Neugeschäft in Krisenzeiten wie den jüngsten ist schon schwer genug. Gespräche mit den Kunden laufen unter völlig neuen Bedingungen ab – statt vis-à-vis allenfalls per Zoom, Skype oder gar nur telefonisch. Viele Interessenten zögern mit dem Abschluss neuer Verträge, halten lieber das Geld erst mal beisammen, um Miete und andere Zahlungen abzusichern. Vermittler, die vom Kundenkontakt leben, können sich wahrlich bessere Verhältnisse vorstellen. Wenn dann noch bestehende Verträge von Kunden storniert werden, ist es um so ärgerlicher.
Alternative zur Abschlussprovision
Eine mehr oder weniger große Anzahl von Verträgen, die sich noch in der 60-monatigen Stornohaftzeit befinden, haben die meisten Makler in ihrem Bestand. Das ist die eigentliche Wurzel des Übels. Wer sich bei der Vermittlung des Vertrages für Abschlussprovision entscheidet, muss mit dem Risiko der Rückzahlung seiner Vergütung leben. Aber es gibt eine Alternative: ratierliche Vergütung. Sie ist bei vielen Maklern nicht sonderlich beliebt, weil die Kosten fürs Büro und die Lebenshaltung heute und morgen anfallen, nicht erst in fünf Jahren.
Umstellung auf ratierliche Provisionszahlung
Das ist auch das Argument, das häufig gegen eine Umstellung auf ratierliche Provisionen vorgebracht wird. Der Aufwand für die Beratung und Vermittlung eines Vertrages soll zeitnah vergütet werden. Daher fällt vielen auch die Umstellung von Abschlussprovision auf ratierliche Provisionsauszahlung so schwer. Andererseits: Wer konsequent mit ratierlicher Vergütung arbeitet, baut sich über die Zeit eine stabile Einkunftsquelle auf, die weniger vom Auf und Ab im Neugeschäft beeinflusst wird. Daher unser Rat: Mit einem Versicherer oder Pool beginnen und sich so Schritt für Schritt bei immer einem weiteren Versicherer von Einmalprovisionen verabschieden. Durch die Kombination von beiden Formen fällt der Einschnitt zu Beginn der Umstellung weniger stark aus.
Schadenminimierung bei Storno
Doch selbst Makler, die diesen Rat schon befolgten, haben in der Phase des Übergangs noch stornogefährdete Verträge im Bestand. Ein Storno ist jederzeit unangenehm, in der derzeitigen Krise aber besonders. Lahmt das Neugeschäft, schmerzt ein Storno heftig, weil die Einnahmen ohnehin knapper sind. Alte Hasen im Finanzvertrieb meinen, mit dem Storno beginne das Verkaufen eigentlich erst. Dann gilt es dem Kunden zu vermitteln, dass die vor einiger Zeit getroffene Entscheidung gut und richtig war, trotz aller vermeintlichen Gründe, die ihn zur Auflösung des Vertrages schreiten ließen. Derartige „Schadenminimierung“ setzt aber voraus, dass der Vermittler rechtzeitig vom Versicherer über den Storno informiert wird.
Steuerdilemma bei Stundung
Aber selbst die Erfahrensten unter den Maklern werden Storni nicht gänzlich verhindern können. Da taucht dann die Frage auf, wie damit umzugehen ist. Das wiederum hängt davon ab, ob der Versicherer sofort eine Rückerstattung der zuviel gezahlten Abschlussprovision verlangt oder sie gegebenenfalls bis zum Eintritt günstigerer Zeiten erst einmal stundet und ob der Vermittler bilanziert oder eine Einnahme-Überschuss-Rechnung erstellt. Verrechnet der Versicherer die Storni mit künftigen Abschlussprovisionen, dann muss er erst einmal nichts zurückzahlen, bekommt aber bei den nächsten Abschlüssen weniger oder gar kein Geld.
