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8. Mai 2020
Corona-Pandemie: Weiterhin Streit um Betriebsschließungsversicherung

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Corona-Pandemie: Weiterhin Streit um Betriebsschließungsversicherung

Betriebsschließungsversicherung und Kurzarbeitergeld?

Ein weiteres Problem tauchte auf, als bei Betrieben Schreiben von den Arbeitsagenturen eintrafen, in denen vermerkt war, dass das Bestehen einer Betriebsschließungsversicherung die Zahlung von Kurzarbeitergeld ausschließe. Die anfangs genannte verabredete Kulanzlösung basiert allerdings auf Berechnungen, in dem ein Großteil der Umsatzeinbußen über Kurzarbeitergeld aufgefangen wird. Gegenüber AssCompact hatte die Bundesagentur für Arbeit erklärt, dass es hier immer auf die individuelle Prüfung des Einzelfalls ankäme (AssCompact berichtete).

Rechtsanwalt Dr. Johannes Fiala und Peter A. Schramm, Sachverständiger für Versicherungsmathematik, wiesen am 27.04.2020 in einem Pressestatement daraufhin, dass Arbeitgeber bei Akzeptanz eines Vergleiches mit gleichzeitigem Verzicht auf den originären Anspruch aus der Betriebsschließungsversicherung bei Beantragung von Kurzarbeitergeld in die Bredouille geraten könnten. Die Zahlung von Kurzarbeitergeld sei eine subsidiäre, also nachrangige Sozialleistung des Staates.

Wer eine Betriebsschließungsversicherung habe, benötige für den versicherten Zeitraum kein Kurzarbeitergeld. Die Arbeitsagentur würde etwaige Leistungsansprüche aus dem Versicherungsvertrag verrechnen. Der Verzicht auf die volle Leistung zugunsten einer „freiwilligen Kulanzleistung“ zu Lasten des Staates sei ein Verstoß gegen die guten Sitten. Im schlimmsten Fall, so die beiden Autoren, müsse man von einem Subventionsbetrug ausgehen.

Nach Angaben von Rechtsanwalt Arne Podewils, Kanzlei mzs Rechtsanwälte, schaffe hier eine Weisung der Bundesagentur für Arbeit vom 28.04.2020 aber Klarheit. Zahlungen von Versicherern, auch anteilige, würden sich nicht leistungsmindernd auf das Kurzarbeitergeld auswirken, so die Aussage. Dabei sei es unerheblich, ob der Versicherer einen Rechtsanspruch auf die Leistung anerkannt habe oder nicht. Die Verunsicherung habe dazu geführt, dass betroffene Betriebe zunächst von einer weiteren Verfolgung des Versicherungsanspruches aus der Betriebsschließungsversicherung abgesehen hätte, so Podewils Hierfür bestehe nun aber kein Grund mehr. Er empfiehlt den Betroffenen, ihre Ansprüche gegen die Betriebsschließungsversicherung mit aller Konsequenz durchzusetzen.

GVNW will neue Pandemiedeckung zum Schutz der Wirtschaft

Wie stark die Klagewelle allerdings aussehen und welche Ergebnisse sie bringen wird, wird sich erst noch zeigen. In den sozialen Medien kursiert mittlerweile ein Video von Gastronomen, Schauspielern und Kabarettisten gegen die Versicherer. Starkoch Alfons Schuhbeck hat darin einen Gastauftritt. Die Beteiligten machen darin ihrem Ärger Luft und werfen den Versicherern vor, sie im Stich zu lassen.

Den Blick in die Zukunft richtet dagegen der Gesamtverband der versicherungsnehmenden Wirtschaft (GVNW) e.V.. Er fordert eine neue Pandemiedeckung zum Schutz der Wirtschaft. Es seien aus den Vorfällen die richtigen Schlüsse zu ziehen und Vorkehrungen zu treffen, um vergleichbare Situationen in Zukunft besser bewältigen zu können, ohne zuerst und ausschließlich auf den Steuerzahler zurückgreifen zu müssen. Der GVNW fordert, dass die private Versicherungswirtschaft zusammen mit staatlicher Unterstützung eine geeignete Struktur für die Absicherung zukünftiger Pandemierisiken aufbaut. Hierüber sollte dann zukünftig Versicherungsschutz gegen Pandemierisiken für Unternehmen leicht zugänglich sein und eine umfassende Deckung gegen die wirtschaftlichen Folgen einer erneuten Pandemie bieten. Eine solche Deckungsstruktur könnte zum Beispiel in Form eines Pandemie-Pools gestaltet werden. Hierfür gibt es international zahlreiche funktionierende Beispiele für die Abdeckung von Kumulrisiken – zum Beispiel bei Naturkatastrophen, Terrorrisiken oder speziellen Gefahren wie etwa Nuklearrisiken. (bh)

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Bild: © dbunn – stock.adobe.com

Anmerkung: Der Text wurde am 11.05.2020, 07:45 Uhr, ergänzt.

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