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8. April 2021
Finanzmarktforscher wollen BaFin vom Finanzministerium loseisen

Finanzmarktforscher wollen BaFin vom Finanzministerium loseisen

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) ist die wichtigste Finanzaufsicht in Deutschland. Zuletzt ist sie aber stark in die Kritik geraten. Experten des Leibniz-Instituts für Finanzmarktforschung SAFE schlagen nun eine Loslösung der BaFin vom Finanzministerium vor.

Der Fall des inzwischen insolventen Zahlungsdienstleisters Wirecard hat grundsätzliche Schwächen der deutschen Wertpapieraufsicht offengelegt. Auch im Zuge des Greensill-Skandals geriet die BaFin zuletzt in die Kritik. Um die Leistungsfähigkeit und die Glaubwürdigkeit der Finanzaufsicht zu stärken, schlagen Juristinnen und Finanzökonomen einem aktuellen White Paper des Leibniz-Instituts für Finanzmarktforschung SAFE vor, die BaFin aus der Weisungsabhängigkeit vom Bundesfinanzministerium zu lösen und sie stattdessen enger an den Deutschen Bundestag zu binden.

Klares Signal an die Kapital- und Finanzmärkte

„Die Neuaufstellung der BaFin als unabhängige Behörde wäre ein klares Signal an die Kapital- und Finanzmärkte in Deutschland und Europa und würde dem enormen Reputationsverlust nach Wirecard und aktuell nach der Insolvenz der Greensill Bank entgegenwirken“, sagt SAFE-Direktor Jan Pieter Krahnen, einer der Autoren des Papiers. „Die Umwandlung der BaFin in eine dem Parlament rechenschaftspflichtige Behörde ist ein wichtiger Schritt, um sicherzustellen, dass die Aufsicht effektiv und unparteilich ausgeübt wird. Damit wird nicht zuletzt das internationale Ansehen der BaFin gestärkt“, ergänzt Ann-Katrin Kaufhold, Professorin für Staats- und Verwaltungsrecht an der Ludwig-Maximilians-Universität München und ebenfalls Autorin des SAFE White Papers.

An internationalen Standards ausrichten

Konkret sieht der Reformvorschlag vor, das Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz (FinDAG) zu ändern, sodass die BaFin als Wertpapieraufsicht nicht länger durch das Bundesfinanzministerium beaufsichtigt wird. Die Wertpapieraufsicht soll demnach von Weisungen des Ministeriums entbunden werden, sowohl was Einzelfälle als auch allgemeine Weisungen im Bereich der Wertpapiermarktaufsicht betrifft. Um den Verlust an demokratischer Legitimation auszugleichen, der zwangsläufig mit einer Entkoppelung einhergehe, soll die BaFin dazu verpflichtet werden, dem Bundestag jährlich unmittelbar Bericht zu erstatten und Fragen von Abgeordneten zu diesen Berichten zu beantworten. Zweitens schlägt das SAFE-Paper vor, zwei internationale Vertreter anderer Wertpapieraufsichtsbehörden in den Verwaltungsrat der BaFin zu berufen.

Weisungsgebundenheit als Einfallstor für politische Einflussnahme

Die gegenwärtige Weisungsgebundenheit der BaFin ist nach Ansicht der Wissenschaftler ein Einfallstor für politische Einflussnahme, die den Zwecken der Wertpapieraufsicht zuwiderlaufe und die Glaubwürdigkeit der BaFin untergrabe. „Die Abschaffung des Weisungsrechts würde die Wertpapieraufsicht auf eine Stufe mit der Bankenaufsicht stellen, die in wichtigen Bereichen bereits unabhängig arbeitet“, sagt Jan Krahnen. (mh)

Bild: © nmann77 – stock.adobe.com

 

Leserkommentare

Comments

Gespeichert von Thorsten Geise… am 09. April 2021 - 08:50

Das die BAFIN nicht funktioniert, ist nicht erst seit den letzten Skandalen bekannt. Sie kümmert sich quasi um nichts - außer um die Dinge zu denen sie angewiesen wird.

Das Thema politische Einflussnahme ist ja auch nicht neu. Die schwerwiegenden Folgen spüren wir gerade jetzt.

An diesen Schlüsselpositionen sollten Fachleute sitzen, und keine Propaganda-Experten.

Ein vollständiger Wechsel aller 4 - 5 Jahre wäre auch ein Beitrag. Aber diese Forderungen stehen ja schon lange und werden genauso lange nicht gehört.

Und warum?

Dann schauen Sie sich die Karriere unserer "Eliten" an. Ohne Lobbyismus keine Changs! und Dr.-Titel nur gegen Geld und um eine Armee zu führen ist ein Kochkurs in Kombination mit Kosmetik wichtiger als strategische und militärische Kenntnisse.

Tja, Veränderungen tuhen weh. Aber ohne Veränderungen keine eigenständige Entwicklung.