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4. April 2019
Firmenkundengeschäft: Zukunftsszenarien in der Betriebshaftpflichtversicherung

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Firmenkundengeschäft: Zukunftsszenarien in der Betriebshaftpflichtversicherung

Neue Wege der Produktion

Aber nicht nur selbstfahrende Autos werden unser Leben revolutionieren. Auch additive Fertigungsverfahren bieten Chancen und stellen uns gleichzeitig vor spannende Herausforderungen. Bisher wurden Gegenstände über sogenannte subtraktive Verfahren hergestellt, also durch das Abtragen von Material – zum Beispiel beim Fräsen, Schleifen oder Verdampfen. Geändert hat das der 3-D-Druck: Hier wird das Produkt anhand einer elektronischen Skizze in Schichten aufgebaut. Das bringt zahlreiche Vorteile mit sich. Aufgrund des schichtgenerierenden Prinzips bestehen praktisch unbegrenzte Konstruktionsmöglichkeiten. Mit den bisherigen Verfahren waren viele komplexe Strukturen bisher nicht herstellbar. Nun können personalisierte Gegenstände einfach und schnell individuell produziert werden. Daneben sprechen mehrere wirtschaftliche Faktoren für den Einsatz dieser Technik: Die Prozessketten werden kürzer, die Herstellung beschleunigt, teure Werkzeuge nicht mehr benötigt und Lagerhaltungskosten werden, je nach Produkt, zum Teil drastisch reduziert.

Prothesen und Mahlzeiten drucken

Auch wenn es kaum vorstellbar ist – der 3-D-Druck ist im Bereich der Medizin längst angekommen. Das Verfahren erstellt bereits jetzt chirurgische Werkzeuge und Prothesen. Spannend ist das Thema 3-D-Bioprinting: Damit lassen sich – bislang nur im Versuchsstadium – unter anderem Organe und Gewebe nachbilden. Es ist jedoch nur eine Frage der Zeit, bis Forscher den ersten einsatzfähigen Prototypen testen. In der Nahrungsmittelindustrie hat die innovative Produktionsmethode ebenso Einzug gehalten. Neben beispielsweise „gedruckten“ Desserts in Erlebnisrestaurants liefert der 3-D-Druck einen wertvollen Beitrag in der Altenpflege. Bei Bewohnern von Alten- und Pflegeheimen kann er zum Beispiel Mangelernährung verhindern. Püriertes Essen wirkt oft unästhetisch und mindert die Lust an der Nahrungsaufnahme, speziell wenn die Geschmacks- und Geruchsnerven bereits eingeschränkt sind und Schluckbeschwerden bestehen. Der 3-D-Drucker erstellt Mahlzeiten, die das Auge ansprechen und trotz Erkrankungen problemlos aufgenommen werden können.

Haftungsrisiko in der IT

Und wer kommt bei Schäden auf, wenn ein Produkt aus dem 3-D-Druck fehlerhaft ist? Grundsätzlich unterliegt der Hersteller und damit der Betreiber des Druckers der Produkt- und Produzentenhaftung (ProdHaftG, §§ 823 f. BGB) – analog den Bestimmungen der „konventionellen“ Herstellung. Problem der Produkthaftung: Sie bezieht sich nur auf bewegliche Gegenstände. Wird also ein ganzes Haus im additiven Verfahren gedruckt, läuft die verschuldensunabhängige Haftung mitunter ins Leere. Interessant und wichtig in diesem Zusammenhang ist, dass auch der Urheber der Druckersoftware rechtlich als Hersteller zu werten ist. Bedeutet im Klartext: Kommt es zu einem Schaden durch ein 3-D-Druckerzeugnis, kann der Programmierer über den Regressweg in Verantwortung gezogen werden. Für ihn ergibt sich daher ein erheblicher Mehrbedarf im Versicherungsschutz, den der Vermittler zukünftig erkennen muss. Je nach programmiertem Erzeugnis ist hier an eine erweiterte Produkthaftpflichtversicherung und/oder eine Rückrufkostenversicherung zu denken.

Zukunftsrisiken einplanen

Werden Lungen im 3-D-Drucker produziert und übernimmt der Bordcomputer die Kontrolle über das Auto, lässt der richtige Versicherungsschutz oft Fragen offen: Welche Versicherung kommt bei Schäden auf? Welche Bedingungen muss die Police umfassen? Und was kann die Versicherungswirtschaft ethisch vertreten? Sicher ist: Die Versicherungsbranche muss sich schon heute Gedanken über die Entwicklung von Produkten für (über)morgen machen, um mit dem gesellschaftlichen und technischen Wandel mithalten zu können.

  • Den Artikel sowie weitere Artikel zum Thema finden sich in unserem E-Paper zur Sonderedition „Gewerbeversicherung“, das im Rahmen des AssCompact Gewerbe-Symposiums entstanden ist. Eine Zusammenfassung der Veranstaltung lesen Sie hier.