AssCompact suche
Home
Steuern & Recht
3. Januar 2023
Steuern und Recht: Was bringt 2023 für Vermittlerbetriebe? Teil 1

Steuern und Recht: Was bringt 2023 für Vermittlerbetriebe? Teil 1

Das Jahr 2023 bringt zahlreiche neue Gesetze und Änderungen, die Versicherungsvermittler für die Praxis kennen sollten. Es sind auch Änderungen für den praktischen Betrieb des Vermittlers wissenswert. Auszugsweise stellt die Kanzlei Jöhnke & Reichow einige Änderungen dar.

Ein Artikel von Björn Thorben M. Jöhnke, Fachanwalt für Versicherungsrecht und Partner der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte, und Jens Reichow, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht und Partner der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte

Die aufgrund der in Kraft getretenen Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) befürchteten Abmahnwellen blieben zunächst aus. Dies ist nun anders. Denn seit Mitte 2022 werden massenweise Websitebetreiber wegen Datenschutzverstößen abgemahnt. Die „Basis“ hierfür liefert eine Entscheidung des Landgerichts München (LG München, Urteil vom 20.01.2022 – Az. 3 O 17493/20). Der Kläger machte eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts in Form der informationellen Selbstbestimmung geltend und nahm den Websitebetreiber auf Unterlassung in Anspruch. Der Kläger argumentierte, dass die dynamische IP-Adresse ein personenbezogenes Datum sei, für dessen Erhebung und Verarbeitung die Einwilligung des Nutzers erforderlich sei. Eine solche Einwilligung lag in dem Streitfall nicht vor.

Abmahnwelle wegen „Google Web Fonts“ läuft weiter

Bereits beim Besuch bzw. Laden der Website, auf der der Schriftartdienst „Google Web Fonts“ eingebunden wurde, wird eine Verbindung zu den Servern von Google aufgebaut. Es wird die IP-Adresse des Websitebesuchers automatisch an Google weitergegeben, damit die Schriftarten zur Verfügung gestellt werden. Sodann kann Google die Daten des Website­besuchers auslesen, unter anderem auch die IP-Adresse des Nutzers.

Die Klage vor dem LG München hatte Erfolg. Das Recht, über die Preisgabe und Verwendung seiner personenbezogenen Daten selbst zu bestimmen, sei verletzt. Bei der an Google weiter­gegebenen dynamischen IP-Adresse handele es sich um ein personen­bezogenes Datum. Denn der Websitebetreiber verfüge abstrakt über rechtliche Mittel, die eingesetzt werden könnten, um die betreffende Person anhand der gespeicherten IP-Adressen bestimmen zu lassen. Der Kläger bekam Schadensersatz aus Art. 82 DSGVO in Höhe von 100 Euro wegen seines „Unwohlseins“ beim Aufruf der Website zugesprochen. Das rechtskräftige Urteil hat damit enorme Tragweite. Denn es mehren sich die „Trittbrettfahrer“, die massenhaft Websitebetreiber abmahnen. Vermittler sollten ihre Websites entsprechend überprüfen und gegebenenfalls anpassen.

Fortbildungsverpflichtung für Vermittler gilt auch für „alte Hasen“

Seit dem 23.02.2018 besteht für alle Versicherungsvermittler eine Weiterbildungspflicht. Nach § 34d Abs. 9 Satz 2 Gewerbeordnung (GewO) und § 48 Abs. 2 Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) müssen sich Gewerbetreibende (Vermittler) und unmittelbar bei der Vermittlung mitwirkende Beschäftigte jährlich in einem Umfang von 15 Stunden weiterbilden. Die Pflicht zur Weiterbildung gilt nach § 34d Abs. 9 S. 1 GewO für „alle unmittelbar bei der Vermittlung oder Beratung mitwirkenden Personen“. Unstrittig adressiert sind erlaubnispflichtige Versicherungsvermittler und Versicherungsberater sowie nicht erlaubnispflichtige gebundene Versicherungsvermittler.

