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5. Juli 2022
BU: Wann ist eine neu ausgeübte Tätigkeit eine Vergleichstätigkeit?

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BU: Wann ist eine neu ausgeübte Tätigkeit eine Vergleichstätigkeit?

Keine Kompensation

Auch eine Anstellung im öffentlichen Dienst des Freistaates Bayern könne dies nicht kompensieren, so das OLG. „Eine derart überhöhte abstrakte ‚Strahlkraft‘ des Freistaates Bayern als Arbeitgeber in einem Angestelltenverhältnis ist an harten Fakten nicht festzumachen … – der Umstand, dass öffentliche Arbeit­geber (Bund, Land, Kommunen, Gebietskörperschaften) auf dem Bewerbermarkt bei qualifizierten ‚Facharbeitern‘ bekanntermaßen keinen ‚Heimvorteil‘ besitzen und ihre Konkurrenzfähigkeit werbend her­ausstellen müssen, um den Personal­bedarf überhaupt annähernd dec­ken zu können, belegt eher das Gegenteil.“ (OLG Nürnberg)

Neue Definition „Lebensstellung“

In einem der beiden Verträge des Versicherten war zudem der Begriff „Lebensstellung“ ausnahmsweise ausdrücklich mit einer neuen Formulierung definiert: „Die Lebensstellung ergibt sich aus dem beruflichen Einkommen und der sozialen Wertschätzung des Berufs, wobei die andere Tätigkeit nicht der bisherigen Lebensstellung entspricht, wenn sowohl das Einkommen als auch die Wertschätzung der anderen Tätigkeit spürbar unter das Niveau des bislang ausgeübten Berufes absinkt.“ (Auszug § 7 Abs. 1 AVB)

Diese Klausel ist etwas missverständlich formuliert. Hinsichtlich der möglichen Interpretationsspielräume stellt das OLG nun klar, dass auch hier die bisherige Lebensstellung die Untergrenze für die Anforderungen an einen zumutbaren Vergleichsberuf definiert. Nur so kann die Klausel aus Sicht eines durchschnittlichen, um Verständnis bemühten Versicherungsnehmers bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstanden werden. Die Formulierung bedeutet demnach nicht, dass eine Verweisung nur dann möglich wäre, wenn entweder nur das Einkommen oder nur die soziale Wertschätzung sinkt.

Schlussfolgerung

Ob der Versicherungsnehmer im Einzelfall auf eine ausgeübte neue Tätigkeit verwiesen werden kann, richtet sich danach, ob und inwieweit seine durch den zuvor ausgeübten Beruf geprägte Lebensstellung noch gegeben oder unterschritten ist. Diese Verweisung bedarf einer Einzelfallprüfung und Abwägung.

Diesen Artikel lesen Sie auch in AssCompact 06/2022, S. 124 f., und in unserem ePaper.

Bild: © Wirestock Creators – stock.adobe.com

 
Ein Artikel von
Kathrin Pagel