AssCompact suche
Home
Management & Wissen
9. März 2021
Resilienz: Vom „Nice to have“ zum „Must have“

Resilienz: Vom „Nice to have“ zum „Must have“

Corona, Existenzängste, Home-Office, Home-Schooling: Das stellt unsere Resilienz ziemlich stark auf die Probe. Alle diese Herausforderungen stellen uns vor massive Veränderungen, die möglichst gleichzeitig bewältigt werden sollen. Resilient ist, wer ohne Burn-out durch den Alltag kommt.

Von Uta Hahn, Gründerin des INMIND Mentaltrainings (innovateyourmind.de) und geschäftsführende Gesellschafterin der bgm business group munich GmbH & Co. KG.

Eine aktuelle INSA-Studie belegt, dass im Moment 41% der Bevölkerung „physisch und/oder psychisch an der Grenze“ stehen. Als Mentaltrainerin erlebe ich deshalb im Moment eine deutlich gesteigerte Nachfrage zum Thema Resilienz und dem Umgang mit Stress. Die derzeit am häufigsten genannten Probleme sind Überforderung, Zukunftsängste und Schlafstörungen. Die Teilnahme an meinen genau darauf abzielenden Webinaren ist so gefragt wie nie.

Offensichtlich wird nun für viele klar, dass Resilienz – die Fähigkeit, Ruhe zu finden und gezielt aus dem Gedankenkarussell auszusteigen – nicht nur ein nettes Verhaltens­accessoire, sondern eine elementare Fähigkeit zur Bewältigung des persönlichen Alltags darstellt.

Was viele nicht wissen: Ein Verharren in negativen Gedankenschleifen macht uns krank. Unser Körper reagiert auf bedrohliche Gedanken mit dem Ausschütten von Stresshormonen, die langfristig unser Immunsystem und den ganzen Körper stark schwächen und anfällig machen.

Den Stier bei den Hörnern packen

Um Stress und Belastungen aus dem Weg zu räumen, gibt es wie so oft genau drei Handlungsalternativen: Angriff, Flucht, Totstellen. Die beiden Letzteren führen hier nicht zum Erfolg und der Stress übernimmt die Kontrolle. Also ist bei diesem Thema Angriff die beste Verteidigung.

Wie plant man nun so einen Angriff? Zunächst sollte man in der Lage sein, aus der Distanz eine andere Sicht auf die Dinge einnehmen zu können. Dann erst können sinnvolle Handlungsoptionen und Lebenseinstellungen eruiert werden. Und das ist mitten im vollsten Stressgefecht kaum möglich. Hier stellt sich bereits die nächste Frage: Wie kann ich auf Knopfdruck aus dem Gedankenkarussell aussteigen und zur Ruhe kommen?

In der Ruhe liegt bekanntlich die Kraft

Immer häufiger kommen Menschen zu mir, die sich in Bezug auf Ruhefinden und Entspannen als einen hoffnungslosen Fall beschreiben: Meditation klappt nicht und es gibt schon Probleme, ohne mediale Bespaßung still auf der Couch zu sitzen.

Mittlerweile bin ich eher entspannt, wenn diese Menschen in meinem Training sitzen, denn die Erfahrung zeigt, dass bisher noch jeder mit dem Mentaltraining zur Ruhe gefunden hat. Gerade die, die sich selbst als hoffnungslosen Fall einstufen, schlafen vor lauter Ruhe und Entspannung in der ersten Session gleich mal ein – was für das Training natürlich ein bisschen zu viel des Guten ist. Das bekommt man mit etwas Übung aber schnell in den Griff.

Der Weg ist bereits ein großer Teil des Ziels

Generell benötigen wir für unser Mentaltraining einen Zustand tiefer Entspannung (fast wie im Schlaf), um an die begehrten Thetawellen im Gehirn zu kommen, die uns ein Höchstmaß an Kreativität und Unvoreingenommenheit ermöglichen. Im Gegensatz zur Meditation tauchen wir ganz gezielt und zügig in einen tiefen Ruhezustand ab. Konzentration und stringente Fokussierung sind dabei essenzielle Voraussetzungen und gleichzeitig erwünschte Nebenwirkung des Trainings.

