Ein Artikel von Hans-Ludger Sandkühler
Im sonst so beschaulichen und gastfreundlichen Nordfriesland bieten seit einiger Zeit zwei fast namensgleiche Versicherungsvertreiber ein unwürdiges Schauspiel zulasten ihrer Kunden: Der Versicherer Schleswiger Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit in Emmelsbüll-Horsbüll und der Versicherungsmakler und Assekuradeur Schleswiger Versicherungsservice AG in Neumünster. Die Parteien streiten wie die Kesselflicker über die Rechtswirksamkeit einer vom Assekuradeur vorgenommenen Umdeckung von Wohngebäudeversicherungen von dem Schleswiger VVaG auf einen anderen Versicherer. Die Kunden stimmen mit den Füßen ab und kündigen Verträge. Ein Possenspiel.
Chronik der Ereignisse – Stein des Anstoßes
Ursprünglich arbeiteten die Akteure friedlich und erfolgreich zusammen. Der Versicherer als Risikoträger, der Assekuradeur als vom Risikoträger Bevollmächtigter für Policierung, Inkasso, Vertragsverwaltung und Schadenregulierung. Ende 2020 wendete sich das Blatt.
Am 16.10.2020 schreibt der VVaG seiner Kundin K. in Bochum, dass er die Vollmachten widerrufen habe und Frau K. künftig fällig werdende Beiträge direkt an den VVaG „zu entrichten“ habe. Am 19.10.2020, also drei Tage später, schreibt der Assekuradeur derselben Kundin K., dass er für Fälligkeiten ab dem 01.11.2020 „Veränderungen bei unserem Risikoträger vornehmen“ werde. Zur Hauptfälligkeit 01.11.2020 ihres Vertrages erhält Frau K. am 30.10.2020 (!) vom VVaG eine Beitragsrechnung für den Zeitraum 01.11.2020 bis 01.11.2021. Am 11.11.2020 bucht der Assekuradeur bei der Kundin den Jahresbeitrag ab. Der VVaG erinnert Frau K. am 10.12.2020 an die Zahlung des Jahresbeitrags. Diese reklamiert am 12.12.2020 und am 28.12.2020 beim Assekuradeur und verweist dabei auf die erfolgte Abbuchung vom 11.11.2020. Bereits am 10.02.2021 antwortet der Assekuradeur. Nach den Vertragsbestimmungen sei er berechtigt, den Versicherungsschein zu erstellen, den Verwaltungsschriftwechsel zu führen sowie den Beitragseinzug durchzuführen. Die reklamierte Zahlungsaufforderung sei nicht von ihm, sondern vom Risikoträger veranlasst. Wenn dieser erneut zur Zahlung auffordere, möge Frau K. den Assekuradeur informieren. Dann werde er sich darum kümmern. Im Übrigen bestätigt der Assekuradeur den Eingang des Jahresbeitrages vom 01.11.2020 bis 01.11.2021. Die Sache scheint sich erledigt zu haben.
Erste Eskalation
Am 20.05.2021 mahnt der VVaG Frau K. gemäß § 38 VVG genau wegen dieses Jahresbeitrags. Der Mahnung beigefügt ist eine Kundeninformation, in der der VVaG auf sein Schreiben vom 16.10.2020 Bezug nimmt und darauf verweist, dass die Verwaltung des Wohngebäudevertrages aus den in den Schreiben genannten Gründen „direkt aus seinem Hause getätigt“ werde. Der Assekuradeur sei demgegenüber der Meinung, ohne Rücksprache mit seinen Kunden einen neuen Versicherungsvertrag bei einem anderen Versicherer abschließen zu dürfen und behaupte, den bestehenden Versicherungsvertrag bei dem VVaG im Namen und in Vollmacht der Frau K. fristgerecht gekündigt zu haben. Eine entsprechende Kündigung liege aber beim VVaG nicht vor. Möglicherweise bestünden bei Frau K. nunmehr gegebenenfalls zwei Versicherungsverträge für dasselbe Risiko. Grundsätzlich bestehe die Möglichkeit, den später geschlossenen Vertrag gemäß § 79 VVG aufheben zu lassen.
Frau K. ist entsetzt. Der Jahresbeitrag ist ja schon am 11.11.2020 vom Assekuradeur abgebucht worden. Trotzdem läuft sie jetzt Gefahr, zwei Wochen nach Zugang der Mahnung des VVaG ohne Versicherungsschutz dazustehen. Eine neue Police vom Assekuradeur hat sie noch nicht. Frau K. hat in ihren Unterlagen den Zahlungsnachweis vom 11.11.2020 und beschließt, die Mahnung des VVaG zu ignorieren. Es kommen keine weiteren Nachrichten vom VVaG. Die Sache scheint sich erledigt zu haben.
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