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2. Mai 2023
BU: Die Konsequenzen der Anfechtung durch Versicherer

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BU: Die Konsequenzen der Anfechtung durch Versicherer

Bestehen einer spontanen Anzeigeobliegenheit

Enthält der Gesundheitsfragebogen im Vorfeld des Versicherungsvertrages mehrdeutige oder unpräzise Fragen, die der Versicherungsnehmer anders als der Versicherer versteht, scheidet eine falsche Angabe hingegen aus. In engen Ausnahmefällen kann den Versicherungsnehmer jedoch eine sogenannte „spontane Anzeigeobliegenheit“ über Informationen treffen, nach denen der Versicherer nicht ausdrücklich gefragt hat. Dies gilt aber nur bei Informationen, die für jeden erkennbar das Aufklärungsinteresse des Versicherers in elementarer Weise betreffen und es deshalb für den Versicherten auf der Hand liegt, dass es sich um eine bedeutende Information handelt.

Weiterhin ist es nicht notwendig, dass der Versicherungsnehmer selbst täuscht. Bedient er sich eines Maklers, so sind dem Versicherten die Täuschungen, die der Makler selbst vornimmt, gemäß § 166 Abs. 1 BGB dem Versicherten zuzurechnen.

Arglist des Versicherten

Um die Täuschung als arglistig qualifizieren zu können, muss der Versicherungsnehmer in Kenntnis der Unrichtigkeit seiner Angaben handeln. Es muss ihm gerade darauf ankommen, dass die Entscheidung des Versicherers hinsichtlich des Vertragsabschlusses durch die Falschangabe beeinflusst wird und der Vertrag unter den wahren Bedingungen nicht oder nicht so zustande gekommen wäre. Die Absicht, dass dem Versicherer aufgrund der falschen Angabe tatsächlich ein Vermögensschaden entsteht, ist nicht erforderlich. Es genügt vielmehr das Bewusstsein, dass die Falschangabe in irgendeiner Weise Einfluss auf eine etwaige Schadenregulierung haben kann.

Zusätzlich muss die arglistige Täuschung des Versicherten ursächlich dafür geworden sein, dass der Versicherer den Versicherungsvertrag zu den konkreten Bedingungen geschlossen hat. Es reicht aus, dass der Versicherer mit der richtigen Information den Vertrag nicht in dieser Form geschlossen hätte, selbst wenn es sich nur um eine marginale Änderung in den Versicherungsbedingungen handeln würde.

Frist zur Anfechtung durch den Versicherer

Liegen diese drei Voraussetzungen kumulativ vor, hat der Versicherer dem Grunde nach ein Anfechtungsrecht, wenn er es fristgemäß ausübt. Gem. § 124 BGB muss der Versicherer die Anfechtung innerhalb eines Jahres ab Erlangung der Kenntnis der arglistigen Täuschung dem Versicherungsnehmer gegenüber ausdrücklich erklären. Diese Frist beginnt erst zu laufen, wenn Kenntnis sowohl der objektiven Täuschung als auch der subjektiven Arglist besteht. Jedoch gilt auch für die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung, dass gem. § 21 Abs. 3 S. 2 VVG eine Anfechtung grundsätzlich nicht mehr möglich ist, wenn die arglistige Täuschung mehr als zehn Jahre zurückliegt (vgl. BGH, Urteil vom 25.11.2015 – Az. IV ZR 277/14).

Beweislast bei der Anfechtung

Erklärt der Versicherer dem Versicherten gegenüber die Anfechtung des Versicherungsvertrages wegen arglistiger Täuschung, treffen beide Parteien unterschiedliche Pflichten hinsichtlich der Beweis- und Darlegungslast.

Grundsätzlich trifft den Versicherer die Beweislast hinsichtlich der Verletzung der Anzeigepflicht. Er muss also beweisen, dass der Versicherungsnehmer hinsichtlich der angegebenen Informationen objektiv getäuscht hat. Dazu gehört auch der Beweis darüber, dass der Versicherungsnehmer überhaupt Kenntnis von dem gefahrerheblichen Umstand hatte. Hat der Versicherte einen Versicherungsagenten damit beauftragt, die Gesundheitsfragen des Versicherers auszufüllen, so muss der Versicherer beweisen, dass der Versicherungsnehmer dem ausfüllenden Versicherungsagenten dessen Fragen nicht wahrheitsgemäß beantwortet hat.

Das arglistige Handeln ist ebenfalls durch den Versicherer zu beweisen. Ihm muss zumindest der Nachweis gelingen, dass dem Versicherungsnehmer die Entscheidungserheblichkeit seiner Falschinformation bewusst war. Bezüglich der subjektiven Arglist des Versicherungsnehmers kann jedoch regelmäßig nur ein Indizienbeweis geführt werden, durch den die objektiven Umstände die innere Willensrichtung des Handelnden indizieren. Deshalb ist es in den meisten Fällen ausreichend, wenn der Versicherer den Nachweis erbringt, dass durch die Falschangabe der konkrete Vertragsschluss herbeigeführt wurde.

 

Leserkommentare

Comments

Gespeichert von Erwin Daffner … am 03. Mai 2023 - 13:10

Ist es nicht bereits nahe der Arglist, wenn mit anonymen Probeanträgen die Chancen auf einen Versicherungsschutz getestet werden und/oder die Krankengeschichte im Vorfeld bereinigt wird? 

Damit wird doch auf die Entscheidung des Versicherers Einfluss genommen.

Danke für die interessante Anmerkung, die ich gern aufgreifen und diskutieren möchte:

Bei anonymen Probeanträgen handelt es eher um die Erfüllung einer Maklerpflicht, als um Arglist. Bei Probeanträgen wird doch gerade mit dem Versicherer über die Erkrankungen etc. kommuniziert, um ein Votum des Versicherers hinsichtlich der Versicherbarkeit zu erhalten. Denn ansonsten weiß der Makler nicht, ob er dem Interessenten überhaupt entsprechende Empfehlungen aussprechen kann. Von daher sind das nach meinem Dafürhalten zwei unterschiedliche Bereiche, mithin zwingend von der Frage zu trennen, ob Erkrankungen im Versicherungsantrag "bewusst" nicht angegeben werden. 

Ich hoffe ich Ihre Anmerkungen zutreffend ergänzen.

Viele Grüße, Björn Thorben M. Jöhnke