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15. September 2022
Rückversicherer: Schutz kostet Geld
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Rückversicherer: Schutz kostet Geld

Zunehmende Naturkatastrophen und die hohe Inflation lassen die Schadensummen der Rückversicherer ordentlich steigen. Gleichzeitig geht die Rückversicherungskapazität im Gesamtmarkt laut Munich Re zurück. Die Folge: Die Preise für Rückversicherungsschutz werden anziehen. Und das schadenreichere zweite Halbjahr taucht in den Bilanzen noch gar nicht auf.

Angesichts vermehrter Naturkatastrophen und der hohen Inflation wollen die weltgrößten Rückversicherer die Preise für ihre Kunden kräftig erhöhen. Das ist die zentrale Botschaft, die vom jüngsten Branchentreffen der Rückversicherer in Monte Carlo ausgeht. Rückversicherer sichern die Erstversicherer gegen Katastrophen und andere Großschäden ab; sie sind also die Versicherer der Versicherer. Im sogenannten proportionalen Geschäft nehmen Rückversicherer von Erstversicherern einen Teil der Risiken aus deren Kundenverträgen ab und bekommen dafür einen Teil der Prämien. In anderen Verträgen springen sie etwa bei Naturkatastrophen erst ab einer bestimmten Gesamtsumme für Schäden ein.

Die Liste der Risiken wird immer länger

Und als Schutzgeber der letzten Instanz stehen die Rückversicherer wegen wachsender Risiken und Unsicherheiten gegenwärtig unter Druck. Geopolitische Spannungen, Inflationsdruck, Energieschocks, Cyberbedrohungen sowie Unterbrechungen der Lieferketten: Die Liste an Risiken, mit denen sich nicht nur der Rückversicherungs-, sondern auch der Erstversicherungsmarkt konfrontiert sieht, ist schon gut gefüllt und wird angesichts des Weltgeschehens immer länger.

Rückversicherer wollen Preise kräftig erhöhen

Und das trifft die Marktteilnehmer: Insbesondere die massive Preisdynamik in Europa und der Welt treibt die Versicherungssummen ordentlich in die Höhe. Konkret macht sich die hohe Inflation mit steigenden Baumaterial- und Ersatzteilpreisen vor allem in der Kfz-Versicherung und der Wohngebäudeversicherung bemerkbar. Sie belastet also die Branche, weil sie mehr für Schäden ausgeben muss. Die Folge: Der Markt zwischen Rück- und Erstversicherer verhärtet sich laut Munich Re zunehmend. Die Preise für den Rückversicherungsschutz müssten das widerspiegeln, kündigte nun Torsten Jeworrek, Munich Re-Vorstand, kürzlich in der Süddeutschen Zeitung (SZ) an. „Wenn wir das nicht erreichen, ziehen wir Rückversicherungskapazität zurück“, bemerkte Jeworrek in Richtung Erstversicherer. Die weltgrößten Rückversicherer wollen also die Preise kräftig erhöhen.

Rückversicherungskapazität schrumpft bei steigender Nachfrage

Dass Rückversicherungsschutz demnächst wohl generell teurer wird, liegt auch an einem geschrumpften Angebot. Erstmals seit 2018 wird für das laufende Jahr laut Munich Re ein geringeres Rückversicherungskapital erwartet; ein wichtiger Indikator für die bereitstehende Rückversicherungskapazität am Markt. So war das Rückversicherungskapital der Rückversicherer wegen der Turbulenzen an den Finanzmärkten und der gestiegenen Zinsen zuletzt gesunken. Hinzu kommt, dass die Rückversicherer nun vorsichtiger und mit einer angemessenen Bepreisung der Inflation kalkulieren müssen. Mit weniger Kapital aber können die Unternehmen weniger Risiken schultern als vorher. Zugleich steigt bei den Erstversicherern der Bedarf nach Rückversicherungsschutz angesichts der wachsenden Risiken. Ein knappes Angebot trifft somit auf eine steigende Nachfrage: Der Preis steigt.

Zweites Jahr wird Schadenbilanzen weiter belasten

Allerdings: Die Rückversicherer seien im bisherigen Jahresverlauf bereits in der Lage gewesen, höhere Preise bei den Erstversicherern durchzusetzen und die Teuerung weitgehend auszugleichen, gibt die Ratingagentur Moody’s bekannt. Probleme machen könnten ihnen aber vor allem Schäden aus den vergangenen Jahren, die noch nicht reguliert sind. Die Schadenreserven, die die Rückversicherer hierfür gebildet hatten, sind Moody’s zufolge womöglich zu niedrig. Daher bestehe das Risiko, dass die Rückversicherer die Schadenreserven aufstocken müssten. Zumal im zweiten Halbjahr 2022 die Schadeninflation und Naturkatastrophen zu weiteren Belastungen führen könnten. So erwartet etwa Munich Re beispielsweise eine Hurrikansaison, die erneut heftiger ausfallen könnte als im langjährigen Durchschnitt. Und wegen der Überschwemmungen in Australien und der Winterstürme in Europa verzeichneten die Versicherer bereits im ersten Halbjahr 2022 hohe Naturkatastrophenschäden (AssCompact berichtete). Erstversicherer sowie ihre Kunden werden also tiefer in die Tasche greifen müssen. Schutz kostet eben Geld. (as)

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