Wie lange kann ein Vermieter Schadensersatzansprüche aus einem Gewerbemietvertrag geltend machen und wann sind sie endgültig verjährt? Mit dieser Frage hatten sich Gerichte im Rahmen eines Rechtsstreits auseinanderzusetzen. Ausgangspunkt war ein Mietverhältnis, bei dem der Kläger der Beklagten zunächst eine Halle mit Lagerbüro und Stellplätzen überließ. Später kamen durch einen Nachtrag weitere Gewerbeflächen hinzu. Vereinbart war, dass sich der Vertrag nach Ablauf des ersten Jahres ab Übergabe der zusätzlichen Flächen jeweils um ein weiteres Jahr verlängert, sofern keine Kündigung mit einer Frist von drei Monaten zum Ende der Mietzeit erfolgte.
Die Beklagte kündigte das Mietverhältnis schließlich „zum nächstmöglichen Zeitpunkt 17.06.2020“. Der Vermieter widersprach und stellte klar, dass das Mietverhältnis noch länger fortbestehe. In der Folgezeit nutzte die Beklagte das Mietobjekt bis zum 31.12.2020 weiter und warf an diesem Tag die Schlüssel in den Hausbriefkasten des Klägers. Dieser verweigerte jedoch schriftlich die Annahme der Rückgabe. Erst im Juni 2021 machte der Vermieter Schadensersatzansprüche wegen angeblicher Mängel geltend – aus Sicht der Beklagten allerdings viel zu spät, da diese sich auf Verjährung berief. Der Rechtsstreit landete schließlich vor dem Bundesgerichtshof (BGH). Selina Schneider, Verbandsjuristin von Haus & Grund, Baden, hat das Urteil zusammengefasst:
BGH-Urteil: Verjährung beginnt mit faktischer Rückgabe
Der BGH entschied, dass die sechsmonatige Verjährungsfrist des § 548 Abs. 1 BGB bereits mit dem Einwurf der Schlüssel in den Briefkasten des Klägers zu laufen begann. Maßgeblich sei nicht die Empfangsbereitschaft des Vermieters, sondern der tatsächliche Rückerhalt der Mietsache. Durch den Einwurf der Schlüssel habe die Beklagte den Besitz vollständig aufgegeben, der Kläger sei dadurch in die Lage versetzt worden, sich ein ungestörtes Bild vom Zustand der Mietsache zu verschaffen.
Wichtig dabei: Die Verjährung kann auch vor Ende des Mietverhältnisses beginnen. Der Rückerhalt der Mietsache im Sinne von § 548 Abs. 1 Satz 2 BGB erfordert keine formale Übergabe. Es genügt, wenn der Vermieter durch Besitzwechsel die tatsächliche Kontrolle über die Mietsache erlangt – etwa durch Schlüsselzugang. Auch ein erklärter Vorbehalt des Vermieters ändert daran nichts, wenn dieser die tatsächliche Sachherrschaft erlangt hat.
Zügiges Handeln des Vermieters notwendig
Das Urteil macht deutlich, worauf Vermieter in der Praxis besonders achten müssen. Juristin Schneider zieht folgendes Fazit: Vermieter müssen nach faktischer Rückgabe der Mietsache, etwa durch Einwurf der Schlüssel in ihren Briefkasten, zügig handeln, um Ansprüche wegen Mängeln oder Beschädigungen geltend zu machen. Die Verjährung beginnt unabhängig davon, ob sie zur Rücknahme bereit sind oder nicht. Eine formale Rückgabe ist nicht erforderlich, wenn die Besitzverhältnisse sich zugunsten des Vermieters ändern. (bh)
BGH, Urteil vom 29.01.2025 - Az: XII ZR 96/23
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