Pflicht des Unternehmers zur Nachbearbeitung bei Widerruf und Beitragsfreistellung
Eine Pflicht des Unternehmers zur Nachbearbeitung von Verträgen besteht nur dann, wenn der Unternehmer die Nichtausführung des Vertrages zu vertreten hat. Dies ist der Fall, wenn dem Unternehmer persönliches Verschulden zur Last fällt oder die Umstände der Nichtausführung dem unternehmerischen oder betrieblichen Risikobereich zuzuordnen sind oder auf einem übernommenen Risiko beruhen.
Nach Ansicht des BGH kann die Ausübung des allgemeinen Widerrufsrechts nach § 8 VVG nicht der vom Unternehmer zu verantwortenden Risikosphäre zugeordnet werden. Der Versicherungsvertrag sei gleichsam mit der Belastung des gesetzlichen Widerrufsrechts vermittelt worden, die sich durch die Widerrufserklärung verwirkliche. Für die Vornahme der Widerrufserklärung trage der Unternehmer keine Verantwortung. Sie liege in der alleinigen Entscheidung des Versicherungsnehmers. Das habe der Unternehmer zu respektieren.
Bei einem Antrag auf Beitragsfreistellung sei dagegen eine Nachbearbeitung zu verlangen. Eine Beitragsfreistellung werde in der Regel in Betracht gezogen, wenn der Versicherungsnehmer aufgrund geänderter wirtschaftlicher Verhältnisse seine Prämie nicht mehr zahlen wolle. Hier müsse der Unternehmer Bemühungen um die weitere – gegebenenfalls angepasste – Durchführung des Vertrages unternehmen.
Im Ergebnis war der Maklerpool damit nur im Falle der Beitragsfreistellung zur Nachbearbeitung bzw. zum Versand von Stornogefahrmitteilungen verpflichtet und musste die entsprechende Gutschrift erteilen.
Fazit
Mit der Entscheidung hat der BGH seine bisherige Rechtsprechung fortgesetzt. Ein Makler kann auch im Geschäftsverkehr mit Pools schutzbedürftig sein wie ein Versicherungsvertreter. Dies hängt aber von den jeweiligen besonderen Umständen des Einzelfalls ab und darf dementsprechend nicht verallgemeinert werden. Aus der Entscheidung zu schlussfolgern, eine Poolanbindung ähnele einer Handelsvertretung, ist deutlich zu kurz gesprungen. Die Anwendung handelsrechtlicher Rechtsgedanken ist an die jeweilige Schutzbedürftigkeit geknüpft und nicht an die Poolanbindung. Eine Poolanbindung per se bringt einen Makler nicht in handelsrechtliche Abhängigkeiten.
Über den Autor
Hans-Ludger Sandkühler ist ausgewiesener Experte in Maklerfragen, gefragter Referent und Autor zahlreicher Veröffentlichungen. Außerdem ist er Mitinitiator des Arbeitskreises „Beratungsprozesse“ sowie Geschäftsführer des Instituts für Verbraucherfinanzen.
Diesen Artikel lesen Sie auch in AssCompact 02/2022, S. 78 f., und in unserem ePaper.
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