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5. Februar 2020
Honorarberatung: Es war mühsam, aber die beste Entscheidung

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Honorarberatung: Es war mühsam, aber die beste Entscheidung

Stefan Kemmler ist Honorar-Finanzanlagenberater sowie Geschäftsführer von RHEINPLAN in Köln. Der aus den Medien bekannte Spezialist für Vermögensverwaltung bietet im zweiten Teil des Interviews mit AssCompact einen Einblick in die Honorarberatung und die Glaskugel, die auf seinem Schreibtisch steht.

Herr Kemmler, wie gewährleisten Sie, dass Ihre Kunden einen guten Überblick über ihre Finanzen erhalten?

Der gesetzlichen Anforderung, umfassend Daten zu erheben, kommen wir natürlich nach. Unsere Mandanten erhalten in der Beratung eine eigens entwickelte Darstellung. Da diese sehr transparent und vor allem verständlich ist, bieten wir dem Anleger einen sehr guten Überblick über seine aktuelle und zukünftige finanzielle Situation. Zudem stellen wir den Mandanten unseren digitalen Vermögensmanager zur Verfügung. Das Ganze als App und Desktopversion. Damit gehören mühsam geführte Excel-Tabellen der Vergangenheit an. Da auch die Entwicklung der Geldanlage damit tagaktuell nachvollziehbar ist, ist die Geldanlage kein Buch mit sieben Siegeln mehr.

Sie beraten ausschließlich auf Honorarbasis. Wieso haben Sie sich dazu entschlossen?

Ich bin, wie die meisten Honorarberater, im Provisionsmodell groß geworden. Mir kam oft der Gedanke, dass sich bei den errechneten Renten aus Versicherungen doch kaum einer „richtige“ Altersvorsorge leisten kann. Klar hat man sich über entsprechende Provisionsabrechnungen gefreut. Zeitgleich hoffte man aber, dass der Kunde sich bei dem Erhalt der Jahresmitteilungen nicht meldet – auch wenn es bekannt ist, dass man insbesondere in den ersten Jahren im Minus ist. Auch habe ich Provisionszahlungen mit den Honoraren von Steuerberatern verglichen. Das empfand ich irgendwie unverhältnismäßig und stellte mir die Frage: Was wäre, wenn ich pro Kunde „nur“ so viel wie ein Steuerberater verdienen würde? Den ausschlaggebenden Punkt brachte die Ausarbeitung des neuen Corporate Designs meines Unternehmens. Die umfassende Analyse der Designagentur, mit dem bekannten Blick von außen, führte mich zu einer enormen Selbstreflexion. Dies nahm ich zum Anlass, mich intensiv mit Kosten und Anlagestrategien abseits des „Einheitsbreis“ auseinanderzusetzen. Ab da war für mich klar, ich gehe ab sofort einen neuen Weg. Also stellte ich mein komplettes Geschäftsmodell auf Honorarberatung um. Es war mühsam, aber eine bessere Entscheidung hätte ich nicht treffen können. So kann ich sagen, dass ich wirklich ein Finanzberater bin. Ich kann ergebnisoffen und ohne Interessenkonflikte beraten. Dadurch bin ich kein Finanzverkäufer mehr. Das sind ausnahmslos alle, die Provisionen erhalten. Jetzt in jeder Hinsicht unabhängig zu sein, ist ein schönes Gefühl.

Die Honorarberatung ist in Medien und Politik gern gesehen, aber bleibt immer noch eine Ausnahmeerscheinung. Wie könnte man diesen Beratungsansatz populärer machen bzw. ihm zum Erfolg verhelfen?

Hier ist natürlich zwischen Verbrauchern und Vermittlern zu differenzieren. Auf der Verbraucherseite würde eine höhere Nachfrage entstehen, wenn wirklich verstanden würde, was mit dem Geld passiert und wie hoch die wahren Kosten sind. Die aktuellen Verbraucherinformationen sind für den Laien schwierig zu bewerten. Ganz davon abgesehen, dass sie irgendwo im Kleingedruckten stehen. Es müsste direkt auf Seite 1 die nackte Wahrheit zu finden sein, ohne dass der Kunde suchen und selbst Berechnungen anstellen muss. Beispielsweise: „Die gesamten Kosten betragen X-Tausend Euro. Davon bekommt Ihr Vermittler X Euro. Die Anlagestrategie basiert auf Spekulation.“ Ich glaube, dann unterschreibt man nicht so schnell bei dem ach so sympathischen Vermittler. Gleiches gilt für die Jahresmitteilungen. Das Thema Finanzen ist aber bekanntermaßen unliebsam. In der Schule lernen wir es nicht und wollen es daher schnell vom Tisch haben. Daher plädiere ich für Finanzbildung bereits in der Schule. Wissen auf Verbraucherseite würde der Vertriebsmaschinerie den Garaus machen. Bei Vermittlern herrscht ebenfalls enormes Unwissen, woraus sich viele unsinnige Vorbehalte entwickeln. Mein gesamtes Wissen habe ich mir selbst mit viel Literatur, Seminaren und Austauschgesprächen angeeignet. Das sollte fester Bestandteil der Ausbildung für Berater/Vermittler sein, bevor man überhaupt auf den Kunden losgelassen wird. Mit anderen Worten: fundierte Ausbildung statt einfache Vertriebsschulung. Da sind natürlich die Erlaubnisbehörden am Zug. So sind wir wieder bei der Politik, die am Ende das Provisionsverbot verabschieden sollte. Ohne harten Schnitt wird es in meinen Augen sehr mühsam und langwierig. Leider werden bis dahin noch viele Anleger teures Lehrgeld bezahlen. Der Sprung ins kalte Wasser wäre meines Erachtens der beste Weg.

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Ein Artikel von
Stefan Kemmler