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26. November 2021
Industrieversicherung: Deutliche Verbesserung nicht in Sicht

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Industrieversicherung: Deutliche Verbesserung nicht in Sicht

Die Situation für die Unternehmen bleibt herausfordernd. Die Probleme in der D&O- und in der Cybersparte haben sich nach Einschätzung der versicherungsnehmenden Wirtschaft kaum geändert. Zudem nehmen ihre Risiken in einer global vernetzten Wirtschaft immer weiter zu.

Interview mit Dr. Alexander Mahnke, Vorstandsvorsitzender des GVNW e. V.
Herr Dr. Mahnke, Sie haben zuletzt bei den Vertragsverlängerungen die Kommunikation mit den Industrieversicherern kritisiert. Wurde Ihre Kritik dort gehört?

Unsere Kritik aus dem letzten Jahr wurde von den Versicherern sehr wohl gehört und es ist uns als Verband gelungen, in der ersten Jahreshälfte eine Reihe von Gesprächen zwischen uns und unseren Mitgliedern mit diversen Vorständen namhafter Industrieversicherungen durchzuführen. In diesen Diskussionen haben wir deutlich eine kritische Selbstwahrnehmung der Risiko­träger registriert, was uns Anlass zur Hoffnung gegeben hat, dass die zum Jahresende anstehenden Prolongationen besser verlaufen würden.

Leider hören wir derzeit aus unserer Mitgliederschaft, dass dies nicht der Fall ist. Verbesserung sehen wir zwar insoweit, als frühzeitiger über einen Anpassungsbedarf bei den infrage stehenden Versicherungsdeckungen gesprochen wird. Trotzdem erhalten viele unserer Mitgliedsunternehmen erst sehr kurz vor Ablauf ihrer Kündigungsfristen von ihren Versicherern verbindliche Angebote. Dabei wird eben nicht berücksichtigt, dass Verlängerungsangebote zunächst geprüft und unternehmensintern durch Genehmigungsprozesse laufen müssen und eben nicht kurzfristig angenommen werden können. Die Folge ist, dass es bei vielen Verträgen – völlig unnötig – wieder zur Verkürzung von Kündigungsfristen kommt, und dies, obwohl die meisten unserer Mitglieder ihren Prolongationsprozess in diesem Jahr noch früher angestoßen haben als in den Vorjahren.

Hinzu kommt der Eindruck, dass bei vielen Versicherern auf Ebene des Underwritings keine Entscheidungen mehr getroffen werden, also viele Entscheidungsprozesse bei den Versicherern in die Leitungsebene eskaliert werden müssen. Ob dies daran liegt, dass die Underwriter nicht entscheiden dürfen, wollen oder können, vermögen wir nicht zu sagen.

Sie sagen, Sie wollen, dass die Versicherer auskömmliche Prämien erhalten und wirtschaftlich arbeiten sollen, beklagen aber auch die Preissteigerungen und Kapazitätsreduzierungen in den vergangenen Monaten. Geht beides überhaupt zusammen?

Jedes Unternehmen hat das Ziel, kostendeckend und gewinnorientiert zu arbeiten. Es geht aber um die Art und Weise, wie sich die Marktteilnehmer verhalten. Die Zyklen zwischen sogenanntem „weichen“ und „harten“ Markt sind ja nichts völlig Neues, die Geschichte wiederholt sich hier.

Neu ist aber, dass Nachlässigkeiten der Versicherer, zum Beispiel bei der Einschätzung und Bepreisung von Risiken, die sich über einen längeren Zeitraum zu Verlusten aufgebaut haben, von heute auf morgen korrigiert werden sollen. Und da haken wir ein. Jede Veränderung auf der Kostenseite eines Unternehmens muss in den eigenen Planungsprozessen verarbeitet werden, deswegen fordern wir Transparenz, Verlässlichkeit und vor allem Planungssicherheit. Bei guten bis sehr guten Schadenverläufen sind zweistellige Prämienerhöhungen nur schwer zu vermitteln, gerade auch wenn die eigene Risikoqualität als gut zu bewerten ist. Es gilt, das Maß nicht aus den Augen zu verlieren und den Zeithorizont für notwendige Anpassungen vernünftig zu gestalten.

Was erwarten Sie dann für das nächste Jahr?

Wie schon erwähnt, ist die Situation für viele unserer Mitglieder aktuell so herausfordernd wie im letzten Jahr. Insbesondere in den Sparten D&O und Cyber, für einige Branchen aber auch bei ihren Haftpflicht- und Rückrufkostenversicherungen wird die Situation auf absehbare Zeit weiter schwierig bleiben. Eine deutliche Verbesserung ist nach unserer Einschätzung nicht in Sicht.

Für nächstes Jahr erwarten wir marktübergreifend eine grundsätzliche Stabilisierung, wenngleich die Risiken aus Naturkatastrophen – nicht nur die aus Deutschland – den Druck auf die Versicherungen von Elementargefahren hoch halten.

 
Ein Interview mit
Dr. Alexander Mahnke