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10. März 2022
Nachhaltigkeit: Verbände definieren Produktgruppen

Nachhaltigkeit: Verbände definieren Produktgruppen

Spätestens im August wird die Abfrage der Nachhaltigkeitspräferenzen von Kundinnen und Kunden zur Pflicht im Vermittlungsgeschäft. Um die ganz unterschiedlichen Präferenzen einzuordnen, haben Branchenverbände nun Produktgruppen bei nachhaltigen Kapitalanlagen definiert.

Was verstehen Sie unter Nachhaltigkeit? So oder so ähnlich werden die Nachfragen im Vermittlungsgeschäft wohl lauten, um die jeweiligen Nachhaltigkeitspräferenzen der Kundinnen und Kunden bei der nachhaltigen Kapitalanlage zu erfragen. Nach den Plänen der EU-Kommission soll diese Pflicht spätestens ab 02.08.2022 gelten, auch wenn Branchenverbände infolge einiger Probleme bei der Umsetzung der Richtlinien eine Verschiebung der Einführung fordern (AssCompact berichtete bereits). So sollen die Vorgaben – sogenannte technische Regulierungsstandards –, die die Offenlegungsverordnung präzisieren, erst ab dem 01.01.2023 veröffentlicht werden. Obwohl also bereits im August 2022 die Nachhaltigkeitspräferenzen abzufragen sind, werden beispielsweise die Angaben in den Verkaufsprospekten nachhaltiger Anlagen oder die Vorgaben beim regelmäßigen Reporting erst im Januar 2023 feststehen.

Frühzeitige Etablierung eines freiwilligen Branchenstandards

Nichtsdestotrotz haben die Branchenverbände der Banken (Bundesverband deutscher Banken, BdB), der Fondsgesellschaften (Bundesverband Investment und Asset Management, BVI) und der Emittenten (Deutscher Derivate Verband, DDV) nun ein sogenanntes Zielmarktkonzept im Bereich nachhaltiger Kapitalanlagen definiert. Nach Angaben der Branchenverbände handele es sich dabei „um ein Konzept für den Herstellerzielmarkt, anhand dessen Hersteller ihre eigenen Produkte unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit einordnen können“. Die Kapitalanlagenbranche verfolgt dabei das Ziel, frühzeitig einen allgemeingültigen, aber freiwilligen Standard zu etablieren, damit Produktgebern und Vertrieben genug Zeit bleibt, einen automatisierten Datenaustausch einzurichten. „[...] unser Ziel [war], ein gemeinsames Verständnis zu entwickeln, welche Anforderungen an Produkte zu stellen sind, wenn ein Anleger Nachhaltigkeitspräferenzen äußert. Es hilft den Kunden nichts, wenn beispielsweise die Sparkasse vor Ort mit völlig anderen Definitionen arbeitet als die benachbarte Geschäftsbank“, erläutert BVI-Rechtsexpertin Anna Niemitz das Hauptmotiv der Definitionen gegenüber FONDS professionell online.

Zweiteilung der Produktlandschaft

Das Grundkonzept der Produktkategorien sieht dabei eine Zweiteilung der Produktlandschaft in nicht-nachhaltige und nachhaltige Anlagemöglichkeiten vor. Zur ersten Kategorie zählen dann Kapitalanlagen, die entweder entsprechend des Verkaufsprospekts als nicht nachhaltig deklariert sind oder lediglich die Transparenz von Nachhaltigkeitsrisiken berücksichtigen. Außerdem fallen auch alle Artikel-8-Fonds gemäß EU-Offenlegungsverordnung darunter, die die strengeren Vorgaben der nachhaltigen Produktgruppe nicht erfüllen.

Das nachhaltige Produktuniversum

Beim nachhaltigen Produktuniversum differenziert der Vorschlag seitens der Verbände in drei unterschiedliche Produktgruppen, die jeweils ganz bestimmte nachhaltigkeitsbezogene Ziele verfolgen (siehe untenstehende Grafik).

Nachhaltigkeitspräferenzen: Verbände definieren Produktgruppen

Dazu gehören zunächst Artikel-8-Produkte, die zusätzlich Angaben zu Mindestausschlüssen und den wichtigsten nachteiligen Auswirkungen („Principal Adverse Impacts“, PAIs) ihrer per se nachhaltigen Investments berücksichtigen. Darunter fallen beispielsweise Verstöße gegen die Menschenrechte, ausbeuterische Arbeitsbedingungen oder auch ein erhöhter Ausstoß von Treibhausgasemissionen. Als Mindestausschluss gelten beispielsweise Unternehmen, die mehr als 10% ihres Umsatzes mit der Herstellung von Waffen erzielen. Die beiden anderen nachhaltigen Produktgruppen basieren auf EU-Regelwerken. Zum einen befinden sich darin alle Produkte, die auf den auswirkungsbezogenen Vorgaben gemäß der EU-Umwelttaxonomie – ein Klassifizierungssystem nachhaltiger Wirtschaftsaktivitäten – basieren; also grundsätzlich auch Investmentprodukte, die in Atomkraft oder Erdgas investieren, seit diese Formen der Energieerzeugung von der EU-Kommission als nachhaltig klassifiziert worden sind (AssCompact berichtete bereits). Zum anderen zählen auch diejenigen Produkte dazu, die auf den auswirkungsbezogenen Vorgaben der EU-Offenlegungsverordnung basieren. Darunter fallen also insbesondere die sogenannten Impact-Fonds – Artikel-9-Fonds gemäß EU-Offenlegungsverordnung –, aber auch Artikel-8-Fonds, die die Kriterien von Taxonomie oder Offenlegungsverordnung erfüllen. (as)

Das Konzept der Branchenverbände steht u.a. hier zum Download bereit.

Bild: © Miha Creative – stock.adobe.com