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21. August 2020
Keine Gemeinnützigkeit bei unverhältnismäßig hohem Gehalt

Keine Gemeinnützigkeit bei unverhältnismäßig hohem Gehalt

Bei unverhältnismäßig hohen Geschäftsführergehältern kann einer Gesellschaft die Gemeinnützigkeit aberkannt werden, sofern der Bagatellvorbehalt nicht greift. Das geht aus einem wegweisenden Urteil des BFH hervor. Das Gericht präzisiert darin auch die Bestimmung von unverhältnismäßig hohen Bezügen.

Wenn eine gemeinnützige Körperschaft ihrem Geschäftsführer eine unverhältnismäßige Vergütung gewährt, kann das zum Entzug der Gemeinnützigkeit führen. Doch ab wann ist so ein Gehalt unverhältnismäßig? Das musste der Bundesfinanzhof (BFH) in einem Fall entscheiden, in dem ein Betrieb, der in der Gesundheits- und Sozialbranche tätig ist, seinem Geschäftsführer ein stattliches Entgelt bezahlte.

280.000 Euro Jahresgehalt für Geschäftsführer

Bei der gemeinnützigen GmbH (gGmbH) handelt es sich um einen Dienstleister, der hauptsächlich in der psychiatrischen Arbeit tätig ist. Das Unternehmen errichtet, betreibt, saniert, übernimmt und berät Kliniken und ähnliche Einrichtungen. Für den Zeitraum von 2005 bis 2010 versagte das Finanzamt der Gesellschaft die Gemeinnützigkeit. Die Behörde begründete das mit den unangemessen hohen Geschäftsführerbezügen, die im Jahre 2010 auf über 280.000 Euro pro Jahr angewachsen waren. Die Gesellschaft erhob Klage gegen die Aberkennung.

BFH hebt Urteil nur teilweise auf

Das Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern hatte die Klage abgewiesen und dem Finanzamt Recht gegeben. Im Revisionsverfahren vor dem Bundesfinanzhof wurde diese Entscheidung größtenteils bekräftigt. In den Streitjahren 2006 und 2007 erkannten die Bundesrichter der Gesellschaft jedoch die Gemeinnützigkeit zu, da die Angemessenheitsgrenze nur geringfügig überschritten wurde bzw. die Behörde die Prüfung nicht ordnungsgemäß durchgeführt hatte.

Prüfung der Angemessenheit

Doch ab wann ist eine Vergütung nun unangemessen? Gemäß der Urteilsbegründung des BFH muss zur Angemessenheitsprüfung ein sogenannter Fremdvergleich vorgenommen werden. Als Basis dafür können allgemeine Gehaltsstrukturuntersuchungen dienen, die alle Wirtschaftsunternehmen analysieren – eine Eingrenzung auf gemeinnützige Organisationen ist nicht angemessen. Hier ist nun eine Bandbreite an angemessenen Geschäftsführergehältern zu definieren. Wenn ein Gehalt den oberen Rand dieser Bandbreite um mehr als 20% übersteigt, liegt eine unangemessene Vergütung vor.

Bagatellvorbehalt zu berücksichtigen

Doch selbst dann ist einer Körperschaft die Gemeinnützigkeit nicht sofort zu entziehen. Wie das Gericht erläutert, muss selbst dann noch festgestellt werden, dass es sich nicht lediglich um einen geringfügigen Verstoß gegen das Mittelverwendungsgebot handelt. Andernfalls wäre es unverhältnismäßig (Bagatellvorbehalt), einem kompletten Unternehmen mit Millionenumsatz die Gemeinnützigkeit zu entziehen, nur weil das Gehalt des Geschäftsführers die Angemessenheitsgrenze knapp überschritten hat. (tku)

BFH, Urteil vom 12.03.2020, Az.: V ZR 5/17

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