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9. November 2025
Kürzt der Bezug von BU-Leistungen das Arbeitslosengeld?
Kürzt der Bezug von BU-Leistungen das Arbeitslosengeld?

Kürzt der Bezug von BU-Leistungen das Arbeitslosengeld?

Versicherte stellen sich häufig die Frage, ob der Erhalt von Leistungen aus dem „Sozialsystem“ dazu führen kann, dass Ansprüche aus einer BU gekürzt werden können. Mindert der Bezug der BU-Rente den Anspruch auf Arbeitslosengeld oder schließt er es sogar aus? Diese Frage erläutert Rechtsexperte Björn Thorben M. Jöhnke in seiner aktuellen BU-Kolumne.

Ein Artikel von Björn Thorben M. Jöhnke, Fachanwalt für Versicherungsrecht und Partner der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte

Die Berufsunfähigkeitsrente ist eine private Versicherungsleistung, die von einer Berufsunfähigkeitsversicherung gezahlt wird. In der Regel ist im Fall einer Berufsunfähigkeit auch eine Beitragsbefreiung mitversichert, so dass die Prämien für die Berufsunfähigkeitsversicherung für die Zeit der Berufsunfähigkeit übernommen werden. Die Berufsunfähigkeitsversicherung tritt erst dann ein, wenn die versicherte Person aufgrund einer Krankheit oder eines Unfalls nicht mehr in der Lage ist, ihren zuletzt in gesunden Tagen konkret ausgeübten Beruf zu mindestens 50% auszuüben. Dies ist zugleich auch der gravierendste Unterschied zum Arbeitslosengeld, welches nur bei einem Verlust des Arbeitsplatzes gezahlt wird, was nicht unbedingt mit einer Erkrankung zusammenhängen muss, aber natürlich auch kann.

Was ist das Arbeitslosengeld?

Das gesetzliche Arbeitslosengeld I (ALG-I) wird von der Agentur für Arbeit gezahlt und dient der finanziellen Überbrückung für arbeitslose Personen. Voraussetzung ist ein Verlust des Arbeitsplatzes und die Erfüllung einer Anwartschaftszeit (meist 12 Monate versicherungspflichtige Beschäftigung in den letzten 2 Jahren). Es wird grundsätzlich gezahlt, wenn jemand arbeitslos ist, sich jedoch bemüht, eine neue Arbeit zu finden und überhaupt in der Lage ist, mindestens 15 Stunden pro Woche zu arbeiten.

Unterschieden werden muss das ALG-I von dem Bürgergeld (ehemals Arbeitslosengeld II). Das Bürgergeld ist eine Sozialleistung, die das Existenzminimum sichert, während Arbeitslosengeld auf der Grundlage des versicherungspflichtigen Einkommens vor der Arbeitslosigkeit berechnet wird. Allerdings können beide Leistungen – also Arbeitslosengeld und Bürgergeld – gleichzeitig bezogen werden, wenn die ALG-I-Leistungen nicht für den Lebensunterhalt und die Unterhaltskosten ausreichen. In diesem Fall kann auch ergänzend Bürgergeld bezogen werden.

Beeinflusst die BU-Rente das Arbeitslosengeld?

Hierfür muss zunächst der Charakter der Berufsunfähigkeitsrente dargestellt werden. Die private Berufsunfähigkeitsversicherung ist eine sog. Summenversicherung und keine Schadenversicherung. Dies bedeutet, dass ein Bereicherungsverbot für die Berufsunfähigkeitsversicherung nicht gilt. Im Leistungsfall wird also die Summe gezahlt, die vereinbart wurde, ohne jedwede Kürzungen. Zu beachten ist jedoch, dass bei einem für die Verweisbarkeit des Versicherungsnehmers auf eine neue berufliche Tätigkeit gebotenen Einkommensvergleich auch der Erhalt von Arbeitslosengeld I zu berücksichtigen sein kann (BGH v. 08.02.2012 – IV ZR 287/10).

Das Arbeitslosengeld hingegen wird nur dann gekürzt, wenn der Versicherte mehr als 165 Euro aus einer Erwerbstätigkeit bezieht. Allerdings stellt eine private Berufsunfähigkeitsrente kein Einkommen dar, da ihr keine Erwerbstätigkeit zugrunde liegt (BGH v. 15.11.2007 – IX ZB 99/05).

Mittelbarer Einfluss auf die BU-Rente möglich

Die Berufsunfähigkeitsrente hat also keinen Einfluss auf das Arbeitslosengeld, aber andersherum kann das Arbeitslosengeld I in Einzelfällen mittelbar Einfluss auf die BU-Rente haben (siehe oben). Allerdings muss der Arbeitslose der Agentur für Arbeit gegenüber nachweisen, dass er trotz einer Berufsunfähigkeit noch in der Lage ist, einer beruflichen Tätigkeit nachzugehen, um einen Anspruch auf Arbeitslosengeld zu behalten. Dieser Aspekt widerspricht auch nicht dem Prinzip der Berufsunfähigkeitsversicherung. Denn um einen Anspruch auf BU-Leistungen zu haben, muss der Versicherungsnehmer „nur“ zu mindestens 50% berufsunfähig sein. Das bedeutet jedoch, dass der Versicherte durchaus noch einer Tätigkeit nachgehen und dem Arbeitsmarkt grundsätzlich zur Verfügung stehen kann. Steht man allerdings aufgrund einer Krankheit nicht mehr dem Arbeitsmarkt zur Verfügung, besteht in der Regel kein Anspruch auf ALG I. In einem solchen Fall müsste der Betroffene stattdessen eine Erwerbsminderungsrente beantragen. Die Wechselwirkungen zwischen einer gesetzlichen Erwerbsminderungsrente und BU-Leistungen wurden ebenso bereits ausführlich dargestellt.

Ausnahme: Bürgergeld (ehem. Arbeitslosengeld II) und Grundsicherung

Anders liegt der Sachverhalt beim Bürgergeld und der Grundsicherung. Denn hierbei werden alle Einnahmen in Geld oder geldwerter Leistung ohne Rücksicht auf ihre Herkunft angerechnet. Hierunter fallen beispielsweise auch Rentenleistungen aus einer privaten Berufsunfähigkeitsversicherung. Hat ein Versicherungsnehmer Anspruch auf Bürgergeld, dann wird demnach die private BU-Rente entsprechend angerechnet.

Fazit und Hinweise

Die Berufsunfähigkeitsrente und das Arbeitslosengeld sind eigenständige Leistungen, die sich in ihren Voraussetzungen grundlegend unterscheiden. Während die BU-Rente unabhängig von dem ALG-I gezahlt wird, bestehen zwischen Bürgergeld und BU-Rente klare Wechselwirkungen. Aus diesem Grunde sollte eine Berufsunfähigkeitsabsicherung in jedem Fall in ihrer Deckungshöhe über den grundlegenden Sozialleistungen liegen, damit der Versicherte im Leistungsfall bessergestellt wird und nicht zwingend von Sozialleistungen abhängig ist, bei welchen die BU-Rente im Einzelfall auch noch angerechnet werden kann.

Weitere lesenswerte Beiträge zur Berufsunfähigkeitsversicherung sind nachstehend zu finden: Berufsunfähigkeitsversicherung.

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