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5. Juni 2023
New Work und Leadership: Notwendigkeit auch im Vertrieb
Team of business people with rocket as a sumbol of high risky goals targeting at red target at meeting table

New Work und Leadership: Notwendigkeit auch im Vertrieb

Führungskräfte speziell bei Dienstleistern und marktnahen Bereichen der Unternehmen wie Maklerhäusern sind immer stärker als Sinnstifter und Beziehungsmanager gefragt. Daraus resultiert auch ihre wichtige Rolle als Bewahrer des Teamspirits. Im dritten Teil der New-Work-Serie geht es daher um New Leadership.

Ein Beitrag von Barbara Liebermeister, Gründerin und Leiterin des Instituts für Führungskultur im digitalen Zeitalter (ifidz.de)

Seit einigen Jahren wird nicht nur in den Unternehmen lebhaft über das Thema „New Work“ debattiert – unter anderem, weil sich in ihnen ein Generationswechsel vollzieht: Die sogenannten Babyboomer scheiden zunehmend aus und die Angehörigen der sogenannten Generationen Y und Z treten an ihre Stelle bzw. übernehmen teils sogar bereits das Ruder.

Diese „Digital Natives“, also Frauen und Männer, die mit dem Internet und Smartphone sowie den Social Media aufwuchsen, haben oft andere Wünsche und Erwartungen bezüglich ihrer Arbeit als ihre älteren Kolleginnen und Kollegen. Und hierauf müssen die Unternehmen reagieren, ob sie wollen oder nicht – auch aufgrund des Fach- und Führungskräftemangels.

Corona zeigte: Andere Formen der Zusammenarbeit sind möglich

Ein Verstärker dieser Entwicklung war die Corona-Pandemie. Sie machte aufgrund der geltenden Kontaktbeschränkungen solche Veränderungen in der Zusammenarbeit erforderlich wie z. B. das vermehrte Arbeiten im Home-Office, verknüpft mit einer verstärkten virtuellen Kooperation und Kommunikation. Dadurch wurde für die Mitarbeitenden erfahrbar: Andere als die traditionellen Formen der (Zusammen-)Arbeit sind möglich. Dies veränderte auch ihre Erwartungshaltung. Auch deshalb sind viele der zunächst coronabedingten Veränderungen unumkehrbar.

Das sehen auch die meisten Unternehmen so und bestätigt das jüngste Leadership-Trendbarometer des Instituts für Führungskultur im digitalen Zeitalter (IFIDZ). An dieser Online-Befragung Anfang 2023 nahmen 177 Führungskräfte teil. Davon waren 52 für Finanzdienstleister tätig. Von den Befragten waren 75% der Auffassung: Die Beschäftigung mit dem Thema New Work ist für die Unternehmen keine „Nice to have“-­Angelegenheit; sie ist vielmehr aufgrund der veränderten Rahmen­bedingungen eine Notwendigkeit.

Nicht nur die Erwartungen der Mitarbeiter haben sich verändert

Dementsprechend sehen auch nur 14% der Führungskräfte in der Beschäftigung mit dem Thema New Work primär eine Reaktion der Unternehmen auf die veränderten Erwartungen und Bedürfnisse der Generationen Y und Z. Für die meisten von ihnen sind die Ursachen hierfür vielschichtiger und tiefgründiger.

So wiesen in den vertiefenden persönlichen Interviews, die das IFIDZ mit etwa einem Fünftel der Befragungsteilnehmer führte, diese immer wieder darauf hin: Auch die Erwartungen und Bedürfnisse unserer Kunden haben sich unter anderem durch die gefühlte Omni­präsenz des Internets und der Social Media so massiv geändert, dass die Abläufe und Prozesse in unserer Organisation teils völlig neu strukturiert werden müssen. Und diese Notwendigkeit steigt weiter.

