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21. März 2022
Mit PEPP gescheitert

Mit PEPP gescheitert

Vertriebsstart Paneuropäischer Pensionsprodukte wäre der 22.03.2022. Nur: In Europa bietet kein einziger Versicherer ein solches Vorsorgeprodukt an. VOTUM-Chef Klein hat nun diesen Fehlstart dazu genutzt, das gesamte Prozedere kritisch zu hinterfragen.

Die Welt der Altersvorsorgeprodukte könnte aus Sicht der EU-Gesetzgebung und ihren Regularien so schön ein. Gäbe es doch nur ein Produkt, das nicht nur ökologische, soziale und unternehmensbezogene Faktoren berücksichtigt, sondern das noch dazu möglichst einfach, sicher, angemessen im Preis, transparent, verbraucherfreundlich und unionsweit mitnahmefähig ist. Und tatsächlich: Bereits im Juli 2019 veröffentlichte die EU-Kommission eine Verordnung über die Einführung eines sogenannten europaumfassenden privaten Pensionsprodukts – kurz PEPP (AssCompact berichtete bereits) – welches genau diese Kriterien für ein EU-weites privates Altersvorsorgeprodukt erfüllen sollte. Am 22.03.2022 sollte nun der große Vertriebsstart innerhalb der EU für solche Vorsorgeprodukte sein: Nur: In Europa bietet kein einziger Versicherer ein solches Produkt an.

VOTUM-Chef Klein: Unrealistische Wunschvorstellungen als Geburtsfehler

Diesen Fehlstart des PEPP hat nun der geschäftsführende Vorstand des Branchenverbands VOTUM Verband Unabhängiger Finanzdienstleistungsunternehmen in Europa e.V., Martin Klein, zum Anlass genommen, Kritik am Prozedere der Produkteinführung zu nehmen. So prangert Klein in seiner Stellungnahme an, dass diese Entwicklung deutlich den Geburtsfehler der „Europarente“ aufzeige. Denn: „Wenn EU-Gesetzgeber und Regulatoren mit unrealistischen Wunschvorstellungen selbst Produktentwickler spielen, dürfen sie sich nicht wundern, dass der Markt nicht folgt. [...] Der Zwang, bei jedem Angebot auch ein Standardprodukt mit hohen Garantien, Inflationsausgleich und minimalen Kosten – also das Perpetuum mobile der Altersvorsorge – vorzuhalten“, so Klein weiter, „lässt die Anbieter zurecht zurückschrecken.“

Vorsorge finanziert sich nicht aus „Luft und Liebe“

Die andauernd niedrigen Zinsen bei gleichzeitig steigender Inflation seien in der Fantasie der europäischen Produktregulierer offenbar nicht präsent gewesen, unkt der VOTUM-Chef in der Stellungnahme. „Der Kern des Problems ist die viel zu starre Begrenzung der Kosten. Jeder Anbieter weiß, dass gerade in der Anfangsphase einer Produktlinie Verwaltungskosten deutlich erhöht sind und sich eine Entwicklung für einen ungewissen Markt schnell als unrentables Zuschussgeschäft entpuppt“, zeigt Klein auf. Klein prognostiziert daher, dass ein PEPP ohne die Möglichkeit einer angemessenen Vertriebsvergütung auch keine Kunden finden wird: „Dies gilt ebenso für die von der Europäischen Kommission so hoch geschätzten digitalen Absatzwege, denen in jüngster Zeit gesetzgeberische Erleichterungen bei der Kundeninformation in Aussicht gestellt wurden. Auch diese finanzieren sich nicht von Luft und Liebe.“

Fehlstart auch als eindeutiges Warnsignal an die Bundesregierung

Mit Blick auf die Einführung der Riester-Versicherung erkennt Klein Parallelen zur gegenwärtigen Situation und konstatiert: „Der Fehlstart von PEPP zeigt, dass Gesetzgeber und Aufseher aus den Fehlern der Vergangenheit wieder nicht gelernt haben. Hier hätte insbesondere ein Blick in die Vergangenheit der Riester-Versicherung für Einsicht gesorgt. Auch hier hatte man am Start Produktschranken vorgegeben, welche die Verbreitung dieser sinnvollen privaten Vorsorge zunächst zum Rohrkrepierer werden ließen.“ Mit Verweis auf die aktuellen Probleme bei Riester-Produkten wie überkomplexe Zulagenverfahren fordert der VOTUM-Chef daher von den Berliner Politikakteuren: „Die Bundesregierung sollte bei ihren Gedanken zu einer Neugestaltung der Riester-Versicherung die aktuelle Situation bei PEPP genau betrachten, um nicht den gleichen Fehler wieder zu machen.“ (as)

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