Diese „neue“ gesetzliche Regelung stellte für ältere Vermittler ein Novum dar. Viele kommen dieser gesetzlichen Verpflichtung nicht nach und berufen sich darauf, dass diese Regelung nicht für „alte Hasen“ des § 2 Abs. 3 Versicherungsvermittlungsverordnung (VersVermV) gelten würde. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof erkannte in der Formulierung des § 2 Abs. 2 VersVermV jedoch eindeutig, dass sich die Ausnahmeregelung nur auf „die Befreiung von der Sachkundeprüfung“ beziehe. Eine entsprechende Ausnahmeregelung fehlt jedoch in § 7 VersVermV für die Weiterbildungspflicht. Somit gilt die Weiterbildungspflicht auch für „alte Hasen“.

Abfragepflicht von Nachhaltigkeitspräferenzen für § 34f-Vermittler kommt

Am 11.11.2022 hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) den Entwurf zu den erforderlichen Änderungen an der Finanzanlagenvermittlungsverordnung (FinVermV) vorgelegt. Zukünftig sollen damit auch die § 34f-Vermittler verpflichtet werden, die Nachhaltigkeitspräferenzen ihrer Kunden zu ermitteln. Es ist davon auszugehen, dass der Gesetzentwurf Anfang 2023 durch den Bundesrat geht, sodass mit einer zeitnahen Umsetzung des Gesetzes in 2023 zu rechnen ist. Sobald das Gesetz im Bundesanzeiger veröffentlicht wurde, müssen auch die § 34f-Vermittler, die in der Anlageberatung tätig sind, entsprechend die Nachhaltigkeitspräferenzen der Kunden abfragen und berücksichtigen.

Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung der Gewerbeordnung

Mit dem Gesetzentwurf vom 10.08.2022 (Bundestag-Drucksache 20/3067) sieht die Bundes­regierung Anpassungen an der Gewerbeordnung (GewO) vor. Hiermit sollen die Vorgaben der Richtlinie (EU) 2016/97 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20.01.2016 über den Versicherungsvertrieb zur Zusammenarbeit der zuständigen Behörden bei der grenzüberschreitenden Tätigkeit von Versicherungsvermittlern und Versicherungsberatern nun umgesetzt werden. Ziel ist es, die Zusammenarbeit der zuständigen Behörden zu stärken, um so die Aufsicht auf der Gemeinschaftsebene zu erleichtern. Dieses Ziel soll nun mit einem neuen § 11d GewO umgesetzt werden. Hierzu verpflichtet der § 11d GewO die Register­behörde nach § 11a Abs. 1 S. 1 GewO zunächst ganz generell dazu, mit der Europäischen Kommission und den zuständigen Behörden der anderen Mitgliedsstaaten der EU sowie den anderen Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum eng zusammenzuarbeiten. Letztendlich soll sich durch den neuen § 11d GewO also hauptsächlich die Kommunikation zwischen den Register­behörden ändern, um so für mehr Transparenz auf der Gemeinschaftsebene zu sorgen.

Für den einzelnen Versicherungsvermittler oder Versicherungsberater ergibt sich aus der geplanten Gesetzesänderung jedoch kein unmittelbarer Handlungsbedarf. Sofern die Registerbehörde etwaige Informationen oder Daten des Versicherungsvermittlers oder -beraters an eine andere Aufsichtsbehörde übermittelt, soll der Versicherungsvermittler bzw. -berater nach dem neuen Gesetzentwurf hierüber unterrichtet werden.

