AssCompact suche
Home
Steuern & Recht
19. April 2021
Schenkungsteuer: Stundung für zehn Jahre möglich

Schenkungsteuer: Stundung für zehn Jahre möglich

Wenn ein Grundstück unter Vorbehalt eines Nießbrauchrechts übertragen wird und der Begünstigte die Schenkungsteuer nicht begleichen kann, ist die Steuer für zehn Jahre zu stunden. Das geht aus einem Urteil des Finanzgerichts Münster hervor.

Eine Frau erhielt im Januar 2019 ein Mietwohngrundstück von ihrer Tante geschenkt. Die Tante wiederum behielt sich ein lebenslanges Nießbrauchrecht an dem Grundstück zurück. Neben dem verschenkten Grundstück befinden sich zwei weitere Grundstücke, die ebenfalls ganz oder teilweise der Nichte gehören. Beide Grundstücke sind jedoch mit hohen Grundschulden belastet.

Beschenkte kann Steuer nicht aufbringen

Das Finanzamt setzte für den Grundstücksübertrag zunächst eine Schenkungsteuer in Höhe von ungefähr 7.000 Euro fest. Die Frau beantragte die Stundung dieser Steuer gemäß § 28 Abs. 3 ErbStG, da sie aufgrund des Nießbrauchvorbehalts keine Einnahmen aus dem erworbenen Grundstück erzielen könne. Darüber hinaus verwies sie auf die geringe Höhe ihrer Einkünfte und die hohe Darlehensbelastung der beiden anderen Grundstücke. Außerdem legte sie eine Bescheinigung ihrer Hausbank vor, wonach sie keinen weiteren Kredit erhalte.

Finanzamt will Schenkende in die Pflicht nehmen

Das Finanzamt lehnte die Stundung ab. Den dagegen eingelegten Einspruch wies es zurück. Eine Stundung sei bereits deshalb ausgeschlossen, weil auch die Tante zur Zahlung der Schenkungsteuer herangezogen werden könne. Dies setze aber eine erfolglose Vollstreckung bei der Klägerin voraus. Die Beschenkte wollte sich mit dieser Entscheidung nicht zufriedengeben und klagte vor dem Finanzgericht (FG) Münster.

Coronabedingter Verdienstausfall

Im Laufe des Verfahrens brachte die Nichte ergänzend vor, dass der von ihr betriebene Blumenladen coronabedingt zeitweise schließen musste. Außerdem reichte sie eine Liquiditätsrechnung ein, wonach ihr im Jahr 2019 lediglich finanzielle Mittel in Höhe von knapp 5.000 Euro zur Verfügung gestanden hätten.

Schenkungsgegenstand ist begünstigtes Vermögen

Das FG Münster entschied daraufhin zugunsten der beschenkten Frau. Sie habe einen Anspruch auf Stundung der Schenkungsteuer für einen Zeitraum von zehn Jahren. Der durch Schenkung erworbene Gegenstand stelle als Mietwohngrundstück begünstigtes Vermögen im Sinne von § 28 Abs. 3 ErbStG dar.

Weitere Voraussetzung für Stundung erfüllt

Auch die weitere Voraussetzung, dass der Erwerber die Schenkungsteuer nur durch Veräußerung dieses Vermögens aufbringen könnte, sei im Streitfall erfüllt. Der Rechtsanspruch auf Stundung sei nur in den Fällen ausgeschlossen, in denen der Erwerber die Steuer entweder aus weiterem erworbenem Vermögen oder aus seinem vorhandenen eigenen Vermögen aufbringen könne. Die Frau sei nicht in der Lage, die Steuer aus der Schenkung zu bestreiten, weil sie das Grundstück nur unter Nießbrauchvorbehalt und daneben kein weiteres Vermögen erhalten habe. Auch das eigene Vermögen der Klägerin reiche nicht für die Begleichung der Schenkungsteuer aus. Das hätten die eingereichten Unterlagen zweifelsfrei ergeben. Selbst eine Veräußerung der weiteren vorhandenen Immobilien hätte wegen der hohen hierauf lastenden Grundschulden nicht zu einer Steigerung der Liquidität geführt.

Finanzierungsmöglichkeiten am freien Kapitalmarkt entscheidend

Die Stundungsbedürftigkeit folge nach Überzeugung des Gerichts bereits daraus, dass die Frau nicht imstande war, bei ihrer Bank einen Kredit zu marktüblichen Bedingungen zu erhalten. Die Anforderungen an eine Stundung nach § 28 Abs. 3 ErbStG würden überspannt, wenn ein Erwerber gehalten wäre, sich jenseits des üblichen Kapitalmarkts zu refinanzieren – beispielsweise durch Unterstützungsleistungen von Familie und Freunden. Das Finanzamt könne auch nicht einfach die Tante zur Begleichung der Schenkungsteuer heranziehen. Das hätte im Ergebnis zur Folge, dass eine Stundung bei einem Erwerb unter Lebenden fast immer ausgeschlossen wäre. Die wirtschaftliche Situation des Schenkenden sei für eine Stundung beim Beschenkten irrelevant. (tku)

FG Münster, Urteil vom 11.03.2021 – 3 K 3054/19 AO

Bild: © Daniela Stärk – stock.adobe.com