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29. Januar 2021
BGH-Urteil: Eine Kaskoversicherung ist nicht zur Minderung von Schäden da

BGH-Urteil: Eine Kaskoversicherung ist nicht zur Minderung von Schäden da

Muss ein Geschädigter eine Kaskoversicherung in Anspruch nehmen, um den Unfallgegner zu entlasten? Mit dieser Frage musste sich der Bundesgerichtshof in einem aktuellen Fall beschäftigen. Die Bundesrichter stellten sich dabei gegen die Urteile der Vorinstanzen.

Der Geschädigte eines Verkehrsunfalls ist grundsätzlich nicht verpflichtet, den eigenen Kaskoversicherer auf Behebung des Unfallschadens in Anspruch zu nehmen, um die Zeit des Nutzungsausfalls und damit die Höhe der diesbezüglichen Ersatzverpflichtung des Schädigers und dessen Haftpflichtversicherers möglichst gering zu halten. Das geht aus einem Urteil des Bundesgerichtshofs hervor.

So lief der konkrete Fall ab

Im konkreten Fall nahm eine Autofahrerin den Haftpflichtversicherer des Unfallgegners auf Ersatz von Nutzungsausfallschaden für weitere 27 Tage in Anspruch. Das vollkaskoversicherte Fahrzeug wurde bei einem Verkehrsunfall ohne das Verschulden der Fahrerin beschädigt. Im Anschluss gab sie ein Schadensgutachten in Auftrag und meldete ihre Ansprüche bei der Versicherung an. Dabei verwies sie darauf, dass sie die Reparaturkosten egen ihrer finanziellen Verhältnisse nicht vorfinanzieren könne. Nach Ablauf einer Frist, die sie dem Haftpflichtversicherer gesetzt hatte, forderte sie ihren Kaskoversicherer zur Regulierung auf und erteilte einen Reparaturauftrag, der im Anschluss erledigt wurde, sodass das Auto nach wieder fahrbereit war.

Klage auf vorherigen Ebenen stets abgewiesen

Der Haftpflichtversicherer erstattete der geschädigten für 15 Tage einen Nutzungsausfallschaden, bestehend aus zehn Tagen für die Reparaturdauer und zusätzlichen fünf Tagen für die Erstellung und Prüfung des Gutachtens. Damit wollte sich die Geschädigte nicht zufriedengeben und reichte eine Klage ein. Das Amtsgericht Berlin-Mitte hatte die Klage abgewiesen. Auch die Berufung scheiterte vor dem Landgericht Berlin scheitert, weil die Kaskoversicherung erst nach Ablauf der Regulierungsfrist in Anspruch genommen wurde. Durch dieses Vorgehensweise habe die Klägerin die Reparatur verzögert und sie gegen ihre Verpflichtung nach § 254 Abs. 2 BGB verstoßen, wonach der zu ersetzende Schaden möglichst gering zu halten ist.

Geschädigter hat keine Pflicht zur Einschaltung des eigenen Kaskoversicherer

Ihre Revision vor dem BGH war nun aber erfolgreich. Die Richter verwiesen die Sache an das Landgericht zurück. Die Entscheidung begründet der BGH damit, dass die Klägerin nicht gehalten gewesen sei, ihren eigenen Kaskoversicherer zur zeitnahen Behebung des Unfallschadens einzuschalten. Laut den Bundesrichtern soll eine Kaskoversicherung nicht den Schädiger entlasten, sondern die Kosten abdecken, für die sonst der Eigentümer selbst aufkommen müsse. Die höheren Beiträge bei Nutzung der Kaskoversicherung und die komplizierte Abrechnung dieser neuen Schadensposition würden die Inanspruchnahme unzumutbar machen. (mh)

Bundesgerichtshof, Urteil vom 17.11.2020, Az.: VI ZR 569/19

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