Elektronisch unterstützte Betriebsprüfung (euBP)

Zum 01.01.2023 wurde verpflichtend, die für die Betriebsprüfung notwendigen Daten elektronisch aus einem systemgeprüften Entgeltabrechnungsprogramm zu übermitteln. Es besteht jedoch als Arbeitgeber die Möglichkeit, einen Antrag zu stellen, um für die Zeiträume bis zum 31.12.2026 von der elektronischen Übermittlung befreit zu werden. Der Antrag kann formlos und unter der Angabe der Betriebsnummer an den jeweiligen Rentenversicherungsträger gesendet werden, der für die Betriebsprüfung zuständig ist. Die elektronische Übermittlung der Daten aus der Finanzbuchhaltung bleibt freiwillig. Die von der Rentenversicherung angeforderten elektronischen Daten der Entgeltabrechnung werden nur für die Betriebsprüfung verwendet. Die Rentenversicherung stellt dem Arbeitgeber eine elektronische Annahmebestätigung aus. Nach Abschluss der Betriebsprüfung werden die Daten automatisch gelöscht. Auch über diesen Löschungsvorgang erhält der Arbeitgeber anschließend eine elektronische Quittung.

Elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU)

Zum 01.01.2023 wurde der „gelbe Schein“, den Arbeitnehmer ihren Arbeitgebern bei Krankmeldung übergeben, eingestellt und durch die eAU abgelöst. Dies gilt zumindest für gesetzlich Versicherte. An der Pflicht des Arbeitnehmers, seinem Arbeitgeber unverzüglich die Arbeitsunfähigkeit mitzuteilen, ändert sich nichts. Nach dem Arztbesuch übermitteln die Ärzte die Krankendaten spätestens bis 24 Uhr an die Krankenversicherung des Arbeitnehmers. Die Krankenhäuser übermitteln im Falle eines Krankenhausaufenthalts die Aufenthalts- und Entlassungsdaten an die Krankenkasse. Der Arbeitgeber kann diese Daten im Anschluss elektronisch abrufen, indem er zum Beispiel über das Entgeltprogramm eine Anfrage nach der eAU an den zentralen Kommunikationsserver aller gesetzlichen Krankenversicherungen stellt. Daraufhin erhält der Arbeitgeber spätestens einen Tag nach der Feststellung der Arbeits­unfähigkeit eine Benachrichtigung, dass die eAU nun vorliegt.

Elektronische Bescheinigung an die Arbeitsagentur (BEA)

Seit dem 01.01.2023 können Arbeitgeber die Arbeitsbescheinigungen, EU-Arbeitsbescheinigungen und Nebeneinkommensbescheinigungen grundsätzlich nur noch digital und nicht mehr in Papierform an die Agentur für Arbeit übermitteln. Diese Pflicht gilt für alle Unternehmen, unabhängig von ihrer Größe oder Branche. Für Arbeitsverhältnisse, die bis zum 31.12.2022 endeten, können die Bescheinigungen noch in Papierform oder in maschineller Form eingereicht werden. Das gilt auch für zu bescheinigende Nebeneinkommen für 2022.

Sachkundeprüfung zum zertifizierten WEG-Verwalter

Ab 01.12.2023 haben Wohnungseigentümer einen Anspruch auf einen zertifizierten Verwalter. Das Wohnungseigentumsgesetz (WEG) wurde bereits am 01.12.2020 geändert und der Begriff des „zertifizierten Verwalters“ eingeführt. Als  zertifizierter Verwalter nach § 26a Abs. 2 WEG darf sich dann derjenige bezeichnen, der vor einer IHK durch eine Prüfung nachgewiesen hat, dass er über die für die Tätigkeit als Verwalter notwendigen rechtlichen, kaufmännischen und technischen Kenntnisse verfügt. Die Sachkundeprüfung „Zertifizierter Verwalter“ setzt sich aus einem schriftlichen und einem mündlichen Teil zusammen. Gegenstand der Prüfung sind die Sachgebiete: Grundlagen der Immobilienwirtschaft, rechtliche Grundlagen, kaufmännische und technische Grundlagen sowie vertiefte Kenntnisse im Themenbereich Grundlagen der Immobilienwirtschaft.

Lesen Sie auch: Steuern und Recht: Was bringt 2023 für Vermittlerbetriebe? Teil 2

Den ganzen Artikel lesen Sie auch in AssCompact 01/2023, S. 106 ff., und in unserem ePaper.

Bild: © Björn Thorben M. Jöhnke und Jens Reichow, Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte

 
Ein Artikel von
Jens Reichow
Björn Thorben M. Jöhnke