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2. Mai 2023
BU: Die Konsequenzen der Anfechtung durch Versicherer

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BU: Die Konsequenzen der Anfechtung durch Versicherer

Sekundäre Darlegungslast

Gelingt dem Versicherer dieser Beweis, trifft den Versicherten sodann die sekundäre Darlegungslast hinsichtlich der Gründe für die falschen Informationen. Der Versicherte muss glaubhaft die Motive und Hintergründe darlegen, die ihn zu der falschen Angabe bewegt haben, um den Vorwurf der Arglist abzuwehren. Gelingt es dem Versicherungsnehmer, eine plausible Erklärung für die falsche Angabe vorzubringen, muss der Versicherer wiederum beweisen, dass diese Erklärung einer Arglist nicht im Wege steht.

Erfolgt die Anfechtung außerhalb der Jahresfrist und beruft sich der Versicherungsnehmer darauf, dass das Anfechtungsrecht nicht fristgemäß ausgeübt worden ist, so muss der Versicherungsnehmer den Beweis für diese Verfristung führen. Denn das Erlöschen des Anfechtungsrechtes stellt einen Vorteil des Versicherungsnehmers dar, für den er den Beweis führen muss.

Bedeutung und Folgen für Versicherungsnehmer

Liegen die Anfechtungsvoraussetzungen vor und wird die Anfechtung fristgemäß und in ordnungsgemäßer Weise durch den Versicherer ausgeübt, so kann er seine auf Vertragsabschluss gerichtete Willenserklärung rückwirkend beseitigen und somit den Berufsunfähigkeitsvertrag vollständig „zu Fall bringen“. Ein Versicherungsschutz besteht dann für den Versicherten nicht mehr.

Wahlweise kann der Versicherer auch nur den Teil des Vertrages, in dem er getäuscht wurde, anfechten. Dann gilt der Vertrag mit Ausnahme des angefochtenen Teils weiter fort. Ein Anspruch des Versicherten auf Rückzahlung von Prämien besteht nach § 39 Abs. 1 S. 2 VVG hingegen nicht. Künftige Beiträge müssen natürlich nicht mehr entrichtet werden.

Fazit und Praxishinweise

Sollte der Versicherer den Versicherungsvertrag angefochten haben, empfiehlt es sich, umgehend anwaltlichen Rat einzuholen. Denn auch Leistungsentscheidungen der Versicherer können unzulässig und rechtlich nicht haltbar sein. Auch kann unter Umständen der Versicherungsschutz wiederhergestellt werden, notfalls mittels gerichtlicher Hilfe.

Neben der Kündigung, dem Rücktritt und der Vertragsanpassung ist die Vertragsanfechtung eines der stärksten Gestaltungsrechte des Versicherers. Dieser muss dem Versicherungsnehmer eine objektive Täuschung, die subjektiv arglistig begangen und kausal für den Vertragsschluss wurde, nachweisen. Der Versicherungsnehmer muss hingegen darlegen, dass die Angabe gerade nicht arglistig gemacht wurde. Zudem muss die Anfechtung des Versicherungsvertrages innerhalb der Jahresfrist, spätestens jedoch nach zehn Jahren erfolgen.

Liegen diese Voraussetzungen vor, kann sich der Versicherer entweder vom ganzen Vertrag oder nur von einem Teil lösen, der Versicherungsschutz entfällt dann. Diese Rechtsfolge hat weitreichende Konsequenzen für den Versicherungsnehmer, der nicht nur keine Leistungen aus dem Versicherungsvertrag erhält, sondern wegen der Anfechtung nicht mal mehr einen Berufsunfähigkeitsvertrag hat.

Weitere wissenswerte Beiträge zum Bereich der BU sind nachstehend zu finden: „Berufsunfähigkeitsversicherung“.

Bild: © Studio_East – stock.adobe.com; © Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte

 

Leserkommentare

Comments

Gespeichert von Erwin Daffner … am 03. Mai 2023 - 13:10

Ist es nicht bereits nahe der Arglist, wenn mit anonymen Probeanträgen die Chancen auf einen Versicherungsschutz getestet werden und/oder die Krankengeschichte im Vorfeld bereinigt wird? 

Damit wird doch auf die Entscheidung des Versicherers Einfluss genommen.

Danke für die interessante Anmerkung, die ich gern aufgreifen und diskutieren möchte:

Bei anonymen Probeanträgen handelt es eher um die Erfüllung einer Maklerpflicht, als um Arglist. Bei Probeanträgen wird doch gerade mit dem Versicherer über die Erkrankungen etc. kommuniziert, um ein Votum des Versicherers hinsichtlich der Versicherbarkeit zu erhalten. Denn ansonsten weiß der Makler nicht, ob er dem Interessenten überhaupt entsprechende Empfehlungen aussprechen kann. Von daher sind das nach meinem Dafürhalten zwei unterschiedliche Bereiche, mithin zwingend von der Frage zu trennen, ob Erkrankungen im Versicherungsantrag "bewusst" nicht angegeben werden. 

Ich hoffe ich Ihre Anmerkungen zutreffend ergänzen.

Viele Grüße, Björn Thorben M. Jöhnke