Verstärkter KI-Einsatz wird Veränderungsbedarf weiter erhöhen

Davon ist das Gros der Führungskräfte überzeugt. Sie sagten in den Gesprächen auch immer wieder, dass durch die seit November 2022 mögliche kostenfreie Nutzung des Chatbots ChatGPT auch vielen Top-Entscheidern in den Unternehmen erst bewusst wurde, welche Chancen zur Neugestaltung vieler Prozesse die künstliche Intelligenz (KI) ihrer Organisation heute bereits bietet. Deshalb erwarten sie:

  • Künftig werden KI-Systeme in den Unternehmen verstärkt zum Einsatz kommen.
  • Hierdurch werden sich außer den Aufgaben vieler Mitarbeitender insbesondere in den marktnahen Bereichen wie Marketing, Vertrieb und Service auch die Anforderungen an sie massiv verändern.
New Work und New Leadership sind miteinander verknüpft

Trotz dieser gravierenden Veränderungen, vor denen viele Unternehmen bzw. Unternehmensbereiche in den kommenden Jahren voraussichtlich stehen, sind 62% der befragten Führungskräfte überzeugt: New Work ist „primär eine Kultur- und weniger eine Strukturfrage“. Zudem müssen die Unternehmen aufgrund der fortschreitenden Digitalisierung und der Herausforderungen, vor denen sie in der von rascher Veränderung geprägten VUKA-Welt („VUKA“ steht für Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambiguität) stehen, außer ihrer Personalpolitik auch ihre (Markt­bearbeitungs-)Strategien grundsätzlich überdenken. Und den hieraus resultierenden Change-Bedarf gelte es den Mitarbeitenden im Betriebsalltag nachhaltig zu vermitteln. Deshalb ist für das Gros der Führungskräfte (72%) das Thema New Work untrennbar mit dem Thema New Leadership verknüpft.

Dabei zeigen sich insbesondere die Führungskräfte in den marktnahen Bereichen der Unternehmen, die sozusagen täglich in Kontakt mit den Kunden stehen, davon überzeugt, dass die Bedeutung von Führung in den nächsten Jahren immer weiter steigt, weil aufgrund der vielen Unwägbarkeiten zurzeit noch niemand sicher weiß, wohin die Reise mittel- und langfristig geht. Dadurch verändert sich auch die Funktion der Führungskräfte. Sie sind im Arbeitsalltag immer stärker als „Sinnstifter“ und „Beziehungsmanager“ gefragt, die ihren Mitarbeitenden Orientierung und Halt bieten. Zu einer ihrer Kernaufgaben gehört zudem, den Teamspirit zu bewahren und die Motivation der Mitarbeitenden hoch zu halten – gerade in Teams, in denen die Zusammenarbeit weitgehend virtuell erfolgt. Das ist etwa bei vielen Finanzdienstleistern mit einem großen Außendienst gehäuft der Fall.

Führungskräfte in Sachen New Work und Leadership unterstützen

Was dies für ihr Führungsverhalten im Arbeitsalltag konkret bedeutet, diesbezüglich sind viele Führungskräfte noch extrem unsicher. Sie erleben sich selbst noch stark als Suchende, nicht nur wenn es um das Gestalten der Strukturen der künftigen Zusammenarbeit in ihrem Team, sondern auch das Gestalten der Beziehung zu ihren Mitarbeitenden geht.

Entsprechend wichtig ist es, in den Unternehmen unter anderem Foren zu schaffen, in denen sich die Führungskräfte z. B über solche zukunftsweisenden Fragen austauschen wie:

  • Welche Veränderungen werden in naher Zukunft u. a. aufgrund des verstärkten KI-Einsatzes und der sich immer rascher wandelnden Kundenbedürfnisse in unserer Organisation noch nötig sein? Und:
  • Was bedeutet dies für meine Mitarbeitenden und mich als Führungskraft?

Denn nur wenn die Führungskräfte selbst eine gewisse Orientierung haben, können sie ihren Mitarbeitenden den gewünschten Halt und die nötige Orientierung geben. Außerdem können sie nur dann in ihrem Bereich die Weichen in Richtung Zukunft stellen. Wichtig sind zudem regelmäßige Teamabsprachen, in denen unter anderem reflektiert wird: „Was ist (weniger) gut an unserer Zusammenarbeit?“ und „An was arbeiten wir?“, sodass die Kernthemen von New Work – Partizipation und Selbstbestimmung – in die Alltagsarbeit einfließen.

Diesen Artikel finden Sie sich auch in AssCompact 06/2023 und in unserem ePaper.
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Bild oben: © sommart – stock.adobe.com; Porträtfoto: © IFIDZ

 
Ein Artikel von
Barbara Liebermeister