Das Nießbrauchrecht im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge zu nutzen, kann gerade beim Vererben von Immobilien Sinn ergeben. Die Erblasser können in derartigen Fällen unbeschwert ihren Lebensabend genießen und sich sicher sein, dass ihre Angelegenheiten vollumfänglich geregelt sind. Doch was ist, wenn ein Ehepaar sich einen gemeinsamen Nießbrauch auf Lebenszeit gesichert hat, die beiden jedoch eines Tages beschließen, getrennte Wege zu gehen? Der Bundesgerichtshof (BGH) musste in so einem Fall nun urteilen, ob der gemeinsame Nießbrauch einseitig aufgelöst werden kann.
Vorweggenommen Erbfolge und lebenslanger Nießbrauch
Ein Ehepaar hatte seinen Kindern 1995 die Eigentumsrechte an einem Grundstück übertragen. Auf dem Grundstück stehen mehrere vermietete Gebäude. Gleichzeitig sicherten sich die Eheleute einen unentgeltlichen lebzeitigen Nießbrauch. Den Nießbrauch ließen sich die beiden im Rahmen einer notariellen Vereinbarung gemeinsam zusichern. Sollte einer von beiden versterben, ginge der Nießbrauch vollumfänglich auf den Überlebenden über. Der Nießbrauch sollte erst mit dem Tod beider Berechtigter auslaufen.
Mann fordert Auflösung der Nießbrauchsgemeinschaft
Doch die Ehe scheiterte. Nachdem sich das Paar scheiden hatte lassen, verlangte der Mann von seiner Ex-Ehefrau die Auflösung der Gesamtgemeinschaft der beiden, für die das Nießbrauchrecht im Grundbruch eingetragen war. Er vertrat die Ansicht, seine einstige Ehefrau müsse die Auflösung der Nießbrauchgemeinschaft dulden. Die Frau sah das anders und so landete der Fall vor Gericht.
Bei Bruchteilsgemeinschaften ist einseitig Auflösung möglich
Vor dem Landgericht und dem Oberlandesgericht konnte der Mann sich durchsetzen, doch im Revisionsverfahren vor dem BGH sah es anders aus. Die Bundesrichter urteilten, dass ein Nießbrauch in der Form der Gesamtberechtigung gemäß § 428 BGB keine Gemeinschaft nach Bruchteilen sei. Hätten sich die Eheleute damals auf eine Bruchteilsgemeinschaft verständigt, könnte jeder Teilhaber der Gemeinschaft jederzeit die Aufhebung der Gemeinschaft verlangen. Die erzielten Mieteinkünfte würden dann einfach auf die beiden Berechtigten verteilt werden.
Auflösungsnorm nicht analog auf Nutzungsgemeinschaft übertragbar
Im vorliegenden Fall sei das jedoch nicht ohne Weiteres möglich, da keine derartige Auflösungsnorm für Nutzungsgemeinschaften bestehe. Schließlich hätten beide Parteien grundsätzlich Anspruch auf die gesamten Mieteinkünfte. Die notariell beglaubigte Vereinbarung sei explizit auf Lebenszeit geschlossen worden und könne gerade nicht nicht durch einseitige Auflösung vorzeitig beendet werden. Das untermauere auch der Passus, der dem überlebenden Partner im Todesfall des anderen den alleinigen Nießbrauch zusichere. Die Auflösevorschriften für Bruchteilsgemeinschaften könnten folglich nicht analog angewandt werden und auch eine Kündigung der Gesamtgemeinschaft aus wichtigem Grund sei nicht vorgesehen, so die Bundesrichter. (tku)
BGH, Urteil vom 06.03.2020, Az.: V ZR 329/18
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