Konsequenzen von Stundungen
Da viele Makler aber gerade in der gegenwärtigen Krisensituation auf weitere Einnahmen angewiesen sind – die Ausgaben für Miete, Fahrzeug und Lebensunterhalt laufen schließlich weiter –, verzichten etliche Versicherer auf die sofortige Rückforderung. Neue Abschlussprovisionen werden vollständig ausgezahlt, die Storni auf bessere Zeiten vertagt. Das hat eine mittelbare und eine unmittelbare Konsequenz. Die mittelbare: Der zunächst großzügig erscheinende Versicherer kann die Stundung als Hebel für mehr Absatz nutzen. Inwieweit sich das mit der Unabhängigkeit des Maklers verträgt, mag jeder selbst für sich entscheiden. Die unmittelbare: Wer bilanziert, muss das buchen, weil daraus eine Verbindlichkeit entsteht.
Einnahme-Überschuss-Rechnung
Für Vermittler, die aufgrund ihrer Unternehmensgröße die Einnahme-Überschuss-Rechnung anwenden – das betrifft nach unseren Erfahrungen etwa 50% der Makler –, passiert dagegen buchhalterisch nach dem jetzigen Stand der Rechtsprechung erst einmal gar nichts. Höchstrichterlich ist dieser Sachverhalt nämlich noch nicht ausgestanden. Allerdings sollte jeder die Nebenwirkungen im Blick behalten: Nicht zurückgezahlte Abschlussprovision erhöht natürlich zugleich den Gewinn und damit die Einkommensteuer in der aktuellen Periode. Bei Entscheidungen, ob man sich auf eine Stundung einlässt oder nicht, sollte daher immer auch die steuerliche Situation betrachtet werden.
Umwandlung in ein Darlehen
Makler, die sich nicht auf die Unwägbarkeiten einer irgendwann endenden Stundung einlassen wollen – meist muss das Geld dann zurückgezahlt werden, wenn es gerade einmal wieder ungünstig ist –, können mit dem Versicherer eine Umwandlung in ein Darlehen vereinbaren. Dann tritt eine Mittelverwendung ein, die gebucht werden muss. Die Folge: Die Umwandlung mindert Umsatz und Gewinn und die Steuern sinken.
Wer kann, sollte zurückzahlen
Für welche Variante sich ein Vermittler entscheiden sollte, hängt immer sehr von seiner individuellen Situation ab. Wie viel Abschlussprovision fließt gerade? Wie hoch ist die steuerliche Last in der aktuellen Periode? Mit welchen künftigen Einnahmen wird kalkuliert? Unter Abwägung dieser Faktoren sollte jeder, der sich gerade mit Storni herumschlagen muss, eine passende Lösung finden. Unser Rat dabei: Wer kann, sollte heute die Rückzahlungen leisten. Damit ist die Sache vom Tisch und aus dem Kopf. Damit lässt sich dann auch das neue Geschäft unbeschwerter angehen. Wer die künftigen Verpflichtungen immer im Hinterkopf hat, packt neue Herausforderungen meist nur mit halber Kraft an. Zudem fällt der Überblick über die künftige Finanzlage wegen späterer Stornierungen schwerer. Meist handelt es sich um mehrere Versicherer, bei denen Storni aufgelaufen und gestundet worden sind. Wenn es schlecht läuft, kommt es zu einer Kumulierung von Stornoabrechnungen, die dann vielleicht auch noch auf einen Schlag befriedigt werden müssen.
Über den Autor
Volker Schmidt ist Geschäftsführer der SEB Steuerberatungsgesellschaft mbH, Steuerberater und vereidigter Buchprüfer. Sein Tätigkeitsschwerpunkt ist die betriebswirtschaftliche Beratung von KMU.
Den Artikel lesen Sie auch in AssCompact 06/2020 und in unserem ePaper.
Bild: © pict rider – stock.adobe.com

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