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12. Februar 2021
BU-Modelle: Rechtssicherheit aus Kundensicht ist entscheidend

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BU-Modelle: Rechtssicherheit aus Kundensicht ist entscheidend

Erwarten Sie, dass das Coronavirus bzw. Covid-19 mittel- oder langfristig einen Einfluss auf die Absicherungsmodelle haben wird?

Wir haben uns zu diesem Thema schon mit einigen Rückversicherern ausgetauscht und die vorherrschende Meinung war, dass bisher viel zu wenig Erkenntnisse über die tatsächlichen und vor allem langfristigen Auswirkungen von Corona vorliegen. Da bisher nur ein geringer Teil der positiv getesteten Personen überhaupt deutliche Symptome aufweist und dieser Personenkreis in der Regel auch noch eher betagt ist, kann man derzeit davon ausgehen, dass Corona kurzfristig kaum Auswirkungen auf die Anzahl der Leistungsfälle haben wird.

Auch die sogenannte Infektionsklausel greift an der Stelle ja gerade nicht, da es in allen bisher bekannten Fällen an der Erfüllung des sechsmonatigen Prognosezeitraums mangelt und zudem die Behörden ja auch kein individuelles Tätigkeitsverbot für einzelne Berufstätige aussprechen. Dem Koch eines coronabedingt geschlossenen Restaurants wird ja beispielsweise nicht verboten, dort weiter zu kochen und etwa einen Lieferservice zu bedienen.

Bedingungsanpassungen sind natürlich denkbar, ebenso Anpassungen in den Gesundheitsfragen, schon allein deshalb, weil sich die Versicherer gegen eventuelle Langzeitschäden absichern wollen. Wie sinnvoll dieses Vorgehen ist, bleibt jedoch fraglich, solange sich an der „Infektionsstruktur“ von Corona nichts Grundlegendes ändern sollte. Wenn ein heute über 50-Jähriger tatsächlich nach beispielsweise 15 Jahren Corona-Spätfolgen nachweisen kann, die auch zu einer bedingungsgemäßen Berufsunfähigkeit führen würden, dann dürfte allerdings sein Versicherungsschutz bereits ausgelaufen sein. Bei der gesamten Thematik sollte also auch immer die zeitliche Komponente in die Betrachtung einbezogen werden.

Zum Schluss noch ein kurzer Blick auf Dread Disease. Um die Schwere-Krankheiten-Versicherung ist es in letzter Zeit ruhiger geworden. Zu Unrecht?

Die Dread-Disease-Absicherung hat aus unserer Sicht den großen Nachteil, dass sie nur auf den ersten Blick leicht verständlich ist und eindeutig definierte Leistungsauslöser aufweist. Schaut man sich mal die Versicherungsbedingungen an, dann sieht man schnell, dass hier hohes medizinisches Fachwissen erforderlich ist, wenn man die Bedingungen verstehen und erst recht vergleichen möchte. Zudem dürfte für viele Interessenten unklar bleiben, dass beispielsweise Krebs nicht gleich Krebs ist. Wenn jemand, der die zunächst einmal vermutlich für ihn erschütternde Diagnose Krebs erhalten hat, dann dazu noch von seinem Versicherer erfährt, dass er aber „nicht genug Krebs“ hat, kann das zu Frust führen.

Aus Ihrer Sicht liegt das Problem dann also vor allem in der mangelnden Transparenz und der schweren Verständlichkeit?

Für die Dread-Disease-Versicherung gilt noch mehr als für die Grundfähigkeitsversicherung, dass die Anbieter an vielen Stellen die Definition der Leistungsauslöser überdenken und verständlicher gestalten sollten. Insgesamt sehen wir die Dread-Disease-Versicherung nicht als Ersatz im Bereich der Arbeitskraftabsicherung, sondern eher als komplementäres Produkt, beispielsweise in Ergänzung zu einer BU-Absicherung.

Welchen Eindruck haben Sie, wie Versicherungsmakler mit den Themen zurechtkommen?

Aufgrund der Komplexität der Arbeitskraftabsicherung besteht die Gefahr, dass Makler und Vermittler das Thema beim Kunden gar nicht erst ansprechen; gleichwohl ist der Bedarf immer noch groß.

Somit sind die Produktgeber gefordert, ihre Vertriebspartner intelligent zu unterstützen und ihre Produkte vor allem transparent zu gestalten.

Dieses Interview lesen Sie auch in AssCompact 02/2021, Seite 38 ff., und in unserem ePaper.

Bild: © MQ-Illustrations – stock.adobe.com

 
Ein Interview mit
Dr. Jörg Schulz