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2. Februar 2021
Lebensversicherer: Geringere Überschussbeteiligung trotz Gewinn?
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Lebensversicherer: Geringere Überschussbeteiligung trotz Gewinn?

Dürfen Versicherer die Überschussbeteiligung von Versicherungsnehmern senken, um einen vorgeschriebenen Sicherungsbedarf zu decken, während sie gleichzeitig Gewinne an ihren Mutterkonzern abführen? Das musste der BGH in einem Fall entscheiden, in dem die Beteiligung eines Versicherten fast halbiert wurde.

Versicherungsnehmer müssen nach § 153 VVG an Überschüssen und Bewertungsreserven des Versicherers beteiligt werden, es sei denn, eine Überschussbeteiligung wurde ausdrücklich ausgeschlossen. Ist so eine Überschussbeteiligung nicht ausgeschlossen, darf der Versicherer seinen Überschuss bzw. seine Bewertungsreserven nicht dadurch senken, dass er beispielsweise die Dividendenzahlungen an seine Aktionäre erhöht. Er unterliegt dem sogenannten Ausschüttungsverbot. Wie sieht es jedoch aus, wenn der Konzern das Geld zwischen seinen einzelnen Gesellschaften neu verteilt?

Überschussbeteiligung sinkt dramatisch

Ein Versicherungsnehmer hatte die Vermutung, dass sein Versicherer gegen dieses Ausschüttungsverbot verstoßen habe. Ihm war 2010 von der Allianz-Lebensversicherungs AG noch eine Überschussbeteiligung von mehr als 11.300 Euro in Aussicht gestellt worden. 2014, mit Ablauf seiner kapitalbildenden Lebensversicherung, wurde ihm aber lediglich eine Beteiligung an den Bewertungsreserven in Höhe von knapp 6.400 Euro zuerkannt.

Gewinnabführung an Mutterkonzern

Auf Nachfrage erklärte das Versicherungsunternehmen, dass die auszuzahlende Beteiligung durch das in Kraft getretene Lebensversicherungsreformgesetz zu Lasten der Versicherungsnehmer begrenzt werden müsse. Das Unternehmen habe entsprechend der darin enthaltenen Vorgaben einen höheren Sicherungsbedarf ermittelt und anteilig Bewertungsreserven einbehalten. Doch das Unternehmen erzielte zu dem Zeitpunkt Gewinne, die wiederum nicht genutzt wurden, um den Sicherungsbedarf zu decken, sondern gemäß eines Gewinnabführungsvertrags an die Muttergesellschaft abgeführt wurden.

Verstoß gegen das Ausschüttungsverbot?

Dagegen klagte der Versicherungsnehmer. Seiner Ansicht nach handele es sich bei der Gewinnabführung um einen Verstoß gegen das Ausschüttungsverbot. Schließlich würde seine Beteiligung an den Bewertungsreserven und Überschüssen geschmälert, während das Unternehmen seine Gewinne an den Mutterkonzern abführt. Vor dem Landgericht Stuttgart bekam er zunächst recht, doch vor dem Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart wurde seine Klage abgewiesen (AssCompact berichtete).

Gewinnabführung ≠ Gewinnausschüttung

In letzter Instanz urteilte der Bundesgerichtshof (BGH) nun im Sinne der Allianz-Lebensversicherungs AG. Der Versicherungsnehmer habe zwar einen Anspruch auf Beteiligung an den Bewertungsreserven und den Überschüssen des Versicherers, aber bei der Gewinnabführung an eine Muttergesellschaft handele es sich nicht um einen Bilanzgewinn. Das Unternehmen habe folglich nicht gegen das Ausschüttungsverbot verstoßen, da es sich bei einer Verlagerung von Vermögen innerhalb eines Konzerns nicht um einen Vorgang handelt, der mit der Gewinnausschüttung an Aktionäre gleichzusetzen ist. Während das ausgeschüttete Kapital dem Unternehmen entzogen werde, bleibe der abgeführte Gewinn an den Mutterkonzern für die Tochtergesellschaft weiterhin eingeschränkt verfügbar. (tku)

BGH, Urteil vom 20.01.2021 – IV ZR 318/19

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