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Steuern & Recht
27. Mai 2021
Steuerliche Fallstricke: bAV für Arbeitnehmer-Ehegatten

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Steuerliche Fallstricke: bAV für Arbeitnehmer-Ehegatten

Besserstellung gegenüber anderen Mitarbeitern nur in Ausnahmefällen

In Ausnahmefällen kann die geforderte Ernsthaftigkeit einer Versorgungszusage aber durchaus auch geben sein, obwohl der Arbeitnehmer-Ehegatte gegenüber vergleichbaren Arbeitnehmern bessergestellt wird. Das ist nach Auffassung des BFH zum Beispiel dann der Fall, wenn durch die Versorgungszusage besondere Arbeitsleistungen berücksichtigt werden oder eine fehlende Sozialversicherungsrente (BFH I R 124/73 v. 15.7.1976) ersetzt wird.

Nimmt die Finanzverwaltung eine Besserstellung an, für die es keine Rechtfertigung gibt, wird die Versorgung in aller Regel steuerlich nicht anerkannt. Hier ist besondere Vorsicht geboten, wie ein aktuelles Urteil des BFH zeigt. Dabei ging es um die Einrichtung eines Lebensarbeitszeitkontos (Wertguthabenkonto) für den Arbeitnehmer-Ehegatten (BFH-Urteil vom 28.10.2020 – X R 1/19):

Mit einem Arbeitnehmer-Ehegatten war eine Vereinbarung zur Einrichtung eines Wertguthabenkontos geschlossen worden (vgl. § 7b SGB IV). Danach konnte der Arbeitnehmer-Ehegatte in einem von ihm festgelegten Umfang Gehaltsbestandteile zugunsten eines Arbeitszeitkontos verwenden. Hiervon machte der Arbeitnehmer-Ehegatte ab Beginn seines Dienstverhältnisses Gebrauch. Er zahlte dort monatlich einen Betrag in Höhe von 1.000 Euro ein. Sein Monatsgehalt belief sich auf 1.410 Euro. Dem Arbeitnehmer-Ehegatten stand es frei, die eingezahlten Mittel – nach einer Ankündigungsfrist von jeweils drei Monaten – wahlweise für verschiedene Zwecke zu verwenden: vorzeitiger Ruhestand, Teilzeit, Freistellung, betriebliche Altersversorgung. Im Falle der Freistellung bestand für den Arbeitgeber einmalig die Möglichkeit, die Entscheidung des Arbeitnehmer-Ehegatten abzulehnen.

Der BFH lehnte eine steuerliche Anerkennung der Zuführungen zum Wertguthabenkonto mit folgenden Erwägungen ab: Für die Beurteilung der Frage, inwieweit eine Gestaltung betrieblich oder privat veranlasst ist, ist nach Auffassung des Gerichtes grundsätzlich die Gesamtheit aller objektiven Gegebenheiten maßgebend. Die Kriterien des Fremdvergleichs sind dabei einzeln zu würdigen. Ein Anhaltspunkt dafür, dass die Fremdüblichkeit bei einer Gestaltung nicht gegeben ist, kann nach Ansicht des BFH insbesondere dann vorliegen, wenn die weitaus meisten Chancen nur auf der Seite des Arbeitnehmer-Ehegatten liegen. Für den BFH war das hier der Fall. Denn der Arbeitnehmer-Ehegatte könne, nahezu unbegrenzt, sein Wertguthabenkonto finanzieren, um dann ständig wiederkehrend Freistellungen in sein Arbeitsleben zu integrieren. Dies habe er nicht langfristig anzukündigen. Der Arbeitgeber könne diesbezüglich auch nur einmal widersprechen. Nach Auffassung des BFH ist es unwahrscheinlich, dass eine solche Flexibilität die betrieblichen Abläufe im Zweifel nicht wesentlich stören würde.

Im Übrigen war ein entsprechendes Wertguthabenmodell anderen Arbeitnehmern im Betrieb nicht angeboten worden. Zudem unterschieden sich die Aufgaben des Arbeitnehmer-Ehegatten von den Tätigkeiten anderer Arbeitnehmer nicht so wesentlich, dass eine Besserstellung gerechtfertigt sei. Aber selbst für diesen Fall sei es die Aufgabe der Vorinstanz gewesen, der Frage nachzugehen, in welchem Umfang derart flexible Vereinbarungen in der Praxis überhaupt vorkommen. Dies sei jedoch unterblieben. Im Zweifel müsse das Finanzgericht also entsprechendes statistisches Material erst noch erheben. Das Verfahren wurde entsprechend zurückverwiesen.

Ob Regelungen zur Vergütung und Versorgung eines Arbeitnehmer-Ehegatten aus steuerlicher Sicht einem Fremdvergleich standhalten, ist also genauestens zu prüfen. Einseitige, unübliche Vorteile für den Arbeitnehmer-Ehegatten sollten vermieden werden.

Zur Höhe der zugesagten Leistungen und zum Zeitpunkt der Zusageerteilung

Eine weitere Anforderung der Finanzverwaltung ist ein Fremdvergleich hinsichtlich der Höhe der in Aussicht gestellten Leistungen (sogenannte Angemessenheit [BFH III R 97/86 v. 14.7.1989]). Diese Leistungen sollten also nicht diejenigen übertreffen, welche vergleichbaren Arbeitnehmern in Aussicht gestellt wurden. Dies gilt zumindest hinsichtlich einer vom Arbeitgeber finanzierten Versorgung (zum Thema Entgeltumwandlung siehe unten).

Die Angemessenheit ist – wenn es keine vergleichbaren Arbeitnehmer in dem Betrieb gibt – in jedem Fall dann gegeben, wenn die zugesagten Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zusammen mit einer zu erwartenden Sozialversicherungsrente 75% des letzten steuerlich anzuerkennenden Arbeitslohns des Arbeitnehmer-Ehegatten nicht übersteigen.

Zudem soll eine betriebliche Altersversorgung an einen Arbeitnehmer-Ehegatten nach Auffassung der Finanzverwaltung dann nicht steuerlich anzuerkennen sein, wenn diese zu einem Zeitpunkt erteilt wird, zu dem sie einem familienfremden Arbeitnehmer wegen der kurzen Dienstzeit bis zur Pensionierung nicht mehr eingeräumt oder ernsthaft angeboten würde (BMF, Schreiben v. 4.9.1984, IV B 1 – S 2176 – 85/84).

Allerdings lässt die Finanzverwaltung offen, welche Mindestdienstzeit sie in diesem Zusammenhang für erforderlich hält. Schreiben des BMF in Sachen Erdienbarkeit – wie man sie im Zusammenhang mit der Gesellschafter-Geschäftsführer-Versorgung kennt – gibt es bislang nicht.