AssCompact suche
Home
Assekuranz
6. Juni 2023
BU: Je früher, desto besser – und besser spät als nie?

1 / 2

Blue hourglass business background concept for deadline, urgency and countdown

BU: Je früher, desto besser – und besser spät als nie?

Bei der Berufsunfähigkeitsversicherung stellt sich immer häufiger die Frage: Wie früh anfangen – bieten doch viele Versicherer eine BU für Schüler. Und dann wäre noch zu klären, ab welchem Alter sich der BU-Abschluss nicht mehr lohnt. Eine Einschätzung des Maklers und BU-Spezialisten Philip Wenzel.

Was ist Vermittlern zu raten?

Für Vermittler empfiehlt es sich nicht, hieraus ein Geschäftsmodell zu machen, da § 263 StGB erst verjährt, wenn der Vorteil aus dem Betrug abgegolten ist. Und das ist bei laufenden Verträgen nie der Fall. Die Rede ist also von den Fällen, die kein Betrug sind, aber dennoch den Leistungsfall erschweren, weil der Versicherer vor Gericht will. Wer früh abschließt, kann in der Regel auch dieses Kapitel abhaken.

Was tun mit den Späteinsteigern?

Trotzdem häufen sich gerade die Fälle von 50-Jährigen, die eine Berufsunfähigkeitsversicherung abschließen wollen. Der Grund dafür könnte sein, dass vor zwanzig Jahren Versicherungen bis Endalter 60 abgeschlossen wurden, weil es nicht anders ging oder eine Rentenversicherung die Zeit bis zur Rente überbrücken sollte. Ein Neuvertrag ist nicht unmöglich, aber man sollte unbedingt sauber bei den Gesundheitsfragen arbeiten. Das liegt zum einen daran, dass die Wahrscheinlichkeit eines Leistungsfalls in den ersten zehn Jahren sehr hoch ist und die Berufsunfähigkeitsversicherung anfechten kann. Aber viel wichtiger ist, dass die meisten Risikoprüfer sehr misstrauisch werden, wenn ein Interessent in diesem Alter anfragt. Der Risikoprüfer fürchtet, es handelt sich hier um einen der Kandidaten, die denken, sie könnten der Versicherung ein Schnippchen schlagen und eine BU-Versicherung kurz vor Eintritt der BU abschließen.

Mit offenen Karten spielen und Mehrvertragslösung im Blick haben

Deshalb schließe ich in diesen Fällen gern erst den einen Vertrag bis 2.000 Euro ab und wenn dieser policiert ist, den zweiten – inklusive Labor beim gleichen Versicherer. Wenn es schiefläuft, besteht wenigstens ein kleiner Vertrag ohne Ausschluss. Und wenn es gut läuft, ist das Thema Vorvertraglichkeit vom Tisch. Am Ende sind wir aber Vermittler und nicht Erziehungsberechtigte. Der Kunde darf entscheiden, wie er will. Es ist ja auch okay, wenn der Kunde erst spät merkt, dass eine Berufsunfähigkeitsversicherung wichtig ist. Für diese späte Einsicht muss er dann aber bezahlen – mit höheren Beiträgen und einer strengeren Risikoprüfung.

Augen auf in manchen Fällen

Nur bei einem Interessenten werde ich, unabhängig vom Alter, sehr misstrauisch und lehne auch immer wieder ab. Und zwar dann, wenn der Vertrag ohne erkennbaren Grund noch am besten heute abgeschlossen werden soll. Dann ist es nicht selten so, dass eine Operation oder Untersuchung ansteht oder ein Verdacht im Raum steht. In diesen Fällen erkläre ich dann ganz genau, dass ich in der Regel auch angeben muss, was ich schon weiß, auch wenn noch kein Arzt etwas dazu aufgeschrieben hat. Denn Betrüger sind selten konsequent. Bei Versicherungsbeginn ist alles halb so wild, aber dann beim Leistungsantrag lagen die Beschwerden schon seit Jahren vor. Und dann wird es quasi nachträglich zur Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht. All das und Geld kann ich mir aber sparen, wenn ich schon so früh wie möglich eine Berufsunfähigkeits­versicherung abschließe. Und wer sein Kind mag, erspart ihm den Ärger noch als Schüler.

Diesen Artikel lesen Sie auch in der Sonderedition Arbeitskraftabsicherung, die der AssCompact 05/2023 beigeheftet ist, und in unserem ePaper.

Bild oben: © Brian Jackson – stock.adobe.com; Porträtfoto: © Philip Wenzel

 
Ein Artikel von
Philip Wenzel

Leserkommentare

Comments

Gespeichert von Gerd Kemnitz (… am 07. Juni 2023 - 16:02

Ich lese Herrn Wenzels Fachbeiträge immer mit großem Interesse und stimme ihm auch hier in vielen Punkten zu.

Aber bezüglich des Tipps zur Mehrvertragslösung beim gleichen Versicherer muss ich ihm widersprechen.

Das Problem bei der dann erforderlichen ärztlichen Untersuchung oder des alternativen M-Checks sind weniger eventuell auffällige Laborwerte – sondern die verlängerten Fristen bei den Fragen zu Vorerkrankungen im „Ärztlichen Zeugnis“ bzw. im „M-Check direct Fragebogen“. Einige Versicherer stellen hier sogar zeitlich unbefristete Fragen.

Wir sind uns doch sicherlich darüber einig, dass längere Fristen oder gar unbefristete Fragen das Risiko einer Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht deutlich erhöhen.

Deshalb favorisiere ich bei hohen BU-Renten zwar auch die Mehrvertragslösung – allerdings bei unterschiedlichen Versicherern.