstützen, um sie zu ihrem Recht kommen zu lassen. (tku)

BGH, Urteil vom 27.11.2019, Az.: VIII ZR 285/18

Bild: © bakhtiarzein – stock.adobe.com