Erst wenn wir diese tiefe Ruhe gefunden haben, beginnt im Mentaltraining das aktive Arbeiten.

Beschleunigung durch Entschleunigung

Eigentlich ein Paradoxon: Wir streben in Tiefenentspannung einen Zustand von absoluter Konzentration und Wachheit an.

Aber nur so funktioniert es: Unser Gehirn benötigt die Ruhe, um unvoreingenommen und kreativ zu sein, und die aktive Steuerung, um die gewünschten Themen zu bearbeiten.

Mit diesem Zustand können wir gewährleisten, dass die Teilnehmer eine freie und distanzierte Sicht auf die Dinge erhalten, Situationen aus verschiedenen Sichten betrachten können und auch die entsprechenden Handlungsalternativen ansehen, ausprobieren und erleben können.

Im Spitzensport schon lange das Nonplusultra

„Ich habe Wimbledon 10.000 Mal im Kopf gewonnen“, sagte einst André Agassi.

Aus dem Spitzensport ist Mentaltraining wegen seiner großen Wirksamkeit nicht mehr wegzudenken. Der große Erfolg von Mentaltrainings basiert darauf, dass unser Gehirn nicht unterscheidet, ob eine Situation wahrhaftig oder mental erlebt wird.

Das mentale Durchlaufen verschiedener Handlungsalternativen, Lösungswege und Erfolgsszenarien produziert nicht nur neue Erkenntnisse, sondern auch deutlich spürbare Erlebnisse, die das Gefühlsleben in das Geschehen integrieren. Dies macht das Training so besonders effektiv, weil unser Gehirn generell nur die Informationen als wertvoll einschätzt, die Emotionen auslösen. Die erlebten Emotionen werden dann nicht nur einmalig wahrgenommen, sondern vom Gehirn abgespeichert und bei einem wiederholten Aufruf der Information erneut freigesetzt.

Das Erzeugen positiver Visionen und Einstellungen ist wichtiger, als uns das häufig bewusst ist, denn unser Kopf formt die Welt, wie wir sie sehen und wie wir sie wahrnehmen. Nur das, was wir mental für möglich halten oder zulassen, nehmen wir auch wahr. Und nur das, was wir uns selbst tatsächlich zutrauen, schaffen wir auch.

Kreativität und Entspannung auf Knopfdruck

Wir begleiten die Teilnehmer in unserem Training gezielt in die innere Entspannung, wo sie jeweils zu ihrem Thema passende Aufgaben bearbeiten. Beim Thema Stress können die Aufgaben wie folgt aussehen:

  • Was ist mein größter Stressauslöser?
  • Wie reagiere ich aktuell, wenn der Stress auf mich wirkt?
  • Wie sollte ich optimalerweise auf den Stressor reagieren und wie fühlt sich das an?

Die individuellen Lösungen zu den Aufgaben erleben die Teilnehmer wie in einem Traum mit all ihren Sinnen. Dabei gibt es fast immer große Überraschungen, weil sich herausstellt, dass bisherige Erkenntnisse revidiert werden sollten und vermeintliche Lösungsansätze nicht zielführend sein werden.

Durch diese ruhige und fokussierte Herangehensweise werden durch das Mentaltraining für die Resilienz notwendige neuronale Bahnen gelegt und nachhaltig aufgebaut. Das ist der Grund dafür, warum Teilnehmer uns immer wieder erstaunt berichten, dass sie Monate nach dem Training in stressigen Situationen immer noch ruhig bleiben.

Sie können sich nicht vorstellen, dass man Lösungen wie im Traum finden kann? Wussten Sie eigentlich, dass viele bahnbrechende Erfindungen im Traum gemacht wurden? Selbst Einstein hat wichtige Eckpunkte seiner Relativitätstheorie erträumt. Nicht umsonst gilt:

Kreativität fängt da an, wo der Verstand aufhört, das Denken zu behindern.

Diesen Artikel lesen Sie auch in AssCompact 03/2021, Seite 96 f., und in unserem ePaper.

Bild: © photoschmidt – stock.adobe.com

 
Ein Artikel von
Uta Hahn