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25. März 2020
Keine Verschwiegenheitspflicht gegenüber dem Versicherer

Keine Verschwiegenheitspflicht gegenüber dem Versicherer

Ein Rechtsanwalt kann gegenüber dem Rechtsschutzversicherer seines Mandanten nicht die Auskunft verweigern, auch wenn er nicht explizit von seiner Schweigepflicht entbunden wurde. Schlüssiges Verhalten vonseiten des Mandanten kann hierfür ausreichend sein, entschied der BGH in einem aktuellen Urteil.

Rechtsanwälte unterliegen ihren Mandanten gegenüber der Verschwiegenheitspflicht gemäß § 43a Abs. 2 BRAO. Doch wie sieht es aus, wenn ein Anwalt die Abrechnung eines gewonnenen Falls mit dem Rechtsschutzversicherer seines Mandanten abwickeln möchte? Darf der Anwalt dann Auskunft über den Stand des Verfahrens erteilen oder wiegt die Verschwiegenheitspflicht schwerer? Dazu musste vor Kurzem der Bundesgerichtshof (BGH) ein abschließendes Urteil fällen.

Kostenvorschüsse durch den Rechtsschutzversicherer

Dabei ging es um einen Anwalt, der von seinem Mandanten beauftragt wurde, Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall geltend zu machen. Die außergerichtliche und gerichtliche Tätigkeit des Anwalts wurde von der Rechtsschutzversicherung des Mandanten vorgestreckt.

Erstattung ohne weitere Informationen

Nachdem der Rechtsschutzversicherer bereits über 2.860 Euro an Kostenvorschüssen geleistet hatte, erhielt er ohne Erklärung einen Beitrag von über 1.300 Euro von der Anwaltssozietät des mandatierten Rechtsanwalts zurückerstattet.

Anwalt erteilt keine Auskunft

Daraufhin richtete der Versicherer eine schriftliche Anfrage an den Rechtsanwalt, um den Sachstand des Verfahrens festzustellen, erhielt darauf jedoch keine Antwort. Als der Versicherer seinerseits Rechtsanwälte beauftragte, eine Auskunft einzufordern, lehnte der aufgeforderte Anwalt die Auskunftserteilung schriftlich ab. Daraufhin klagte der Versicherer gegen die Anwaltssozietät.

Vorgerichtliche Anwaltskosten weiterhin strittig

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht machte die beklagte Sozietät Angaben zum Stand des Verfahrens, wodurch das Auskunftsbegehren hinfällig wurde. Der Versicherer begehrte jedoch weiterhin die Übernahme seiner vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten. Das Amtsgericht entschied zugunsten des Versicherers und verurteilte die Sozietät zur Kostenübernahme. Diese legte jedoch Berufung ein.

Weiterer Prozessverlauf

Vor dem Landgericht hatte die Anwaltssozietät auch keinen Erfolg. Sie betrieb im Weiteren jedoch ein Revisionsverfahren bis vor den BGH, welcher nun ein letztinstanzliches Urteil zu fällen hatte.

BGH sieht konkludentes Verhalten

Der BGH entschied allerdings ebenfalls im Sinne der Anklage und verurteilte die Sozietät zur Zahlung der vorgerichtlichen Anwaltskosten. Der Rechtsanwalt unterläge gegenüber dem Rechtsschutzversicherer nicht mehr der Verschwiegenheitspflicht, wenn es um den Sachstand im Verfahren gehe. Der Mandant habe seinen Anwalt zwar nicht ausdrücklich von der Schweigepflicht entbunden, aber dies durch konkludentes Verhalten veranlasst.

Befreiung von der Schweigpflicht durch konkludentes Verhalten

Da der Versicherer im Einverständnis mit dem Mandanten einen Prozess vorfinanziert habe und dem Anwalt auch den Schriftverkehr mit dem Versicherer überlassen habe, ergibt sich, dass der Anwalt logischerweise auch von der Schweigepflicht bezüglich der Abrechnung entbunden sei. Somit habe der Mandant seinen Anwalt durch schlüssiges Verhalten von der Schweigepflicht befreit, entschied das Gericht. Der Anwalt hatte folglich nicht das Recht, die Auskunft zu verweigern und muss die vorgerichtlichen Anwaltskosten des Versicherers übernehmen. (tku)

BGH, Urteil vom 13.02.2020, Az.: IX ZR 90/19

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