Interview mit Dr. Pero Mićić, Vorstandsvorsitzender der FutureManagementGroup AG
Herr Dr. Mićić, unsere Zeit ist von großer Unsicherheit geprägt. Die Deutschen sorgen sich um die Zukunft. Sind wir manchmal zu pessimistisch?
Es gab in der Welt noch nie so viele Chancen, die Lebensqualität der Menschen nachhaltig zu steigern. Sie sind zahlreicher als jemals in unserer Geschichte, aber sie sind nicht mehr so offensichtlich wie früher. In den vergangenen Jahrzehnten ist die Lebensqualität in fast allen Ländern dieser Erde immer weiter gestiegen. Weniger Menschen hungern, der Wohlstand ist höher, die Sterblichkeitsraten sind gesunken, die Zahl der Unfälle ist niedriger, weniger Opfer von Gewaltverbrechen. Das alles sehen wir in der Medienwirklichkeit selten. Wir sehen die Konflikte und Katastrophen und wir erfahren, was alles schiefgeht. Tatsächlich aber liegt vor uns eine Zeit, in der die Lebensqualität noch weiter steigen wird. Vor allem technologische Werkzeuge und Innovationen, dabei im Kern die künstliche Intelligenz, werden uns helfen, viele weitere Probleme zu lösen oder zu lindern und Chancen in Gesundheit, Energie, Mobilität und in praktisch allen Lebensbereichen zu nutzen. Auch der Klimawandel wird uns nicht umbringen.
Ist das alles absolut sicher? Nein, leider nicht. Weil wir Menschen kurzsichtig sind und deshalb immer neue Probleme erzeugen. Aber langfristig gesehen wird sich der Trend zunehmender Lebensqualität fortsetzen und die Welt immer lebenswerter werden. Es gibt also viele gute Gründe für realistischen Optimismus.
Aber Unsicherheiten und Instabilitäten verhindern zukunftsgerichtete Entscheidungen. Für Unternehmer ist das fatal. Wie kommt man da raus?
Ich formuliere die Frage mal so: Wie schafft man sich ein Gefühl innerer Gewissheit, dass die eigenen Entscheidungen und Strategien trotz aller Unsicherheiten richtig sind? Dafür braucht es ein klares äußeres Zukunftsbild und ein inneres Zukunftsbild. Das äußere Zukunftsbild ist ein klarer, realistischer Blick auf den Markt. Er besteht aus realistischen, weil immer wieder kritisch überprüften Annahmen über kommende Veränderungen im Kundenverhalten, im Wettbewerb und in den Produkten und Dienstleistungen. Es geht dabei nicht nur um das Wahrscheinliche, sondern auch um das potenziell Überraschende.
Das innere Zukunftsbild sollte im Kern bestehen aus einer motivierenden und realistischen Mission. Die Mission ist die Aufgabe, die ein Unternehmen dauerhaft für seine Kunden erfüllt. Eine Mission ist nicht einfach ein gut klingender Werbeslogan. Das ist ein häufiges und ärgerliches Missverständnis. Eine gut gemachte Mission besteht aus fünf Elementen:
1. dem persönlichen Antrieb: Welche Überzeugungen treiben uns an, dieses Geschäft zu betreiben? Wer aus Überzeugung arbeitet, hat mehr innere Gewissheit als der, der nur Geld verdienen will.
2. der Zielkundengruppe. Man muss klar vor Augen haben, für welche Kunden man alles tun will und für welche nicht.
3. dem Wirkungsversprechen: Welche emotionale Wirkung versprechen wir unseren Kunden?
4. dem Lösungsversprechen: Wie erzielen wir die versprochene Wirkung?
5. dem gesellschaftlichen Beitrag: Wie tragen wir dazu bei, dass die Welt besser wird?
Zusätzlich zur Mission braucht man eine Positionierung, mit der man sich für die Kunden einzigartig macht. Mit einer motivierenden und realistischen Mission und einer sinnvoll einzigartigen Positionierung ist es dann leicht, daraus eine Vision zu entwickeln.
Seite 1 Für Kunden: Lebensqualität, für Mitarbeiter: Gemeinsame Aufgabe
Seite 2 In Ihrem Buch beschreiben Sie acht Merkmale, die ein zukunftsfähiges Unternehmen ausmachen. Dabei heißt es auch, dass das Unternehmen nachhaltig die Lebensqualität der Kunden verbessern soll. Wie könnte so ein Zukunftsbild aussehen, beispielsweise übertragen auf die Finanz- und Versicherungswirtschaft?
Seite 3 Wenn wir über die Zukunft von Unternehmen reden, denken wir häufig zuerst an die Digitalisierung. Bleibt dies einer der wichtigsten Treiber?

- Zum Verfassen von Kommentaren bitte Anmelden oder Registrieren.