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12. Februar 2021
BU-Modelle: Rechtssicherheit aus Kundensicht ist entscheidend

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BU-Modelle: Rechtssicherheit aus Kundensicht ist entscheidend

Müssen denn die Tarife berufs­spezifischer werden?

Für die Grundfähigkeitsversicherung können wir davon nur dringend abraten. Der Vorteil dieser Absicherung ist ja gerade, dass nicht ein bestimmtes Berufsbild versichert ist und damit einer der wesentlichen Kritikpunkte an der BU entfällt.

Gerade über das Erreichen des erforderlichen BU-Grades von mindestens 50% gibt es im Leistungsfall häufig unterschiedliche Auffassungen zwischen Versicherer und Versichertem. Wenn nun die Grundfähigkeitstarife berufsspezifischer werden, was immer das in der Praxis auch bedeuten mag, dann stößt man möglicherweise sehr schnell an Grenzen. Insofern kann eine derartige Ausgestaltung allenfalls in bestimmten Fällen sinnvoll sein, beispielsweise beim Verlust der Fahrerlaubnis für Busse und Lkw, der ja aus anderen Gründen als beim Pkw eintreten kann. Erste Ansätze zu Berufskonzepten, etwa das Tragen einer Atemmaske bei Feuerwehrleuten, zeigt bereits die Problematik. Die Verknüpfung der Grundfähigkeit – also hier das Tragen der Atemschutzmaske – mit dem konkreten Beruf – hier der des Feuerwehrmanns – schließt andere Berufsgruppen zwangsläufig vom Schutz aus, zum Beispiel wären das Mitarbeiter im Katastrophenschutz oder etwa auch Angestellte in Forschungslaboren.

Sie selbst haben Marktstandards herausgearbeitet. Die können wir nicht alle aufzählen, aber was halten Sie für besonders wichtig?

Unabhängig davon, welches Absicherungsmodell bewertet wird – wir werden im ersten Quartal dieses Jahres auch erstmals Marktstandards für die Risikoversicherung und die Grundfähigkeitsversicherung veröffentlichen –, sollten diese Branchendurchschnittswerte vor allem auf die Rechtssicherheit aus Kundensicht abzielen. Dazu gehört beispielsweise ein möglichst kurzer Prognosezeitraum, der Verzicht auf Meldefristen bei der Beantragung der Leistungen, aber auch der Verzicht auf Meldepflichten bei Verbesserung des Gesundheitszustandes, Minderung der Berufsunfähigkeit oder Wieder­aufnahme einer beruflichen Tätigkeit. In der BU spielen abhängig von der jeweiligen Zielgruppe sicher auch die Regelungen zur Umorganisation des Arbeitsplatzes eine gewisse Rolle.

Was halten Sie denn von der Kombination einer betrieblichen Altersversorgung mit einer Grundfähigkeitsversicherung?

Mit Schreiben vom 19.02.2019 hat das Bundesfinanzministerium die Absicherung von Grundfähigkeiten als steuerlich zulässig im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung (bAV) erklärt.

Die Grundfähigkeitsversicherung in der bAV kann vor allem für Unternehmen interessant sein, die viele Mitarbeiter beschäftigen, die bei der Ausübung ihrer Tätigkeit auf ihre Grundfähigkeiten angewiesen sind. Das gilt naturgemäß in besonderem Maße für die Berufsgruppen, die einen hohen Anteil körperlicher Tätigkeit haben. Gegen-über einer BU dürfte die Möglichkeit, den Mitarbeitern eine preisgünstige Absicherung gegen Invalidität anzubieten, größer sein. Möglicherweise sind auch die Zugangsvoraussetzungen – sprich die Gesundheitsprüfungen – einfacher.

In der BU-Versicherung wird hie und da auch noch an der Bedingungsschraube gedreht. Uns scheint, es geht neben den Zielgruppen aktuell vor allem um die Nachversicherungsgarantie. Wie wichtig ist das Thema?

Grundsätzlich sind Nachversicherungsmöglichkeiten für die Kunden wichtig, denn sie ermöglichen in aller Regel die Erhöhung des Versicherungsschutzes ohne erneute Gesundheitsprüfung. Es kann also quasi der Gesundheitszustand bei Abschluss der Versicherung „eingefroren“ werden.

Allerdings sollte bei dem Thema immer berücksichtigt werden, dass die Ausübung der Nachversicherung bei allen Anbietern von teilweise sehr restriktiven Voraussetzungen abhängt. Grundsätzlich darf eine bestimmte Gesamthöhe der BU-Rente nicht überschritten werden, und diese muss in einer angemessenen Relation zum Brutto- oder Nettoeinkommen stehen. Auch die einzelne Erhöhung ist meist nach oben beschränkt, zum Beispiel auf 600 Euro oder vielleicht auch mal 1.200 Euro.

 
Ein Interview mit
Dr. Jörg Schulz