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17. April 2020
Iron Man auf Rezept? Exoskelett als orthopädisches Hilfsmittel

Iron Man auf Rezept? Exoskelett als orthopädisches Hilfsmittel

Ist eine Krankenversicherung unabhängig von den Kosten verpflichtet orthopädische Hilfsmittel zu bezahlen, die einem Gelähmten wieder rudimentäres Stehen und Gehen ermöglichen? In einem vor dem LSG Nordhein-Westfalen verhandelten Fall sieht es vorerst vielversprechend für einen gelähmten Mann aus.

Es wird wohl etwas spektakulärer aussehen als in dem zugehörigen Artikelbild, aber ein Iron Man ist man deshalb noch lange nicht: Das Exoskelett, mit dessen Hilfe Querschnittsgelähmte wieder selbstständig stehen und gehen können sollen. Natürlich ist ein derart fortschrittliches orthopädisches Hilfsmittel aber nicht kostengünstig zu haben. Somit stellt sich immer wieder die Frage, welche Beträge für ein Hilfsmittel noch von den Krankenkassen übernommen werden müssen. In einem solchen Fall musste nun das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen ein Urteil fällen.

Krankenkasse lehnt Kostenübernahme ab

Ein Mann, der seit einem Verkehrsunfall querschnittsgelähmt ist, beantragte 2016 ein Exoskelett, welches ihm ermöglichen sollte, wieder eigenständig zu stehen und zu gehen. Für das Hilfsmittel konnte er auch eine ärztliche Verordnung vorweisen. Seine Krankenkasse weigerte sich jedoch, die Kosten für das Exoskelett zu übernehmen, die sich auf ungefähr 100.000 Euro belaufen sollten.

Prozessverlauf

Daraufhin legte der Mann Widerruf bei der Krankenkasse ein und als das nichts half, klagte er gegen seinen Krankenversicherer vor dem Sozialgericht. Dieses urteilte jedoch zugunsten der Krankenkasse. Im von ihm angestrebten Berufungsverfahren vor dem LSG Nordrhein-Westfalen sah es jedoch anders aus.

Exoskelett dient dem unmittelbaren Behinderungsausgleich

Das LSG gab der Klage des Mannes statt und verurteilte die Krankenkasse zur Kostenübernahme. Der Gelähmte habe laut § 33 SGB V einen Anspruch auf unmittelbaren Behinderungsausgleich. Das Exoskelett sei hierfür ein geeignetes orthopädisches Hilfsmittel. Im Vordergrund stehe die Ermöglichung von Gehen und Stehen. Diese Funktionen der Beine, die durch den körperlichen Schaden verloren gingen, können mithilfe des Exoskeletts teilweise ausgeglichen werden.

Revision vor dem BSG möglich

Die gesetzliche Krankenkasse des Mannes muss folglich die Kosten für das Exoskelett übernehmen. Auf der zugehörigen Fernbedienung kann der Gelähmte dann auswählen, ob er gehen oder stehen möchte und die Bewegung des Exoskeletts durch Gewichtsverlagerung seines Oberkörpers auslösen. Ob ihm diese wiedergewonnene Lebensqualität jedoch wirklich zuteilwird, ist noch nicht endgültig geklärt. Die Revision vor dem Bundessozialgericht ist möglich. (tku)

LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 27.02.2020, Az.: L 5 KR 675/19

Bild: © Chudakov – stock.adobe.com