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Steuern & Recht
31. Juli 2017
Falschangabe des Vertreters bei Gesundheitsfragen

Falschangabe des Vertreters bei Gesundheitsfragen

Ein Versicherungsnehmer hat gegenüber dem Vertreter alle Vorerkrankungen angegeben. Der Vertreter gab diese allerdings teilweise nicht im schriftlichen Antrag an. Darf die Versicherung nun die Leistung verweigern?

Der Kläger hat im Vorgespräch mit seinem Versicherungsvertreter alle Arztbesuche angegeben, der daraufhin das Antragsformular mit den Gesundheitsfragen ausfüllte. In dem Formular war schriftlich verneint worden, dass der Arbeitnehmer in den letzten fünf Jahren einen Arzt aufgesucht hatte. Der Versicherungsnehmer hatte jedoch im angegebenen Zeitraum allein fünfmal innerhalb der letzten sieben Monate wegen Rückenbeschwerden seine Hausärztin konsultiert. Er arbeitete u. a. als Testfahrer für einen Automobilhersteller. Aufgrund der Rückenbeschwerden musste der Mann seinen Job schließlich aufgeben. Nach Eingang des Leistungsantrags studierte der Versicherer die Krankenakte und verweigerte die Leistung. Er unterstellte dem Versicherungsnehmer Arglist, da er bewusst Krankheiten bzw. eine radiologische Untersuchung verheimlicht habe. Daraufhin reichte der Mann Klage ein. Im Streitfall ging es um eine monatliche Rente von 1.300 Euro.

Begründung des Bundesgerichtshofs (BGH)

Laut BGH kann die Versicherung nicht geltend machen, dass der Versicherungsnehmer seine vorvertragliche Anzeigepflicht verletzt habe. Der Kläger habe bei seinem Vertreter mündlich auf seine Rückenbeschwerden und die Arztbesuche hingewiesen. Allerdings gab er an, dass bei den Untersuchungen nichts herausgekommen sei und die Ärzte ihn wie einen Simulanten behandelt haben. Die anschließende Beantwortung der Gesundheitsfragen ist vom Versicherungsvertreter eigenmächtig durchgeführt worden. Der BGH gab dem Kläger recht, sodass die Versicherung zur Zahlung verpflichtet ist. Dabei bezog sich der BGH in seinem Urteil auf die „Auge- und Ohr“-Rechtsprechung der letzten Jahre. Demzufolge steht der empfangsbevollmächtigte Vertreter bei Entgegennahme eines Versicherungsantrags dem Antragsteller als das Auge und Ohr des Versicherers gegenüber. Was dem Vertreter „mit Bezug auf die Antragstellung gesagt und vorgelegt wird, ist dem Versicherer gesagt und vorgelegt worden“, so die Richter des BGH. Sogar eine verschwiegene radiologische Untersuchung konnte keinen Rücktritt der Versicherung aufgrund Arglist verwirklichen. Dies deutet laut BGH darauf hin, dass der Vertreter “die unzutreffenden Angaben im Bewusstsein um die Risikorelevanz der vom Kläger gemachten Angaben aus eigenem wirtschaftlichen Interesse am Vertragsschluss machte.” Im Wissen, dass die Falschangaben dem Versicherten zum Nachteil werden können, füllte er den Gesundheitsbogen aus, um die Zahlung der Provision zu gewährleisten. (kk)

BGH, Urteil vom 05.07.2017, Az.: IV ZR 508/14